Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Abziehbarkeit von Bürgschaftsverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung

 

Leitsatz (NV)

  1. Wird der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft aus einer für Verbindlichkeiten der Gesellschaft eingegangenen Bürgschaft in Anspruch genommen, kann er die Aufwendungen aus der Bürgschaftsinanspruchnahme nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung bei Ermittlung des Auflösungsverlustes nach § 17 EStG geltend machen, wenn die Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter hatte.
  2. Verbürgt sich ein Dritter (Nichtgesellschafter) im eigenen Namen für die Verbindlichkeiten einer GmbH und wird er aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, so können diese Aufwendungen nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten des Gesellschafters der GmbH bei der Ermittlung seines Verlusts aus der Auflösung der GmbH berücksichtigt werden, wenn und soweit der Dritte gegen den Gesellschafter einen Rechtsanspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hat.
 

Normenkette

BGB § 426 Abs. 1, §§ 769, 774 Abs. 2; EStG § 10d Abs. 3, § 17 Abs. 1-2, 4; GmbHG § 32a Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (DStRE 1998, 437)

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1990 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.

Der Kläger gründete durch notariell beurkundeten Vertrag vom 24. Januar 1984 zusammen mit dem Gesellschafter S eine GmbH. An dem Stammkapital der GmbH von 50 000 DM waren die Gesellschafter zu je 50 v.H. beteiligt. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 29. März 1985 übertrug S seinen Geschäftsanteil gegen Zahlung von 115 000 DM auf den Kläger. Dabei handelte es sich in Höhe von 15 000 DM um die Gegenleistung für den Erwerb der Stammeinlage und im Übrigen um die Rückgewähr von unverzinslichen Darlehen, die S der GmbH zur Verfügung gestellt hatte. Die GmbH erzielte in allen Jahren ihres Bestehens ausschließlich Verluste.

Die X-Bank hatte der GmbH und dem Kläger persönlich in den Jahren 1984 bis 1989 verschiedene Darlehen gewährt und sich für diese Darlehen teils vom Kläger, teils von dessen Eltern Sicherheiten einräumen lassen. Der Kläger hatte gegenüber der X-Bank selbstschuldnerische Bürgschaften für die Verbindlichkeiten der GmbH übernommen. Außerdem hatte der Vater des Klägers sich für Schulden des Klägers bis zum Betrag von 75 000 DM verbürgt. Die Eltern des Klägers hatten ferner Bürgschaften für Verbindlichkeiten der GmbH bis zur Höhe von 50 000 DM übernommen. Zur Sicherung von Forderungen der X-Bank gegen die GmbH hatten die Eltern des Klägers auf ihrem Grundstück eine Grundschuld von 220 000 DM eintragen lassen. Im Februar 1990 kündigte die X-Bank die der GmbH und dem Kläger persönlich gewährten Darlehen. Über das Vermögen der GmbH wurde am 19. September 1990 das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 17. April 1996 wurde das Konkursverfahren aufgehoben.

In seiner Einkommensteuererklärung 1990 erklärte der Kläger einen Auflösungsverlust nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von insgesamt 509 761,24 DM. In einer Anlage zur Einkommensteuererklärung errechnete der Kläger diesen Verlust wie folgt:

eingezahltes Stammkapital

50 000,00 DM

Zahlungen an die X-Bank aufgrund von Bürgschaften:

Konto 1 (GmbH)

102 327,14 DM

Konto 2 (GmbH)

177 097,85 DM

Konto 3 (GmbH)

45 750,76 DM

Konto 4 (Kläger)

64 249,34 DM

Konto 5 (Kläger)

21 246,36 DM

Konto 6 (Kläger)

24 376,24 DM

Konto 7 (Kläger)

