Leitsatz (amtlich)

1. Werden im Zuge der im Laufe eines Jahres beschlossenen Umwandlung einer KG in eine GmbH (§§ 46 ff. UmwG 1969) die Gesellschafter der GmbH mit einer Einlage zugleich als stille Gesellschafter an der GmbH beteiligt, so dürfen die stillen Gesellschafter nicht deshalb für eine zurückliegende Zeit am Gewinn der GmbH beteiligt werden, weil gemäß § 17 Abs. 7 UmwStG 1969 auf Antrag die Einkommensermittlung der GmbH auf einen vor ihrer Errichtung liegenden Umwandlungsstichtag zurückbezogen wird. In einer abweichenden Handhabung liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung.

2. Der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung ist erfüllt, wenn nach der Umwandlung (Leitsatz Nr. 1) eine Tochtergesellschaft der KG aus der Zeit vor dem Umwandlungsstichtag Gewinne an die GmbH ausschüttet und die stillen Gesellschafter an dieser Gewinnausschüttung mit der Begründung beteiligt werden, sie hätten als frühere Mitunternehmer die ausgeschütteten Gewinne der Tochtergesellschaft erwirtschaftet.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2; UmwG 1969 § 46 ff.; UmwStG 1969 § 17

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Anteile am Gewinn der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, die stillen Gesellschaftern eingeräumt wurden, zu verdeckten Gewinnausschüttungen geführt haben.

Die Klägerin ist aus der Umwandlung einer KG gemäß §§ 46 ff. des Umwandlungsgesetzes vom 6. November 1969 - UmwG 1969 - (BGBl I, 2081) hervorgegangen. An dieser KG waren die Geschwister H. H., B. H. und B. Sch. seit 6. Dezember 1971 mit einem festen Kapitalanteil von je 2 400 000 DM beteiligt. H. H. war Komplementär, B. H. und B. Sch. waren Kommanditisten.

Nach dem Vortrag der Klägerin wurde über die Umgestaltung der Gesellschaftsverhältnisse der KG seit Jahren diskutiert. So sollen die Gesellschafter bereits am 17. Dezember 1971 mündlich übereingekommen sein, zum Stichtag 31. Dezember 1971 die KG in eine GmbH umzuwandeln und im Zuge dieser Umwandlung den Gesellschaftern stille Beteiligungen einzuräumen. Anläßlich dieser mündlichen Besprechung wurde ein Notar beauftragt zu klären, ob der Eintragung der in Aussicht genommenen GmbH Schwierigkeiten entgegenstünden. Er sollte Vertragsentwürfe vorbereiten. In einer weiteren Besprechung vom 2. Februar 1972 wurden die vom Notar vorgelegten Vertragsentwürfe erörtert. In dem Jahresabschluß der KG zum 31. Dezember 1971 sind als Kapitalkonten der Gesellschafter lediglich noch jeweils Beträge von 1 600 000 DM und Einlagen von den Geschwistern als stillen Gesellschaftern von jeweils 800 000 DM ausgewiesen.

Am 8. Mai 1972 unterzeichneten die Gesellschafter Urkunden über (a) den Beschluß zur Umwandlung der KG in eine GmbH (die Klägerin), (b) den Gesellschaftsvertrag der GmbH, (c) eine Vereinbarung der Gesellschafter der KG über die Gründung stiller Gesellschaften und (d) die Regelung der Rechtsverhältnisse der stillen Gesellschafter. Nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH (b) sollten die Stammeinlagen durch Übertragung des Vermögens der KG (Reinvermögen) 4 800 000 DM geleistet werden. Von diesem Reinvermögen sollten auf die Gesellschafter je 1 600 000 DM entfallen. In der Vereinbarung (c) wurden die Kapitalanteile der Gesellschafter an der KG mit je 2 400 000 DM angegeben. Ziff. II der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:

"Mit Wirkung vom 31. Dezember 1971 wandeln die Gesellschafter je einen Teilbetrag von DM 800 000 ihres Kapitalanteils in eine stille Beteiligung um. ...

Für jedes stille Gesellschaftsverhältnis gilt der dieser Vereinbarung als Anlage beigefügte Gesellschaftsvertrag, der hiermit festgestellt wird, und zwar in der Fassung, die sich nach der Umwandlung der Gesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ergibt. ..."

