Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbindlichkeit einer außerhalb der Außenprüfung gegebenen Auskunft

 

Leitsatz (amtlich)

Ob eine außerhalb der Außenprüfung gegebene, nicht durch die §§ 204 bis 207 AO 1977 geregelte Auskunft das FA bindet, richtet sich nach den von der Rechtsprechung zur Rechtslage nach der AO entwickelten, aus Treu und Glauben abgeleiteten Rechtsgrundsätzen. Danach ist eine Auskunft des FA nur dann verbindlich, wenn sie der für die spätere Veranlagung zuständige Beamte oder der Vorsteher erteilt hat.

 

Orientierungssatz

1. Das FA kann auch an eine (fern-) mündliche Auskunft gebunden sein. An den Nachweis der eine Bindung des FA begründenden Merkmale sind strenge Anforderungen zu stellen. Unklarheiten im Sachverhalt gehen zu Lasten dessen, der sich auf die Verbindlichkeit einer Auskunft beruft (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Zeugen sind Personen, die über ihre eigenen Wahrnehmungen von vergangenen Tatsachen oder Zuständen aussagen (Literatur). Schlußfolgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art und Meinungen des Zeugen sind für die Tatsachenfeststellung ohne Bedeutung.

3. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anschaffungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 EStG vorliegt, kommt es nur darauf an, ob der Steuerpflichtige selbst das Grundstück entgeltlich erworben hat (vgl. BFH-Rechtsprechung). Unerheblich ist, daß der ursprüngliche Verkäufer mit dem Steuerpflichtigen verwandt ist und das Grundstück im Wege der Erbfolge erworben hatte.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 118, 204-207; FGO § 155; ZPO § 414; EStG § 23 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr 1982 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erwarb durch notariellen Vertrag vom 1.August 1980 von ihrer Nichte ein bebautes Grundstück. Das Eigentum an diesem Grundstück war 1975 im Wege der Erbfolge auf die Veräußerin übergegangen.

Nach § 3 des Kaufvertrages übernahm die Klägerin den zugunsten ihrer am 3.März 1896 geborenen Mutter bestellten und im Grundbuch eingetragenen sog. "Auszug". Mit Vertrag vom 27.April 1982 veräußerte die Klägerin das Grundstück.

Bei der Einkommensteuerveranlagung 1982 erfaßte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) auch den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die Besteuerung des Veräußerungsgewinns. Sie habe das Grundstück im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erworben. Der Erwerbsvorgang sei daher kein Anschaffungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Außerdem dürfe das FA den Steueranspruch nicht geltend machen, weil ein Sachgebietsleiter vor der Beurkundung des Kaufvertrages auf telephonische Anfrage der Ehefrau des Notars zugesichert habe, der Verkauf werde keine Steuer auslösen. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Auskunft sei der Kaufvertrag abgeschlossen worden.

Das FA erwiderte, kein Sachgebietsleister des FA erteile eine verbindliche Auskunft ohne schriftliche Sachverhaltsdarstellung. Außerdem finde sich in den Einkommensteuerakten kein Vermerk über das Gespräch, obwohl im FA über Gespräche mit erheblicher steuerlicher Auswirkung generell eine Aktennotiz gefertigt werde. Es sei ausgeschlossen, daß ein zur Entscheidung befugter Beamter des FA bei lückenloser und richtiger Darstellung des Sachverhalts --Erwerb und Veräußerung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks innerhalb von zwei Jahren-- die aus dem Gesetz ohne weiteres zu beantwortende Frage falsch beantwortet hätte.