13 237,79 DM

Gerichtskasse

6,00 DM

Zinsen X-Bank

1 522,97 DM

Bürgschaftszahlung an Z-Bank

9 946,79 DM

509 761,24 DM

Bei der Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 1990 durch Steuerbescheid vom 4. März 1992 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) den Verlust aus der Auflösung der GmbH lediglich in Höhe von 61 474 DM. Dabei handelt es sich um den Verlust der Einlage von 50 000 DM, die geltend gemachten Nebenkosten von 6 DM bzw. 1 522 DM sowie die Zahlung an die Z-Bank von 9 946 DM. Soweit ein höherer Verlust geltend gemacht werde, sei die Mittelherkunft der geltend gemachten Zahlungen nicht nachgewiesen. Das FA setzte die Einkommensteuer 1990 mit Bescheid vom 4. März 1992 auf 0 DM fest. Es legte der Festsetzung einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 14 491 DM und ein zu versteuerndes Einkommen von ./. 3 240 DM zugrunde.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 31. März 1992 übersandten die Kläger ein vom Kläger und seinen Eltern unterschriebenes, als "Bestätigung" bezeichnetes Schriftstück vom 26. März 1992, in dem die Eltern des Klägers erklären, dem Kläger im April 1990 zur Ablösung von Darlehen der X-Bank infolge des Konkurses der GmbH Beträge in Höhe von insgesamt 448 285,48 DM zur Verfügung gestellt zu haben. In Höhe von 180 000 DM handele es sich dabei um eine Schenkung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Der verbleibende Betrag von 268 285 DM sei dem Kläger als Darlehen überlassen worden. Das Darlehen sei unkündbar und mit den banküblichen Zinsen für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist zu verzinsen. Die Zinsen seien in monatlichen Raten von 500 DM ab dem 1. Mai 1993 zu entrichten. Die Kläger beantragten, den geltend gemachten Gesamtverlust bei der Einkommensteuerveranlagung wie erklärt zu berücksichtigen und auch "die Feststellung eines Verlustvortrages vorzunehmen, wenn für die Jahre 1988 und 1989 anteilig durch Rücktrag ein Teil der Verluste verrechnet wurde".

Mit Verfügung vom 28. April 1992 lehnte es das FA ab, aufgrund der "Bestätigung" vom 26. März 1992 einen höheren als den im Bescheid vom 4. März 1992 berücksichtigten Verlust aus der Auflösung der GmbH anzuerkennen. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Eltern sei nicht wie unter fremden Dritten vereinbart und durchgeführt worden. Die Verfügung bezeichnet als Gegenstand der Regelung die "Einkommensteuerbescheide 1988, 1989 sowie Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.1990".

Der Einspruch gegen die Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1990 hatte keinen Erfolg.

Gegen die Einspruchsentscheidung haben die Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, das FA zu verpflichten, den angefochtenen Bescheid in Form der Einspruchsentscheidung aufzuheben und einen Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustabzug zum 31. Dezember 1990 zu erlassen. Den verbleibenden Verlustbetrag bezifferten die Kläger mit 648 016 DM. Neben den Zahlungen der Eltern des Klägers in Höhe von 448 285 DM seien weitere Beträge in Höhe des Gehaltsverzichts des Klägers gegenüber der GmbH (40 000 DM), des Kaufpreises für den Anteil des Mitgesellschafters (100 000 DM) und eines durch Haftungsbescheid festgesetzten Betrages von 59 731 DM, mit dem ihn das FA gemäß §§ 34, 69 der Abgabenordnung (AO 1977) als Geschäftsführer der GmbH in Anspruch genommen habe, als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Das FG änderte den angefochtenen Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin ab, dass es den verbleibenden Verlust zum 31. Dezember 1990 auf 423 796 DM feststellte. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Urteil des FG ist in Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst (DStRE) 1998, 437 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des § 17 EStG.

Entgegen der Ansicht des FG könnten die Zahlungen der Eltern dem Kläger nicht als eigene Aufwendungen zugerechnet werden. Die Eltern hätten diese Zahlungen aufgrund ihrer eigenen rechtlichen Verpflichtung als Bürgen gegenüber den Gläubigerbanken geleistet. Es handele sich im Streitfall nicht um eine bloße Abkürzung des Zahlungswegs, weil die Eltern nicht für Rechnung des Klägers, sondern für eigene Rechnung geleistet hätten. Im Übrigen widerspreche das angefochtene Urteil der Rechtsprechung zur Nichtabziehbarkeit von Drittaufwand (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 9. Juli 1992 IV R 115/90, BFHE 169, 56, BStBl II 1992, 958).

Das FA beantragt, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen dem erkennenden Senat keine abschließende Entscheidung darüber, ob und ggf. in welcher Höhe zum 31. Dezember 1990 ein verbleibender Verlustabzug gesondert festzustellen ist.

I. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine auf den erstmaligen Erlass eines Feststellungsbescheides über den zum 31. Dezember 1990 verbleibenden Verlustabzug gerichtete Verpflichtungsklage vorliegen. Gemäß § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG 1990, der erstmals für den Veranlagungszeitraum 1990 anzuwenden ist (§ 52 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990), ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustabzug gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustabzug ist gemäß § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG 1990 der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichene Verlust, vermindert um die nach Abs. 1 und 2 abgezogenen Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten, verbleibenden Verlustabzug. Nach § 10d Abs. 3 Satz 4 EStG 1990 ist einFeststellungsbescheid i.S. des Satzes 1 zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, wenn sich die nach Satz 2 zu berücksichtigenden Beträge ändern und deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist. Satz 4 gilt entsprechend, wenn der Erlass, die Aufhebung oder die Änderung des Steuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkung unterbleibt (§ 10d Abs. 3 Satz 5 EStG 1990). Im Streitfall kam ein erstmaliger Erlass eines Feststellungsbescheides über den verbleibenden Verlustabzug nach § 10d Abs. 3 Satz 5 EStG in Betracht. Denn die Änderung des zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheides 1990 konnte hier nur deshalb nicht im Rechtsbehelfsverfahren gegen diesen Bescheid erreicht werden, weil dieser auf 0 DM lautete. Die Kläger haben jedoch innerhalb der für diesen Bescheid maßgeblichen Einspruchsfrist den Erlass eines verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1990 mit der Begründung beantragt, dass ihnen im Streitjahr 1990 ein höherer Verlust aus der Auflösung der GmbH entstanden sei, als vom FA berücksichtigt (vgl. zu den Voraussetzungen für den erstmaligen Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 10d Abs. 3 EStG: BFH-Urteil vom 9. Dezember 1998 XI R 62/97, BFHE 187, 523, BStBl II 2000, 3).

Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen jedoch nicht seine Entscheidung, dem Kläger sei bereits im Jahr 1990 ein Verlust aus der Auflösung der GmbH entstanden. Die Vorentscheidung kann wegen dieses materiell-rechtlichen Mangels (Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 27, m.w.N.), den der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen hat, keinen Bestand haben.

II. Zu den rücktrags- und vortragsfähigen Verlusten i.S. des § 10d EStG zählt auch ein Verlust, den ein wesentlich beteiligter Gesellschafter i.S. des § 17 EStG anlässlich der Auflösung der Kapitalgesellschaft erleidet (BFH-Urteil vom 26. Januar 1999 VIII R 32/96, BFH/NV 1999, 922).

1. Im Streitfall ist die GmbH durch die Eröffnung des Konkursverfahrens (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ―GmbHG―) am 19. September 1990 aufgelöst worden. Die Entstehung eines nach § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Auflösungsverlusts setzt neben der zivilrechtlichen Auflösung der Gesellschaft weiter voraus, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr rechnen kann; es muss ferner feststehen, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten anfallen werden sowie welche im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Aufgabekosten der Gesellschafter noch zu tragen hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 24. April 1997 VIII R 16/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339, unter II. 2. der Gründe; vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Diese Voraussetzungen sind, wie der Senat in seinem Urteil vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91 (BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162) ausgeführt hat, im Fall der Auflösung mit anschließender Liquidation regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt.

2. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsverlust realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu rechnen ist (vgl. BFH-Urteile vom 25. Januar 2000 VIII R 63/98, BFHE 191, 115, BStBl II 2000, 343; vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428, und in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162). Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde (BFH-Beschluss vom 27. November 1995 VIII B 16/95, BFH/NV 1996, 406, m.w.N.) oder die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses vermögenslos war (BFH-Urteil vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344). Hier kann die Möglichkeit einer Auskehrung von Restvermögen an die Gesellschafter ausgeschlossen werden. Die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft und ihre Löschung im Handelsregister haben ihre Vollbeendigung zur Folge.

3. Bei einer Auflösung der Gesellschaft wegen Eröffnung des Konkursverfahrens lässt sich diese Feststellung regelmäßig noch nicht treffen. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Auflösungsgewinn oder -verlust nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu ermitteln, soweit nicht die Eigenart der Gewinnermittlung nach § 17 EStG Abweichungen von diesem Grundsatz erfordert. Danach ist insbesondere das Realisationsprinzip zu beachten (BFH-Urteile in BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428; vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25 a.E.; vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648). Die stillen Reserven sind bei Veräußerungsgeschäften erst dann realisiert, wenn der Veräußerer seine Sachleistung erbracht hat (ständige Rechtsprechung, vgl. Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 5 Rz. 608; Moxter, Bilanzierung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, 5. Aufl., § 6 I. 2.). Davon ist auch im Konkursfall auszugehen; der Veräußerungsgewinn oder -verlust ist erst realisiert, wenn der Konkursverwalter die einzelnen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens oder das Unternehmen im Ganzen veräußert und mit dem letzten Geschäftsvorfall die Grundlage für die Schlussverteilung geschaffen hat. Die Dauer eines Konkursverfahrens ist nicht abzuschätzen; das gilt vor allem dann, wenn umfangreiches Betriebsvermögen mit erheblichen stillen Reserven abzuwickeln ist (BFH-Urteil in BFHE 191, 115, BStBl II 2000, 343). Während des Konkursverfahrens können sich die Marktwerte der Wirtschaftsgüter erheblich verändern (FG Köln, Urteil vom 24. Oktober 1996 5 K 2101/96, Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1997, 407). Die strenge Beachtung des Realisationsprinzips ist auch deshalb geboten, weil damit der oft erhebliche Aufwand einer Ermittlung und Bewertung des Gesellschaftsvermögens durch die Beteiligten und Prognosen über den vermutlichen Ausgang des Konkursverfahrens vermieden werden. Es kommt hinzu, dass bei der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht sicher ist, ob es zu einer Vollbeendigung der Gesellschaft und damit zu einem endgültigen Liquidationsverlust der Gesellschafter kommen wird (vgl. hierzu die Ausführungen im Urteil des Senats in BFHE 191, 115, BStBl II 2000, 343).

