Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfteerzielungsabsicht; Ansatz der Kostenmiete bei einer selbstgenutzten Wohnung mit Schwimmhalle

 

Leitsatz (NV)

  1. Eine Schwimmhalle mit einem Schwimmbecken, dessen Oberfläche weniger als 50 qm beträgt, rechtfertigt bei der Ermittlung des Nutzungswerts der selbstgenutzten Wohnung für sich allein noch nicht den Ansatz der Kostenmiete (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1997 IX R 69/95, BFHE 185, 214, BStBl II 1998, 342).
  2. Die Feststellung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG.
 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 2; FGO § 118 Abs. 2

 

Tatbestand

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, sind Eigentümer eines Grundstücks, das in den Streitjahren (1985 und 1986) mit einem Zweifamilienhaus bebaut war. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) setzte bei der Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung der Kläger gemäß § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung (EStG) die Kostenmiete an.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, die in dem Zweifamilienhaus vorhandene Schwimmhalle sei ―unabhängig von der Größe des vorhandenen Schwimmbeckens (32 qm)― ein besonderes Ausstattungsmerkmal, das nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) trotz der insgesamt nur 214,34 qm großen selbstgenutzten Wohnung der Kläger den Ansatz der Kostenmiete rechtfertige. Außerdem seien die vom FA bisher angesetzten Werbungskosten um die Aufwendungen zu kürzen, die auf die in den Streitjahren nicht vermietete Einliegerwohnung entfielen; in Bezug auf diese Wohnung habe den Klägern die Einkünfteerzielungsabsicht gefehlt.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§§ 9, 21 Abs. 2 EStG).

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und Abänderung der angefochtenen Bescheide den Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung unter Zugrundelegung einer Wohnfläche von 214,34 qm und einer Marktmiete von max. 15 DM/qm zu ermitteln und auch die auf die Einliegerwohnung entfallenden Werbungskosten zum Abzug zuzulassen, hilfsweise, die Sache an das FG mit der Maßgabe zurückzuverweisen, dass dieses ausgehend von einer selbstgenutzten Wohnfläche von 214,34 qm die Marktmiete festzustellen und die auf die Einliegerwohnung entfallenden Werbungskosten anzuerkennen habe.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA aus nicht strittigen anderen Gründen am 12. April 1999, 12. Mai 1999 und 25. Mai 2000 Änderungsbescheide erlassen, die auf Antrag der Kläger nach §§ 68, 121 Satz 1, § 123 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass die in den Streitjahren auf die Einliegerwohnung entfallenden Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind. Seine Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend zu entscheiden, ob bei der Ermittlung des Nutzungswerts der selbstgenutzten Wohnung die Kostenmiete anzusetzen ist.

1. Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch das Erzielen steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Sie können schon anfallen, wenn mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt sind. Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist jedoch, dass sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst hat (z.B. BFH-Urteile vom 19. September 1990 IX R 5/86, BFHE 161, 479, BStBl II 1990, 1030, und vom 4. März 1997 IX R 29/93, BFHE 183, 75, BStBl II 1997, 610). Die Feststellung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung als Tatfrage zu entscheiden (BFH-Urteil vom 22. April 1997 IX R 17/96, BFHE 183, 142, BStBl II 1997, 650; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 118 FGO Rz. 95, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Das Revisionsgericht kann die Feststellungen des FG nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen; die Schlussfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (BFH-Urteile vom 14. Februar 1995 IX R 95/93, BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462, und vom 15. September 1992 IX R 15/91, BFH/NV 1994, 301).

Nach den innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG haben die Kläger in den Streitjahren auf das Vermieten der Einliegerwohnung verzichtet. Hieraus konnte das FG den Schluss ziehen, dass die Kläger in den Streitjahren keine Einkünfteerzielungsabsicht hatten. Diese Würdigung verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze; sie bindet damit den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. dazu auch Urteil in BFH/NV 1994, 301).

2. Gemäß § 21 Abs. 2 erste Alternative EStG sind zur Ermittlung des Nutzungswerts der zu schätzenden Rohmiete die nachgewiesenen Werbungskosten gegenüberzustellen. Die Rohmiete ist grundsätzlich anhand der sog. Marktmiete zu schätzen, sofern nicht der Zweck des § 21 Abs. 2 EStG den Ansatz der sog. Kostenmiete erfordert. Der Rohmietwert ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1997 IX R 69/95, BFHE 185, 214, BStBl II 1998, 342, m.w.N.) stets anhand der Kostenmiete zu schätzen, wenn sich in dem Wohnhaus eine Schwimmhalle mit einem Schwimmbecken befindet, dessen Oberfläche mehr als 50 qm beträgt, oder wenn die Wohnfläche der selbstgenutzten Wohnung 250 qm übersteigt. Im Übrigen ist die Kostenmiete ―dann und nur dann― anzusetzen, wenn aufgrund anderer besonders gewichtiger Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale offensichtlich ist, dass die am Wohnungsmarkt höchstens erzielbare Miete nicht dem Gebrauchswert des Objekts entspricht.

3. Bei Anwendung der unter 2. dargestellten Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG muss Feststellungen dazu treffen, ob der Nutzungswert der Wohnung der Kläger in den Streitjahren (ausnahmsweise) anhand der Kostenmiete oder (dem Grundsatz entsprechend) anhand der Marktmiete zu ermitteln ist.

Das Vorhandensein der als Schwimmbad hergerichteten Räume im Keller mit einem Schwimmbecken, das eine Oberfläche von 32 qm aufweist, rechtfertigt für sich allein nicht ―wie vom FG angenommen― den Ansatz der Kostenmiete. Zur Frage, ob und inwieweit das Zweifamilienhaus in den Streitjahren darüber hinaus besonders ausgestaltet und aus diesem Grunde die Kostenmiete anzusetzen ist, hat das FG entsprechend seiner Rechtsansicht keine Feststellungen getroffen. Die Größe der auf die selbstgenutzte Wohnung entfallenden Wohnfläche ist ―für sich allein― im Streitfall kein geeignetes Kriterium. Sie beträgt nach den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) weniger als 250 qm. Soweit das FA im Revisionsverfahren geltend macht, aufgrund der Erkenntnisse in einem späteren Veranlagungszeitraum gehe es davon aus, dass die privatgenutzte Wohnfläche in den Streitjahren mehr als 250 qm betragen habe, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 592177

BFH/NV 2001, 1017

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