Das Finanzgericht (FG) vernahm die Ehefrau des Notars als Zeugin. Diese erklärte, sie habe während der notariellen Verhandlung im Beisein der Beteiligten durch einen Anruf beim FA zu klären versucht, ob durch die Veräußerung des Grundstücks eine Steuer anfalle. Sie habe zunächst Herrn K. verlangt, den sie persönlich kenne. Da dieser nicht erreichbar gewesen sei, habe sie gebeten, mit dem Dienststellenleiter verbunden zu werden. Es habe sich darauf eine Person gemeldet, von der sie nicht mehr mit Bestimmtheit sagen könne, ob es sich um den ihr ebenfalls bekannten Herrn A., den damals für die Klägerin zuständigen Sachgebietsleiter, gehandelt habe. Der Gesprächspartner habe nach der Schilderung des Sachverhalts erklärt, eine Steuer entstehe nicht, wenn die Mutter der Klägerin nach Abschluß des Kaufvertrages noch zwei Jahre das Recht innehabe, aus der Wohnung auszuziehen. Auf Nachfrage, ob sich die Kläger tatsächlich darauf verlassen könnten, daß die Veräußerung keine Steuer auslöse, habe der Gesprächspartner dies bestätigt. Daraufhin sei der Kaufvertrag beurkundet worden.

Das FG gab der Klage statt. Es führte aus, es sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere nach den Aussagen der Zeugin, davon überzeugt, daß diese im Auftrag der Klägerin einem Sachgebietsleiter den Sachverhalt zutreffend unterbreitet und diesen erkennbar um eine verbindliche Auskunft gebeten habe. Nach der Erklärung des Sachgebietsleiters, der seine Auffassung begründet und auf nochmalige Frage unter Hinweis auf die Bedeutung dieser Auskunft die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns bejaht habe, hätten die Kläger diese Erklärung als verbindlich auffassen können, da der Beamte weder Vorbehalte gemacht noch eine schriftliche Darstellung des Sachverhalts verlangt habe.

Mit der zugelassenen Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung der §§ 22, 23 EStG, § 85 der Abgabenordnung (AO 1977), der allgemeinen Rechtsgrundsätze von Treu und Glauben sowie fehlerhafte Beweiswürdigung und mangelhafte Sachverhaltsaufklärung.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Der Gewinn aus dem Spekulationsgeschäft unterlag, wie das FG zu Recht entschieden hat, gemäß § 22 Nr.2, § 23 Abs.1 Nr.1 Buchst.a EStG der Einkommensteuer. Danach sind Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte über Grundstücke, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre beträgt. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall gegeben, da die Klägerin das am 1.August 1980 angeschaffte Grundstück am 27.April 1982, mithin innerhalb von zwei Jahren, veräußert hat. Unerheblich ist, daß die Verkäuferin mit der Klägerin verwandt ist und das Grundstück im Wege der Erbfolge erworben hatte. Auf solche oder andere Begleitumstände, wie etwa die Vereinbarung bezüglich des Auszugsrechts, stellt das Gesetz nicht ab. Es kommt nur darauf an, ob die Klägerin selbst das Grundstück entgeltlich erworben hat (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3.August 1976 VIII R 192/74, BFHE 120, 42, BStBl II 1977, 382; vom 22.September 1987 IX R 15/84, BFHE 151, 143, BStBl II 1988, 250). Die Übernahme des "Auszugs" hat als Teil der Gegenleistung lediglich Auswirkung auf die Bemessung der Gegenleistung und damit auf die Höhe des Spekulationsgewinns (§ 23 Abs.4 EStG).

2. Zutreffend ist das FG auch davon ausgegangen, daß ein Finanzamt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert sein kann, einen nach dem Gesetz entstandenen Steueranspruch geltend zu machen, wenn es einem Steuerpflichtigen zugesichert hat, einen Sachverhalt bei der Veranlagung in einem bestimmten Sinn zu beurteilen. Die tatsächlichen Feststellungen des FG erlauben jedoch keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen einer solchen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verbindlichen Zusicherung im Streitfall vorgelegen haben.

a) Die AO 1977 regelt nur die verbindliche Zusage im Anschluß an eine Außenprüfung (vgl. §§ 204 bis 207 AO 1977). Das schließt jedoch nicht aus, daß die Finanzbehörde auch in anderen Fällen Auskünfte mit bindender Wirkung (sog. Zusage) erteilen kann. Ob eine Auskunft (Zusicherung) außerhalb der Außenprüfung die Finanzbehörde bindet, entscheidet sich nach den von der Rechtsprechung zur Rechtslage nach der Reichsabgabenordnung (AO) aus Treu und Glauben abgeleiteten Grundsätzen.