4. Ausnahmsweise kommt eine Berücksichtigung des Auflösungsverlustes schon vor dem Abschluss des Liquidationsverfahrens in Betracht, wenn aufgrund des Inventars und der Konkurseröffnungsbilanz des Konkursverwalters (§§ 123, 124 der Konkursordnung ―KO―) oder einer Zwischenrechnungslegung (§ 132 Abs. 2 KO) ohne weitere Ermittlungen mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird und ein Zwangsvergleich ausgeschlossen erscheint.

5. Das FG ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der Auflösungsgewinn oder -verlust des wesentlich beteiligten Gesellschafters im Jahr der zivilrechtlichen Auflösung der Kapitalgesellschaft zu erfassen ist. Es hat deshalb nicht geprüft, ob die weiteren Voraussetzungen für die Entstehung des Auflösungsverlusts bereits im Jahr 1990 erfüllt waren. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um dem Senat die Beurteilung zu ermöglichen, ob im Streitfall entsprechend den Ausführungen unter II. 4. ausnahmsweise die Berücksichtigung des Auflösungsverlusts bereits im Streitjahr geboten ist. Das FG wird die hierfür erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachholen.

III. Das angefochtene Urteil ist auch deshalb aufzuheben, weil die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht ausreichen, um dessen rechtliche Schlussfolgerung zu tragen, dem Kläger seien nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung im Zusammenhang mit den von ihm und seinen Eltern für Verbindlichkeiten der GmbH eingegangenen Bürgschaften und Grundschuldverpflichtungen entstanden. Insbesondere liegen die Voraussetzungen einer verdeckten Einlage hier nicht vor.

1. Wie der erkennende Senat wiederholt dargelegt hat, ist der Begriff der Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2 EStG mit Rücksicht auf das die Einkommensbesteuerung bestimmende Nettoprinzip weit auszulegen (vgl. z.B. Urteile in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348; vom 12. Oktober 1999 VIII R 46/98, BFH/NV 2000, 561). Er umfasst nicht nur die zum Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Kosten, sondern auch nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten i.S. der §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten sind. Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG kommen nicht nur Aufwendungen in Betracht, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse (§§ 26 ff. GmbHG) oder verdeckte Einlagen zu werten sind (vgl. dazu Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 17 Rz. 164), sondern auch Verluste aus Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters, insbesondere Leistungen aus einer für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaft, wenn die Übernahme der Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und die Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft wertlosist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320; in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, m.w.N.; vom 6. Juli 1999 VIII R 9/98, BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817).

2. Verluste im Zusammenhang mit Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft führen auf der Ebene der Kapitalgesellschaft regelmäßig nicht zu einer verdeckten Einlage. Bei der verdeckten Einlage handelt es sich um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils, die nicht den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 I R 80/96, BFH/NV 1998, 624, m.w.N.). Weder durch die Übernahme der Bürgschaft, noch durch die Leistung des Bürgen an den Gläubiger wird das bilanzierungsfähige Vermögen der Gesellschaft vermehrt. Zwar kann der Gesellschaft ein Vermögensvorteil auch in der Weise zugewendet werden, dass der Gesellschafter (oder eine ihm nahe stehende Person) eine Schuld der Gesellschaft tilgt. Durch die Übernahme der Bürgschaft wird die Gesellschaft aber ebenso wenig von einer Verbindlichkeit befreit wie durch die aufgrund der Bürgschaft geleistete Zahlung. Die Leistung des Bürgen an den Gläubiger bewirkt nur, dass dessen Forderung gegen die GmbH kraft Gesetzes auf den Bürgen übergeht (§ 774 des Bürgerlichen Gesetzbuches ―BGB―; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 9. September 1986 VIII R 159/85 (BFHE 148, 246, BStBl II 1987, 257) Bürgschaftsaufwendungen des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft als verdeckte Einlage beurteilt hat, hat er an dieser Rechtsauffassung nach Ergehen des Urteils des I. Senats des BFH vom 5. Februar 1992 I R 127/90 (BFHE 166, 356, BStBl II 1992, 532) nicht mehr festgehalten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90, BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333; vom 24. April 1997 VIII R 23/93, BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342; Gschwendtner, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1999, Beihefter zu Heft 32). Aufwendungen, die dem Gesellschafter aus dem Wertverlust einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme aus einer zugunsten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaft entstehen, sind nach der neueren Rechtsprechung des Senats nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu berücksichtigen, wenn das Darlehen oder die Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter hatten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817).