In der Urkunde (d) wurde in § 1 zunächst festgelegt, daß an der GmbH die Gesellschafter H. H., B. H. und B. Sch. mit je 800 000 DM als stille Gesellschafter beteiligt sind. § 4 regelt die Gewinn- und Verlustverteilung wie folgt:

"An dem Jahresergebnis (Gewinn oder Verlust) des Unternehmens, das sich vor Verrechnung der Körperschaftsteuer und der Ergebnisanteile, die auf die Einlagen aller stillen Gesellschafter entfallen, sowie vor Rücklagenzuführungen und -entnahmen ergibt, ist jeder stille Gesellschafter wie folgt beteiligt:

1. Zunächst erhält der stille Gesellschafter einen Anteil in Höhe von 6 % seiner Einlage.

2. Von dem verbleibenden Ergebnis sind 6 % des bilanzmäßigen Eigenkapitals des Unternehmens am Gewinn des Geschäftsjahres ... abzusetzen.

3. Vom restlichen Ergebnis entfällt auf den stillen Gesellschafter für je volle DM 1 000 seiner Einlage 1/160 %. ..."

Die GmbH wurde am 29. Juni 1972 im Handelsregister eingetragen.

In der Eröffnungsbilanz der GmbH auf den 1. Januar 1972 sind die von der KG übernommenen Wirtschaftsgüter mit den Buchwerten eingesetzt, die Einlagen der stillen Gesellschafter als Passivposten ausgewiesen.

Die KG hatte 94,5 v. H. der Anteile an einer GmbH (T-GmbH) gehalten, die aufgrund eines Beschlusses vom 20. Juni 1972 für 1971 neben der in früheren Gewinnjahren üblichen Dividende von 40 v. H. mit Rücksicht auf Dividendenausfälle in den Vorjahren einen Sonderbonus von 40 v. H., insgesamt also 80 v. H. ihres Stammkapitals, ausschüttete. Unter Berücksichtigung dieser Ausschüttung hatte die Klägerin 1972 einen Jahresgewinn von 8 212 110 DM. Ausgehend von der verabredeten Gewinnverteilung für die stillen Gesellschafter erhielten diese auf ihre Beteiligung von je 800 000 DM 1972 einen Gewinnanteil von je 437 005,50 DM. Dieser Betrag, der auch die anteilige Dividende an der Ausschüttung der Tochtergesellschaft der KG umfaßte, wurde den Darlehenskonten der stillen Gesellschafter für das Jahr 1972 gutgeschrieben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte bei der erstmaligen Veranlagung der Klägerin für 1972 im Anschluß an eine Betriebsprüfung von dem Gesamtbetrag in Höhe von 1 311 016,50 DM - Grundlage war die Bilanz der GmbH für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1972 - einen Anteil in Höhe von 951 016,50 DM als verdeckte Gewinnausschüttung, da eine Verzinsung von 15 v. H. auf die Einlage die Obergrenze angemessener Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafter darstelle.

Auf den Einspruch der Klägerin änderte das FA den Körperschaftsteuerbescheid. Das FA erstellte zur Feststellung des Werts der GmbH eine Kapitalbeitragsrechnung. In der Einspruchsentscheidung ging das FA davon aus, daß die stillen Gesellschafter so zu behandeln seien, als hätten sie sich mit einer Bareinlage von je 800 000 DM an einer bestehenden GmbH beteiligt. Der Kapitalbeitrag der stillen Gesellschafter betrage 8,42 v. H. Die Grenze von 15 v. H., die der Bundesfinanzhof (BFH) für Familiengesellschaften aufstelle, sei danach nicht überschritten. Für das Streitjahr 1972 müsse aber berücksichtigt werden, daß die T-GmbH der KG für deren vorangehendes Wirtschaftsjahr neben der in Gewinnjahren üblichen Dividende und dem ebenfalls üblichen Investitionsbonus einen Sonderbonus von 40 v. H. ausgeschüttet habe. Bei Begründung stiller Beteiligungen mit Dritten wären die stillen Gesellschafter an der Sonderzuwendung nicht beteiligt worden. Darin, daß dies hier geschehen sei, liege eine verdeckte Gewinnausschüttung. Diese setzte das FA von 951 016 DM auf 810 522 DM herab. Die den stillen Gesellschaftern zuerkannten Anteile betrugen insgesamt 500 494 DM.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war im Ergebnis der Auffassung, daß die Klägerin durch Absprachen ihrer Rechtsvorgängerin, der KG, über stille Beteiligungen nicht gebunden gewesen sei. Von vornherein sei es nur um stille Beteiligungen an der Klägerin gegangen. Deshalb müßten die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung zur Anwendung kommen. Es sei kein kaufmännisch anzuerkennendes Motiv dafür sichtbar, die stillen Gesellschafter an der bereits absehbaren, wenn auch nicht förmlich beschlossenen 80 %igen das Jahr 1971 betreffenden Ausschüttung der T-GmbH zu beteiligen. Das gelte auch für den laufenden Gewinn der GmbH bis zum Eintritt der stillen Gesellschafter. Im einzelnen stellte das FG folgende Rechnung an:

Gesamtgewinn 8 212 110 DM

abzüglich Ausschüttung T-GmbH 4 635 000 DM

3 577 110 DM

abzüglich Gewinnanteil

Kapitalverzinsung der Klägerin

(6 v. H. von 4,8 Mio. DM =) 288 000 DM

3 289 110 DM

davon 129/366 1 159 280 DM

zur Verteilung für den Zeitraum

der stillen Beteiligungen an der Klägerin

zur Verfügung stehendes Volumen 2 129 830 DM

abzüglich Verzinsung stiller Einlagen

(3 x 48 000 DM =) 144 000 DM

1 985 830 DM

zur Errechnung der weiteren Gewinnanteile

der stillen Gesellschafter maßgeblicher Betrag

(5 v. H. für den einzelnen stillen Gesellschafter) 99 292 DM

Hieraus errechnete das FG einen Gewinnanteil der stillen Gesellschafter nach der getroffenen Gewinnverteilungsabrede in Höhe von (99 292 DM + 48 000 DM =) 147 292 DM für jeden Gesellschafter. Für die drei stillen Gesellschafter entsprach dies insgesamt einem Betrag von 441 876 DM. Da das FA in seiner Einspruchsentscheidung als angemessene Gewinnanteile der stillen Gesellschafter einen Betrag von insgesamt 500 494 DM errechnet und zugebilligt habe, könne dieser Betrag aus Gründen der Verböserung nicht herabgesetzt werden.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid in der Form der Einspruchsentscheidung dahin abzuändern, daß die Körperschaftsteuer für 1972 auf 662 428 DM festgesetzt wird. Dabei geht die Klägerin davon aus, daß die stillen Gesellschafter sowohl an der Ausschüttung der T-GmbH wie auch am übrigen laufenden Gewinn der GmbH ab 1. Januar 1972 beteiligt gewesen seien.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen (BMF) hat sich gegen die Beteiligung der stillen Gesellschafter an der Dividende der T-GmbH ausgesprochen. Er hat keinen förmlichen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Die von der Klägerin vorgebrachten Verfahrensrügen greifen nicht durch.

1. Die Rüge, das FG hätte prüfen müssen, ob der Dividendenanspruch der KG gegen die T-GmbH bereits von der KG zu aktivieren gewesen wäre, ist keine Verfahrensrüge, sondern eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Die Klägerin beanstandet insoweit, das FG habe die Bedeutung der Aktivierungsfrage verkannt.

2. Die weitere Rüge, das FG habe dem Antrag der Klägerin auf Einvernahme der Zeugen Sch., L. und I. zu Unrecht nicht entsprochen, geht fehl. Das FG hat die angebotenen Beweise im Ergebnis deshalb zu Recht nicht erhoben, weil es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen für die Entscheidung des FG nicht angekommen ist. Die Klägerin hat erstmals im Schriftsatz vom 11. Februar 1976 - veranlaßt durch eine vorausgegangene Stellungnahme des FA - vorgetragen, schon am 17. Dezember 1971 sei vereinbart worden, daß die KG in eine GmbH umgewandelt werde und im Rahmen dieser Umwandlung den Gesellschaftern stille Beteiligungen eingeräumt werden sollten. Notar I. sei damals beauftragt worden, beim Registergericht zu klären, ob der Eintragung im Handelsregister der in Aussicht genommenen GmbH Schwierigkeiten entgegenstünden. Ferner habe er "Vertragsentwürfe" vorbereiten sollen. Die Klägerin hat wörtlich ausgeführt: "Damit ist die Grundentscheidung gefallen." In einer weiteren Besprechung vom 2. Februar 1972 seien Einzelheiten der inzwischen von Notar I. vorgelegten Vertragsentwürfe erörtert worden.