b) Der Senat teilt nicht die zum Teil --unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung der Zusage aufgrund einer Außenprüfung in den §§ 204 ff. AO 1977 und die gesetzliche Definition des Verwaltungsakts in § 118 AO 1977-- vertretene Auffassung, verbindliche Auskünfte (Zusagen) seien stets als Verwaltungsakte zu beurteilen, so daß der Grund für die Bindungswirkung in der Zusage selbst läge (so z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., vor § 204 AO 1977 Anm.13 f; Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9.Aufl., vor § 204 AO 1977 Anm.36; Frotscher in Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung, vor §§ 204 bis 207 Anm.5; Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.Mai 1986 IX 108/84, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1987, 160; FG Hamburg, Urteil vom 9.August 1985 II 69/80, EFG 1986, 59; FG Köln, Urteil vom 31.Januar 1984 V K 30/83, EFG 1984, 426; anderer Ansicht: Monreal, Auskünfte und Zusagen der Finanzbehörden 1967, S.49; Thiel, Der Betrieb --DB-- 1988, 1343; Ling, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1989, 424; vgl. auch Fiedler, Funktion und Bedeutung öffentlich-rechtlicher Zusagen im Verwaltungsrecht 1977, S.101 f.)

Nach § 118 Satz 1 AO 1977 ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Zusage, ein bestimmter Sachverhalt werde bei der späteren Veranlagung in bestimmter Weise beurteilt, kann zwar begrifflich die nach § 118 Satz 1 AO 1977 an einen Verwaltungsakt zu stellenden Anforderungen erfüllen. Davon zu unterscheiden ist indes die Frage, auf welche Art und Weise und vor allem in welcher Form verbindlich über die Festsetzung von Steuern entschieden werden darf. Insoweit treffen die §§ 155 ff. AO 1977 besondere und abschließende Regelungen. Danach werden die Steuern, d.h. entstandene Steueransprüche (§§ 37, 38 AO 1977), soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, durch Steuerbescheid festgesetzt (§ 155 Abs.1 Satz 1 AO 1977), d.h. durch eine nach Form und Inhalt gesetzlich geregelte (vgl. § 155 Abs.1 Satz 2 und § 157 AO 1977) besondere Art von Steuerverwaltungsakt. Unter welchen Voraussetzungen und wie eine solche Entscheidung durch andere Hoheitsmaßnahmen beeinflußt werden kann, ist ebenfalls gesetzlich festgelegt: So z.B. in den §§ 172 ff. AO 1977 hinsichtlich einer Änderung und in den §§ 179 ff. AO 1977 für die verselbständigte Feststellung einzelner Besteuerungsgrundlagen.

Von dem Grundsatz, daß nur über einen bereits entstandenen Steueranspruch und nur durch Steuerbescheid bzw. ggf. durch Feststellungsbescheid unmittelbar verbindliche Regelungen getroffen werden dürfen, macht die gesetzliche Regelung der Zusage aufgrund einer Außenprüfung (§§ 204 ff. AO 1977) eine Ausnahme. Danach ist eine verbindliche Entscheidung über einen noch nicht entstandenen Steueranspruch zwar zulässig, jedoch nur in bezug auf einen für die Vergangenheit im Rahmen einer Außenprüfung geprüften Sachverhalt. Auch insoweit sind Voraussetzungen, Verfahren, Form, Bindungswirkung und Bestandskraft ausdrücklich gesetzlich geregelt. Auf andere Zusicherungen in bezug auf einen noch nicht entstandenen Steueranspruch läßt sich diese Ausnahmeregelung nicht entsprechend übertragen. Anders als in § 38 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) hat der Gesetzgeber keine allgemeine Regelung über Zusicherungen getroffen und auch nicht treffen wollen (vgl. BTDrucks 7/4292, zu §§ 204 bis 207 AO 1977; BFH-Urteil vom 29.Oktober 1987 X R 1/80, BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121). Soweit für das allgemeine Verwaltungsverfahren wegen der gesetzlichen Regelung in § 38 VwVfG der Verwaltungsaktcharakter einer Zusicherung allgemein anerkannt wird (z.B. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 3.Aufl. 1989, § 38 Anm.3.3; Stelkens in Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2.Aufl. 1983, § 38 Anm.4; Obermayer in Festschrift für Th. Maunz zum 80.Geburtstag 1981, S.247 f., 250 m.w.N.; a.A. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht, 9.Aufl. 1974, § 45 II b; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 3.Aufl. 1986, § 49 I 1), ist dies für das Besteuerungsverfahren ohne Bedeutung, weil die AO 1977 keine vergleichbare allgemeine Regelung der Zusicherung enthält.