Zu einer verdeckten Einlage im Zusammenhang mit der Bürgschaft kommt es erst, wenn der Gesellschafter die durch die Bürgschaft gesicherte Verbindlichkeit der GmbH als eigene übernimmt (§ 414 BGB) oder auf seinen Rückgriffsanspruch gegen die GmbH verzichtet (zur verdeckten Einlage durch Forderungsverzicht vgl. BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307; Urteil in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Die durch den Forderungsverzicht oder eine gleichgestellte Erklärung bewirkte verdeckte Einlage hat jedoch keinen Einfluss auf die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG, wenn die Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter hatte (Urteil in BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342).

Im Streitfall sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass der Kläger und/oder seine Eltern im Zusammenhang mit der Bürgschaftsverpflichtung die zugrunde liegende Darlehensschuld der GmbH übernommen oder auf ihre Rückgriffsforderung gegen die GmbH verzichtet haben.

3. Wie oben (III. 1. und 2.) ausgeführt, können Finanzierungshilfen des Gesellschafters ―unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer verdeckten Einlage vorliegen― durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein, wenn und insoweit sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817, m.w.N.). Das damit verbundene Haftungsrisiko rechtfertigt es, derartige Finanzierungsmaßnahmen in der Frage der Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG den gesellschaftsrechtlichen Einlagen gleichzustellen (Urteile in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320; in BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, m.w.N.; in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817; vgl. dazu auch Gschwendtner in DStR 1999, Beihefter zu Heft 32, Tz. 3.2.3.3).

a) Eine Bürgschaftsverpflichtung ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eigenkapitalersetzend, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft bereits in der sog. Krise befand oder wenn die Bürgschaft (auch) für den Fall der Krise bestimmt war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 922, unter II. 2. d der Gründe, m.w.N.; vgl. ―zur krisenbestimmten Finanzierungshilfe― BGH-Urteil vom 9. März 1992 II ZR 168/91, Der Betrieb ―DB― 1992, 981). In allen diesen Fällen sind die nachträglichen Anschaffungskosten mit dem Nennwert des Rückgriffsanspruchs aus der Bürgschaft anzusetzen (Urteile in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348; in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817).

b) Weiterhin kann eine Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft noch nicht in der Krise befand, sie aber bei Eintritt der Krise stehen gelassen wurde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, unter II. 2. b der Gründe). In diesem Fall ist für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten der gemeine Wert des Rückgriffsanspruchs in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem der Gesellschafter es trotz eingetretener Krise mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis unterließ, sein Bürgschaftsengagement zu beenden, obwohl er von der Gesellschaft die Freistellung von seiner Bürgschaftsverpflichtung verlangen konnte (BFH-Urteil in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817; vgl. zum Freistellungsanspruch des Bürgen: BGH-Urteil vom 18. November 1991 II ZR 258/90, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ―ZIP― 1992, 177).

c) Als "Krise" wird in § 32a GmbHG i.d.F. des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. April 1998 (BGBl I 1998, 786) der Zeitpunkt definiert, in dem die Gesellschafter der Gesellschaft "als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten". Eine Krise ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft überschuldet oder zahlungsunfähig und damit konkurs- oder insolvenzreif ist (§ 63 GmbHG) oder wenn die Konkursreife zwar noch nicht eingetreten, die Rückzahlung des der Gesellschaft gewährten Darlehens aber angesichts ihrer finanziellen Situation in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko der Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Gesellschaft nach den bei Gewährung des Darlehens oder der Bürgschaft bestehenden Verhältnissen von einem Dritten keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen mehr erhalten hätte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339). Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, insbesondere ob sie noch als kreditwürdig anzusehen ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Urteil in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817, unter II. 2. b der Gründe, m.w.N.).

d) Im Streitfall hat das FG nicht im Einzelnen festgestellt, zu welchen Zeitpunkten und in welcher Höhe der Kläger und seine Eltern jeweils Sicherheiten für der GmbH gewährte Bankdarlehen gestellt haben und ab welchem Zeitpunkt die GmbH sich in einer Krise im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts befand. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, dass die GmbH bei Eingehung der Bürgschaftsverpflichtungen zahlungsunfähig oder überschuldet war. Die fehlende Kreditwürdigkeit der GmbH hat das FG lediglich damit begründet, dass die GmbH seit ihrer Gründung Verluste in größerem Umfang erzielt habe und erhebliche Verbindlichkeiten eingegangen sei. Diese Umstände reichen für sich gesehen nicht aus, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, die GmbH habe sich schon im Jahr ihrer Gründung in einer Krise befunden. Denn selbst eine Gesellschaft, deren Passiva die Aktiva übersteigen, kann über stille Reserven verfügen, deren Auflösung den Verlust aufwiegen würde. Erst wenn sich als Ergebnis zwischen ausgewiesenem Verlust und dem Eigenkapital der Gesellschaft (einschließlich stiller Reserven) ergibt, dass mehr als die Hälfte des Stammkapitals verloren ist und im Gesellschaftsvermögen keine Vermögenswerte vorhanden sind, die als Kreditsicherheiten in Betracht kommen, spricht dies gegen die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft (v. Gerkan/ Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, 2000, Rz. 3.47, m.w.N.).