Die Klägerin hat danach zu keinem Zeitpunkt behauptet, daß in der Besprechung vom 17. Dezember 1971 der wesentliche Inhalt der Vereinbarungen über die stillen Gesellschaften - insbesondere die Höhe der Einlagen und die Gewinnverteilung - vereinbart worden sei. Nach ihrem Vortrag wäre eine solche Behauptung auch nicht folgerichtig gewesen, wenn am 17. Dezember 1971 der Notar I. erst mit der Ausarbeitung der Verträge beauftragt worden ist. Im Kern hat das FG dies - wenn auch nicht mit der gebotenen Deutlichkeit - zum Ausdruck gebracht.

3. Soweit die Klägerin weitere Verfahrensrügen geltend gemacht hat, sind diese unbegründet. Der Senat sieht insoweit von einer Begründung ab (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 - BFH-EntlG -, BGBl I, 1861, BStBl I, 932, i. d. F. des Gesetzes vom 4. August 1980, BGBl I, 1147, BStBl I, 462).

II.

Die Beteiligung der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH am Handelsgeschäft der Kapitalgesellschaft als stille Gesellschafter ist gesellschaftsrechtlich möglich und auch steuerrechtlich anzuerkennen. Die Vereinbarung unangemessen hoher Gewinnanteile der stillen Gesellschafter kann zu verdeckten Gewinnausschüttungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG -) führen (BFH-Urteil vom 6. Februar 1980 I R 50/76, BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477). Dies trifft im Streitfall in zweifacher Hinsicht zu.

A.

Die Klägerin ist durch Umwandlung einer Personengesellschaft nach §§ 46 ff. UmwG 1969 entstanden. Die Umwandlung ist mit der Eintragung der Klägerin in das Handelsregister (29. Juni 1972) wirksam geworden. Mit der Eintragung ist das Vermögen der KG einschließlich der Verbindlichkeiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergegangen. Die KG war damit aufgelöst (§ 49 Abs. 2 UmwG 1969). Während der Zeit zwischen der Errichtung der GmbH (8. Mai 1972) und ihrer Eintragung in das Handelsregister hat eine Gründungsgesellschaft - Vorgesellschaft - bestanden (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 1981 I R 157/77, BFHE 134, 404, BStBl II 1982, 362).

B.

Die Gesellschafter haben die Stammeinlagen durch Übertragung des Vermögens der KG erbracht (s. Vertrag über die Errichtung einer GmbH vom 8. Mai 1972). Werden Sacheinlagen in dieser Weise geleistet, so gilt auf Antrag als Zeitpunkt der Sacheinlagen der Stichtag, für den die Umwandlungsbilanz aufgestellt ist (§ 17 Abs. 7 Satz 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform vom 14. August 1969 - UmwStG 1969 -, BGBl I, 1163).

Es ist davon auszugehen, daß der gesetzlich vorgesehene Antrag im Streitfall - mindestens durch schlüssiges Verhalten - gestellt worden ist. Nach dem zeitlichen Ablauf der Umwandlung (Eintragung bereits am 29. Juni 1972) liegen die in § 17 Abs. 7 Satz 2 UmwStG 1969 geforderten zeitlichen Voraussetzungen (Stichtag darf nicht länger als sechs Monate vor der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses zur Eintragung in das Handelsregister liegen) vor. Stichtag der Umwandlungsbilanz war der 31. Dezember 1971. Beide Beteiligte gehen vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 7 UmwStG 1969 aus.

C.