Andere als die in den §§ 204 ff. AO 1977 geregelten Zusicherungen können daher im Regelungsbereich von Steuerbescheiden allenfalls nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Einzelfall zu einer Bindung des FA führen.

c) Das FA kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gebunden sein, wenn es einem Steuerpflichtigen zugesichert hat, einen konkreten Sachverhalt, dessen steuerrechtliche Beurteilung zweifelhaft erscheint und der für die wirtschaftliche Disposition des Steuerpflichtigen bedeutsam ist, bei der Besteuerung in einem bestimmten Sinn zu beurteilen (z.B. BFH-Urteile vom 4.August 1961 VI 269/60 S, BFHE 73, 813, BStBl III 1961, 562; vom 19.März 1981 IV R 49/77, BFHE 133, 144, BStBl II 1981, 538, und vom 16.März 1983 IV R 36/79, BFHE 138, 223, BStBl II 1983, 459). Insoweit kann auch eine dem Gesetz widersprechende Zusage des FA binden, es sei denn, der Steuerpflichtige hat die Gesetzwidrigkeit erkannt oder erkennen können (BFH-Urteil vom 9.Mai 1967 II 176/63, BFHE 89, 20, BStBl III 1967, 522). Voraussetzung für eine Bindung in solchen Fällen ist allerdings, daß der vom Steuerpflichtigen mitgeteilte Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellt wurde, so von der auskunftserteilenden Person verstanden wurde und offensichtlich ist, daß von der Auskunft gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen abhängen. Weitere Voraussetzung ist, daß der im Zeitpunkt der Auskunftserteilung für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder der Vorsteher die Auskunft erteilt hat (Urteil in BFHE 73, 813, BStBl III 1961, 562, sowie BFH-Urteile vom 29.Oktober 1962 IV 146/59, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1963, 229; vom 20.Juli 1962 VI 167/61 U, BFHE 76, 64, BStBl III 1963, 23, und vom 19.Juni 1975 VIII R 225/72, BFHE 117, 195, BStBl II 1976, 97).

Verbindliche Auskünfte (Zusagen) werden in der Praxis im allgemeinen schriftlich gegeben. Grundsätzlich kann das FA aber auch an eine (fern-)mündliche Auskunft gebunden sein (BFHE 89, 20, BStBl III 1967, 522). Da bei mündlichen Auskünften die Annahme nahe liegt, daß nur eine unverbindliche Meinungsäußerung erstrebt und gegeben worden ist (BFHE 73, 813, BStBl III 1961, 562 sowie BFH-Urteil vom 27.Januar 1965 I 251/63, HFR 1965, 368), sind an den Nachweis der eine Bindung des FA begründenden Merkmale strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere muß zweifelsfrei feststehen, daß der Sachverhalt und die steuerrechtliche Frage zutreffend dargelegt sowie von dem Auskunft erteilenden Beamten richtig verstanden worden sind, und daß dieser für die spätere Veranlagung des um Auskunft bittenden Steuerpflichtigen zuständig war. Unklarheiten im Sachverhalt gehen zu Lasten dessen, der sich auf die Verbindlichkeit einer Auskunft beruft (HFR 1965, 368, sowie BFH-Urteile vom 12.Juni 1959 VI 306/57, HFR 1961, 39, und vom 19.Juli 1961 II 267/59, HFR 1962, 97).