IV. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Eine Zurückverweisung zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts im zweiten Rechtsgang wäre nur dann entbehrlich, wenn die Feststellungen des FG dem Senat die Schlussfolgerung ermöglichten, dass es sich bei den Leistungen der Eltern des Klägers um einkommensteuerrechtlich nicht zu berücksichtigenden Drittaufwand handelte oder dass insoweit die Voraussetzungen einer eigenkapitalersetzenden Finanzierung nicht vorlagen. Die Klage wäre in diesem Fall als unbegründet abzuweisen. Auch insoweit erlauben die Feststellungen des angefochtenen Urteils dem erkennenden Senat jedoch keine abschließende Beurteilung.

1. Für die Einkommensteuer gilt der Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Aus diesem Grundsatz folgt u.a., dass ein Steuerpflichtiger nur solche Aufwendungen bei der Einkünfteermittlung abziehen kann, die seine persönliche Leistungsfähigkeit mindern (BFH-Beschluss vom 23. August 1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782; Urteile vom 24. Februar 2000 IV R 75/98, BFHE 191, 301 , BStBl II 2000, 314; vom 2. Dezember 1999 IX R 45/95, BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310; vom 2. Dezember 1999 IX R 21/96, BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Dieser Grundsatz gilt ebenso für den Bereich der Überschusseinkünfte wie für den der Gewinneinkünfte (BFH-Beschluss vom 23. August 1999 GrS 5/97, BFHE 189, 174, BStBl II 1999, 774; Urteil in BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314). Aufwendungen eines Dritten, die durch die Einkunftserzielung des Steuerpflichtigen veranlasst sind (sog. Drittaufwand), kann der Steuerpflichtige nur einkünftemindernd geltend machen, wenn sie ihm als eigene zugerechnet werden können.

a) Aufwendungen eines Dritten kann der Steuerpflichtige im Fall einer Abkürzung des Zahlungswegs als eigene abziehen. Unter Abkürzung des Zahlungsweges versteht die Rechtsprechung die Zuwendung eines Geldbetrages an den Steuerpflichtigen in der Weise, dass ein Dritter im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilgt (§ 267 BGB), anstatt ihm den entsprechenden Geldbetrag unmittelbar zuzuwenden (BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782). Leistet der Dritte jedoch auf eine eigene Verbindlichkeit (z.B. auf eine im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen eingegangene Bürgschaft), kommt ein Abzug der Aufwendungen des Dritten unter dem Gesichtspunkt der Abkürzung des Zahlungsweges nicht in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314).

b) Aufwendungen eines Dritten auf eine von ihm im eigenen Namen, aber im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen eingegangene Verbindlichkeit sind auch dann bei der Einkünfteermittlung des Steuerpflichtigen abziehbar, wenn der Dritte die Verbindlichkeit im Innenverhältnis fürRechnung des Steuerpflichtigen eingegangen ist, d.h., wenn diesen die wirtschaftlichen Folgen des Rechtsgeschäfts treffen sollen (Wolff-Diepenbrock, Handeln für fremde Rechnung im Einkommensteuerrecht, Festschrift für Döllerer, 1988, 757). Dies ist bei der Inanspruchnahme eines Dritten aus einer im Interesse des Steuerpflichtigen eingegangenen Bürgschaft der Fall, wenn der Dritte gegen den Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hat. Denn die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz mindert die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Eine Verpflichtung zum Aufwendungsersatz kommt vor allem dann in Betracht, wenn sich ―wie im Streitfall― nicht nur ein Dritter, sondern auch der Steuerpflichtige selbst für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft verbürgt hat (vgl. §§ 769, 774 Abs. 2 BGB i.V.m. § 426 BGB). Die Ausgleichspflicht nach § 426 BGB gilt auch im Verhältnis zwischen einem Bürgen und einem Grundschuldverpflichteten, wenn beide für dieselbe Hauptschuld Sicherheit geleistet haben (Habersack in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch ―MünchKomm―, § 774 Rz. 29 ff.). Nach der gesetzlichen Regel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind mehrere Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, sofern sie nicht etwas anderes vereinbaren. Im Streitfall kann ein Ersatzanspruch der Eltern in voller Höhe der geleisteten Zahlungen danach nur bestehen, wenn und soweit bei Hingabe der Sicherheiten mit dem Kläger Einigkeit darüber bestand, dass dieser im Innenverhältnis allein aus den gemeinsam eingeräumten Sicherheiten verpflichtet sein sollte. Für eine vom Grundsatz der hälftigen Ausgleichspflicht abweichende Abrede könnte der Inhalt der schriftlichen Erklärung des Klägers und seiner Eltern vom 26. März 1992 sprechen, in dem diese bestätigen, dem Kläger den zur Tilgung der Bankverbindlichkeiten der GmbH erforderlichen Betrag von 448 285 DM zum Teil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugewendet, zum Teil als Darlehen überlassen zu haben.

2. Sollten die Feststellungen des FG im zweiten Rechtsgang ergeben, dass die Eltern des Klägers ihre Verpflichtungen aus der Bürgschaft und der Grundschuld im Innenverhältnis ganz oder teilweise für Rechnung des Klägers eingegangen sind und dass die Sicherheiten zu einem Zeitpunkt gewährt oder stehen gelassen worden sind, zu dem sich die GmbH in einer Krise befand, steht das Eigenkapitalersatzrecht einer Berücksichtigung der entsprechenden Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung nicht entgegen.

a) Normadressaten des Eigenkapitalersatzrechts sind grundsätzlich nur die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Die Umqualifizierung eines Gesellschafterdarlehens oder einer gleichgestellten Finanzierungsmaßnahme in funktionelles Eigenkapital beruht auf der sog. Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter. Die Gesellschafter sollen veranlasst werden, in einer wirtschaftlichen Krise der GmbH weiteres Eigenkapital einzusetzen und nicht durch Kapitalhilfen anderer Art (Darlehen, Bürgschaften etc.) Dritte über die Kapitalausstattung der GmbH zu täuschen (BGH-Urteil vom 16. Oktober 1989 II ZR 307/88, ZIP 1989, 1542). Entscheiden sich die Gesellschafter in der Krise der Kapitalgesellschaft, diese nicht zu liquidieren, sondern ihr über die vereinbarte Stammeinlage hinaus weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, können sie sich ihrer daraus folgenden Verantwortung gegenüber den außen stehenden Gläubigern nicht entziehen, indem sie anstelle der objektiv gebotenen Zuführung weiteren Eigenkapitals der Gesellschaft lediglich Darlehen oder eine gleichgestellte Kredithilfe gewähren (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. BGH-Urteile vom 11. September 1981 II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 317; vom 26. März 1984 II ZR 171/83, BGHZ 90, 381; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 32a Rz. 3, m.w.N.; v. Gerkan/Hommelhoff, a.a.O., Rz. 2.20 f.). Dritte, zu denen auch nahe Angehörige des Gesellschafters gehören, tragen grundsätzlich keine Verantwortung für die Finanzierung der Kapitalgesellschaft (BGH-Urteile vom 18. Februar 1991 II ZR 259/89, Betriebs-Berater ―BB― 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 6. Juni 1994 II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, BB 1994, 1657; vom 8. Februar 1999 II ZR 261/97, DStR 1999, 810 a.E., mit Anm. Goette; Oberlandesgericht ―OLG― München, Urteil vom 20. Januar 1992 17 U 4066/91, DStR 1993, 614, mit Anm. Goette; OLG Stuttgart, Urteil vom 14. August 1998 19 U 268/96, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ―NZG― 1998, 997; Scholz/K. Schmidt, GmbH-Gesetz, Kommentar, 9. Aufl., §§ 32a, 32b Rz. 134). Sie können die Rückzahlung eines der Kapitalgesellschaft gewährten Darlehens auch im Insolvenzfall fordern. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos.

b) Kreditgeber, die nicht Gesellschafter sind, unterliegen den Normen des Eigenkapitalersatzrechts dann, wenn ihre Finanzierungshilfe an die Gesellschaft wirtschaftlich derjenigen durch den Gesellschafter selbst entspricht (§ 32a Abs. 3 GmbHG). Die Gleichstellung kann auf Beziehungen zu einem der Gesellschafter oder auf dem Verhältnis zur Gesellschaft als solcher beruhen (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 20). Von diesem Ausnahmetatbestand werden insbesondere die Finanzierungshilfen Dritter erfasst, die zwar nicht rechtlich, aber im wirtschaftlichen Ergebnis aus dem Vermögen eines Gesellschafters aufgebracht werden sollen (BGH-Urteile in BB 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 14. Juni 1993 II ZR 252/92, ZIP 1993, 1072; vom 7. November 1994 II ZR 8/93, ZIP 1995, 125; vom 7. November 1994 II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, BB 1995, 58, ZIP 1994, 1934, mit zustimmender Anm. von Altmeppen; vom 18. November 1996 II ZR 207/95, BB 1997, 220, DStR 1997, 172;vom 26. Juni 2000 II ZR 21/99, BB 2000, 1750; OLG München in DStR 1993, 614, mit Anm. Goette; OLG Stuttgart in NZG 1998, 997; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 25; v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz im Gesellschafts- und Insolvenzrecht, 5. Aufl., Rz. 4.12; Kamprad, GmbH-Rundschau ―GmbHR― 1984, 339; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15. Aufl., 2000, §§ 32a/b Rz. 61; Noack, GmbHR 1996, 153; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., §§ 32a, 32b Rz. 134; K. Weber, GmbHR 1992, 354, 356). Diese Voraussetzung ist nicht nur in Umgehungsfällen, sondern immer dann erfüllt, wenn die Finanzierungshilfe des Dritten wirtschaftlich für Rechnung des Gesellschafters gewährt wird, z.B. weil dieser dem Dritten im Innenverhältnis zum Ausgleich verpflichtet ist (BGH-Urteile in BB 1997, 220, DStR 1997, 172, mit Anm. Goette; in BGHZ 127, 336, ZIP 1994, 1934, BB 1995, 58; in BB 2000, 1750).

c) Handelt der Dritte bei der Kreditgewährung oder Bürgschaftsübernahme auf eigene Rechnung, d.h. bringt er die Finanzierungshilfe auch wirtschaftlich gesehen aus seinem eigenen Vermögen auf, unterliegt seine Finanzierung nicht den Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts (vgl. BGH-Urteile in BB 1991, 641, ZIP 1991, 366, betreffend Bürgschaft der Eltern eines der GmbH-Gesellschafter für Bankschulden der GmbH; in DStR 1999, 810, betreffend Verpachtung des Anlagevermögens eines Einzelunternehmens an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin die Ehefrau des Verpächters ist; OLG München in DStR 1993, 614, betreffend Grundschuldbestellung am Grundstück der Ehefrau des GmbH-Gesellschafters zur Sicherung eines Bankdarlehens an die GmbH, bestätigt durch BGH-Beschluss vom 1. März 1993 II ZR 197/92; OLG Stuttgart, Urteil in NZG 1998, 997, betreffend Darlehensgewährung durch die Ehefrau des Gesellschafters).

d) Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall eine eigenkapitalersetzende Leistung der Eltern des Klägers im Zusammenhang mit ihrer Inanspruchnahme aus den gestellten Sicherheiten (Grundschuld, Bürgschaften) in Betracht, soweit für die Verbindlichkeiten der GmbH zugleich der Kläger Sicherheit geleistet hatte und bei Eingehung der Verbindlichkeiten Einigkeit zwischen dem Kläger und seinen Eltern darüber bestand, dass im Innenverhältnis der Sicherungsgeber allein der Kläger die Leistungen aus seinem Vermögen aufbringen und die Eltern die zur Befriedigung der Bank erforderlichen Mittel nur "vorschussweise" zur Verfügung stellen sollten (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 127, 336, BB 1995, 58, ZIP 1994, 1934). Das Eigenkapitalersatzrecht und das Einkommensteuerrecht stellen insoweit übereinstimmende Anforderungen an die Berücksichtigung von Aufwendungen Dritter.

3. Soweit den Eltern kein Ausgleichsanspruch gegen den Kläger für ihre Zahlungen an die X-Bank zustand, können nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung nur vorliegen, wenn und soweit die Eltern ―ohne eine eigene Verpflichtung als Sicherungsgeber― Bürgschaftsverbindlichkeiten des Klägers gegenüber der X-Bank erfüllt haben sollten. Diese Aufwendungen können dann unter dem Gesichtspunkt einer Abkürzung des Zahlungsweges bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts zu berücksichtigen sein (s. oben unter IV. 1. a).

V. 1. Sollte das FG auch im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommen, dass der Antrag der Kläger auf erstmalige Feststellung des verrechenbaren Verlusts zum 31. Dezember 1990 im Wesentlichen begründet ist, wird das FG zu beachten haben, dass es ―entgegen seiner Verfahrensweise im ersten Rechtsgang― nicht selbst in der Sache entscheiden, sondern das FA nur zum Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 10d Abs. 3 EStG 1990 verpflichten darf. Die Klage gegen die Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Verwaltungsakts ist eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1, 2. Alternative FGO), bei der sich der Urteilsausspruch nach § 101 FGO bestimmt.

Der Senat weist ferner darauf hin, dass die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d Abs. 3 EStG 1990 nicht auf die am Ende des Entstehungsjahres nicht ausgeglichenen Verluste i.S. des § 10d Abs. 1 EStG 1990 beschränkt ist, sondern auch alle weiteren für die Durchführung des Verlustabzugs in Betracht kommenden Berechnungsgrundlagen umfasst (v. Groll in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 10d Anm. D 20). Der nach Durchführung des Verlustausgleichs im Entstehungsjahr verbleibende nicht ausgeglichene Verlust ist insbesondere zu vermindern um die durch Verlustrücktrag gemäß Abs. 1 des § 10d EStG 1990 verbrauchten Beträge (§ 10d Abs. 3 Satz 2 EStG 1990). Im Rahmen der Feststellung nach § 10d Abs. 3 EStG wird bestandskräftig lediglich über die Höhe des in künftige Veranlagungszeiträume vorzutragenden Verlusts entschieden (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1999 VIII R 7/97, BFH/NV 2000, 564).

 

Fundstellen

Haufe-Index 557717

BFH/NV 2001, 761

HFR 2001, 668

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