Das Einkommen der Klägerin ist in diesem Fall so zu ermitteln, als ob der Betrieb mit Ablauf des Umwandlungsstichtages - also mit Ablauf des 31. Dezember 1971 - in die Kapitalgesellschaft eingebracht worden wäre (§ 17 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 1969). Da deshalb die körperschaftsteuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften ab 1. Januar 1972 angewandt werden müssen, sind auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen.

Die Rückbeziehung auf den Ablauf des 31. Dezember 1971 bedeutet, daß alle Geschäftsvorfälle, die zwischen dem Umwandlungsstichtag und dem Tag der Errichtung der Kapitalgesellschaft angefallen sind, als Geschäftsvorfälle der aufnehmenden Kapitalgesellschaft - hier also der Klägerin - gelten (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 17 UmwStG 1969, Rdnrn. 97 bis 98, Ergänzungslieferung 94; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 1. Aufl., § 17 UmwStG, Rdnr. 3973; vgl. Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, zu den gleichlautenden Vorschriften des § 20 UmwStG 1977, Rdnr. 69). Daraus folgt, daß die den fraglichen Zeitraum der Rückbeziehung betreffenden Geschäftsvorfälle daraufhin zu prüfen sind, ob sie zu verdeckten Gewinnausschüttungen geführt haben. Bei Prüfung der Frage, ob und inwieweit im Zusammenhang mit der Umwandlung im Streitfall verdeckte Gewinnausschüttungen in Betracht kommen, sind die am 8. Mai 1972 getroffenen Vereinbarungen als ein in sich zusammenhängendes Vertragswerk anzusehen mit der Folge, daß die Einlagen der stillen Gesellschafter im Zeipunkt der Beendigung der KG von den Kapitalkonten der Mitunternehmer abgespalten worden sind, was einer Entnahme und Wiedereinlage gleichkommt, und daß sich die stillen Beteiligungen steuerlich erst bei der GmbH auswirken sollten. Insoweit stimmt der erkennende Senat mit der Betrachtungsweise der Klägerin überein.

1. Verdeckte Gewinnausschüttungen für die Zeit vom 1. Januar bis 7. Mai 1972

Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die stillen Gesellschafter für die Zeit vom 1. Januar bis 7. Mai 1972 nicht am laufenden Gewinn der GmbH für das Jahr 1972 teilhaben durften.

Einkommensteuerrechtlich stehen Einkünfte aus einer stillen Beteiligung demjenigen zu, dem sie zivilrechtlich gebühren (BFH-Urteil vom 9. März 1982 VIII R 160/81, BFHE 136, 72, BStBl II 1982, 540; BFH-Beschluß vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272).

a) Ebenso wie ausgeschiedenen Gesellschaftern noch der Gewinn zusteht, der während ihrer Gesellschaftszugehörigkeit entstanden ist, aber später ausgeschüttet wurde, haben neu eintretende Gesellschafter im Grundsatz nur Anspruch auf den Gewinn, der während ihrer Besitzzeit erwirtschaftet wurde. Dies folgt aus § 101 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - (vgl. Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 17. Oktober 1907 IV 104/07, Gruchot, Bd. 52, 1093, 1095; BFH-Urteil vom 30. Oktober 1973 I R 67/72, BFHE 111, 72, BStBl II 1974, 234; Kregel im Kommentar der Reichsgerichtsräte zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., 1982, Rdnrn. 10, 11 zu § 101 BGB; Dilcher in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., 1980, § 101 Rdnr. 4).

Dieser Grundsatz gilt nur, "sofern nicht ein anderes bestimmt ist" (§ 101 Satz 1 BGB). Im Streitfall haben die vertragschließenden Parteien die stillen Gesellschaften auf den 31. Dezember 1971 zurückbezogen. Darin liegen jedoch verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG).