d) Das FG ist, ohne hierzu ausdrücklich Stellung zu nehmen, davon ausgegangen, das FA sei nach Treu und Glauben gebunden, wenn irgendein Sachgebietsleiter Auskunft erteilt hat, unabhängig davon, ob er im Zeitpunkt der Erteilung der Auskunft für die spätere Veranlagung zuständig war; es hat sich insoweit mit der Feststellung begnügt, ein Sachgebietsleiter des FA habe die Auskunft erteilt. Da es hiernach von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war das Urteil aufzuheben.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Vorentscheidung enthält keine Feststellungen darüber, wer die Auskunft erteilt hat, und ob es sich hierbei um den Vorsteher des FA oder den damals für die spätere Entscheidung über die Einkommensteuerveranlagung der Kläger zuständigen Sachgebietsleiter gehandelt hat. Die nicht spruchreife Sache war deshalb zurückzuverweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird das FG folgendes zu beachten haben:

a) Das FG hat zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts lediglich die Ehefrau des Notars als Zeugin gehört. Zeugen sind Personen, die über ihre eigenen Wahrnehmungen von vergangenen Tatsachen oder Zuständen aussagen (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 414 der Zivilprozeßordnung --ZPO--; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14.Aufl. 1986, § 123 I; Bruns, Zivilprozeßordnung, 2.Aufl. 1979, § 35 S.277). Schlußfolgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art und Meinungen des Zeugen sind für die Tatsachenfeststellung ohne Bedeutung. Die Zeugin, die das Telefongespräch mit der auskunfterteilenden Person im FA geführt hat, konnte sich aus eigener Wahrnehmung nur über ihre damalige Sachverhaltsschilderung und den Inhalt der Auskunft äußern. Auch wenn sie angenommen hat, sie habe mit einem Sachgebietsleiter gesprochen, durfte sich das FG deshalb insoweit nicht allein mit ihrer Aussage begnügen und daraus folgern, es habe sich tatsächlich um den zuständigen Dienststellenleiter (Sachgebietsleiter) gehandelt.

b) Auch erscheint zweifelhaft, ob der die Auskunft erteilende Beamte den Sachverhalt und das steuerrechtliche Anliegen richtig verstanden hat. Die Antwort, es falle keine Steuer an, wenn die Mutter der Klägerin das "Auszugsrecht" nach Abschluß des Kaufvertrags noch zwei Jahre innehabe, könnte darauf schließen lassen, daß er Auskunft über eine vermeintliche Grunderwerbsteuerfrage (vgl. § 1 Abs.1 des damals noch geltenden Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen vom 11.Juli 1977) und nicht über die Besteuerung eines Spekulationsgewinns erteilen wollte.

c) Läßt sich nicht eindeutig ermitteln, ob der Vorsteher oder der damals für die Veranlagung der Kläger zuständige Sachgebietsleiter die Auskunft erteilt, und ob der Betreffende den Sachverhalt und die steuerrechtliche Frage richtig verstanden hat, ist die Klage abzuweisen. Die Kläger tragen die Feststellungslast für solche Tatsachen, die für eine Bindung des FA nach Treu und Glauben vorausgesetzt werden.

4. Da das Urteil bereits aus anderen Gründen aufzuheben war, mußte über die Verfahrensrüge mangelhafter Sachaufklärung nicht mehr entschieden werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62940

BFH/NV 1990, 25

BStBl II 1990, 274

BFHE 159, 114

BFHE 1990, 114

BB 1990, 846

BB 1990, 846-848 (LT)

DB 1990, 870-872 (LT)

DStR 1990, 206 (KT)

HFR 1990, 414 (LT)

StE 1990, 106 (K)

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