Das Wesen der verdeckten Gewinnausschüttung (ihr Kern) besteht darin, daß den Gesellschaftern oder ihnen nahestehenden Personen von der Gesellschaft Gewinn in der Form zugeführt wird, in der er nicht als Gewinn erscheint, sondern unter anderen Bezeichnungen verborgen ist (Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 9. Juli 1935 I A 37/34, RStBl 1935, 1128; BFH-Urteil vom 30. Juli 1975 I R 110/72, BFHE 117, 36, BStBl II 1976, 74). Entscheidend ist, ob Leistungen an den Gesellschafter aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis (societatis causa) gewährt werden. Da die Verträge über die stillen Beteiligungen gerade und nur im Hinblick auf ihre Auswirkungen bei der Einkommensermittlung der GmbH abgeschlossen worden sind, müssen die den stillen Gesellschaftern zugebilligten Gewinnanteile daraufhin überprüft werden, ob sie in einem angemessenen Verhältnis stehen zu dem Gewinn, der der GmbH nach Abzug der den stillen Gesellschaftern zukommenden Gewinnanteile verbleibt. Die Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters kommt in solchen Fällen nicht zum Zuge; sie bezieht sich in erster Linie auf Geschäfte einer bereits tätigen Kapitalgesellschaft, die auch mit dritten Personen (Nichtgesellschaftern) abgeschlossen sein könnten. Bei Rechtsgeschäften im Zusammenhang mit der Gründung der Kapitalgesellschaft beschränkt sich die Frage der verdeckten Gewinnausschüttung auf eine Angemessenheitsprüfung unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Veranlassung.

Im Streitfall ist das Betriebsvermögen der KG (Aktiva und Passiva) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die GmbH übergegangen. Berücksichtigt man demgegenüber, daß die stillen Beteiligungen erst am 8. Mai 1972 begründet worden sind, so besteht keine Veranlassung, die stillen Gesellschafter am laufenden Gewinn der GmbH für die Zeit vom 1. Januar bis 7. Mai 1972 zu beteiligen und dadurch die Möglichkeit zu eröffnen, daß sich die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter insoweit ergebnismindernd auswirken und die vom Gesetzgeber gewollte Doppelbesteuerung des Gewinns einmal bei der GmbH und zum anderen bei den Gesellschaftern vermieden wird.

b) Die Rückbeziehung der stillen Beteiligungen auf den 31. Dezember 1971 kann auch nicht aus § 17 Abs. 7 UmwStG 1969 hergeleitet werden. Diese Vorschrift bestimmt nur, daß das Einkommen des Einbringenden und des Aufnehmenden so zu ermitteln ist, als ob der Betrieb (der KG) mit Ablauf des Umwandlungsstichtages (hier 31. Dezember 1971) in die Kapitalgesellschaft eingebracht worden wäre. Danach spricht schon der Wortlaut der Vorschrift dagegen, im Laufe des Jahres eingetretene Geschäftsvorfälle, wie etwa die Beteiligung eines stillen Gesellschafters, auf den Umwandlungsstichtag zurückzubeziehen. Auch der Sinn der Vorschrift gibt hierzu keine Handhabe. Die Vorschrift des § 17 Abs. 7 UmwStG 1969 dient nur der Vereinfachung. Da auch handelsrechtlich in gewissen zeitlichen Grenzen ein zurückliegender Umwandlungsstichtag gewählt werden darf, soll dies auch steuerrechtlich gelten, damit nicht für steuerliche Zwecke erneut Bilanzen erstellt werden müssen (vgl. BFHE 134, 404, BStBl II 1982, 362, mit weiteren Hinweisen auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift).

2. Teilhabe der stillen Gesellschafter an der Dividendenausschüttung der T-GmbH

In der Zuweisung von Gewinnanteilen an die stillen Gesellschafter aus der von der T-GmbH im Jahre 1972 ausgeschütteten gesamten Dividende des Jahres 1971 liegen gleichfalls verdeckte Gewinnausschüttungen. Der erkennende Senat tritt auch insoweit im Ergebnis dem FG bei.

a) Die Klägerin will die Frage, ob in der strittigen Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen zu erblicken sind, danach beurteilt wissen, ob eine fremde GmbH den Geschäftsbetrieb zu den gleichen Bedingungen, also belastet mit den bereits von der KG begründeten stillen Beteiligungen, erworben hätte. Die Klägerin meint, dies sei zu bejahen, weil die GmbH durch ihre Beteiligung an der Dividende der T-GmbH begünstigt worden sei.

Diese Betrachtungsweise ist schon im Denkansatz verfehlt. Sie wird dem Sinn des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht gerecht. Der Einwand der Klägerin, daß die stillen Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Mitunternehmer die Dividende der T-GmbH des Jahres 1971 selbst mitverdient hätten, geht fehl. Denn der Betrieb der KG, der von den Mitunternehmern unterhalten wurde, ging im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin über, die damit auch den Anspruch auf die Dividende der T-GmbH für das Jahr 1971 miterworben hat. Die teilweise Umwandlung der Kapitalkonten, die den Mitunternehmern der KG zugestanden haben, in Einlagen stiller Gesellschaften kann - wie bereits dargelegt - nicht anders gewertet werden, als wenn die Gesellschafter bei der KG in Höhe ihrer Einlage Geld entnommen und dieses sogleich wieder als stille Gesellschafter in die KG eingelegt hätten. Insoweit stehen die stillen Gesellschafter nicht anders als fremde Dritte, die - nach dem eigenen Vortrag der Klägerin - nicht an der Dividende der T-GmbH beteiligt worden wären.

b) Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, daß die KG möglicherweise die Dividende gegen die T-GmbH bereits in ihrer Schlußbilanz am 31. Dezember 1971 handelsrechtlich hätte mindestens aktivieren dürfen und damit steuerrechtlich hätte aktivieren müssen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 3. November 1975 II ZR 67/73, BGHZ 65, 230; BFH-Urteile vom 2. April 1980 I R 75/76, BFHE 131, 96, BStBl II 1980, 702, und vom 3. Dezember 1980 I R 125/77, BFHE 132, 80, BStBl II 1981, 184).

Hätte die KG den Gewinnanspruch aktiviert, so wäre bereits in ihrem Bereich in Höhe der aktivierten Forderung der Gewinn erhöht und diese Erhöhung dem Eigenkapital der Mitunternehmer zugeordnet worden. Gleichwohl hat das FG dem Einwand der Klägerin, daß die KG schon am 31. Dezember 1971 den Dividendenanspruch gegenüber der T-GmbH hätte aktivieren müssen, im Ergebnis zu Recht keine Bedeutung beigemessen. Tatsache ist, daß die KG in ihrer Schlußbilanz auf den 31. Dezember 1971 den Gewinnanspruch nicht aktiviert hat. Dann darf er - wie geschehen - auch nicht in die Eröffnungsbilanz der GmbH auf den 1. Januar 1972 eingestellt werden. Dem Recht, das Betriebsvermögen der KG - wie hier geschehen - mit Buchwerten in die GmbH einzubringen (§ 17 Abs. 2 UmwStG 1969), liegt der Gedanke zugrunde, daß die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt bleibt. Dieser Zweck bedingt, daß bei Einbringung des Betriebsvermögens in die GmbH zu Buchwerten in die Eröffnungsbilanz der GmbH keine Bilanzansätze eingestellt werden dürfen, die in der Schlußbilanz der KG nicht angesetzt waren. Eine einseitige Berichtigung der Eröffnungsbilanz der GmbH durch Aktivierung des Dividendenanspruchs würde zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Besteuerungslücke führen. Der Senat hat nicht zu prüfen, ob die KG ihre Schlußbilanz mit der möglichen Folge berichtigen kann, daß diese Berichtigung auch auf die Eröffnungsbilanz der Klägerin durchschlüge. Entscheidend ist, daß die KG ihre Schlußbilanz nicht berichtigt hat.

Bei dieser rechtlichen Beurteilung ergibt sich, daß der um die Ausschüttung der Dividende der T-GmbH erhöhte Gewinn der Klägerin für das Jahr 1972 nicht durch Zahlungen oder Zahlungsverpflichtungen an die stillen Gesellschafter gemindert werden darf.

3. Nach der im Ergebnis zutreffenden Beurteilung des FG entfällt auf jeden stillen Gesellschafter ein Anteil von 147 292 DM, auf die drei stillen Gesellschafter mithin ein Betrag von 441 876 DM. Dieser liegt unter demjenigen, den das FA bei seiner Einspruchsentscheidung den stillen Gesellschaftern zuerkannt hat (500 494 DM). Wegen des Verböserungsverbots muß es bei den vom FA zugebilligten Gewinnanteilen verbleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74957

BStBl II 1984, 384

BFHE 1984, 221

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge