Leitsatz (amtlich)

Auch vor Inkrafttreten der Ausfuhr-Währungsausgleichs-Verordnung vom 8. Dezember 1980 waren zu Unrecht empfangene und daher zurückzuzahlende Währungsgleichsbeträge vom Zeitpunkt des Empfangs an zu verzinsen.

 

Normenkette

VO AusfErst EWG 1974 § 16 Abs. 3; Ausfuhr-Währungsausgleichs-Verordnung § 11 Abs. 2; MOG §§ 9, 12; BGB § 818 Abs. 1; VwVfG § 48 Abs. 2 S. 6

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt – HZA –) forderte mit Bescheid vom 26. Mai 1975 von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) Währungsausgleichsbeträge (WAB) in Höhe von 370 945,31 DM zurück, die er der Klägerin von 1973 bis 1975 für Ausfuhren nach Italien gewährt hatte. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 28. Juli 1976, geändert am 29. September und 2. November 1976, forderte das HZA von der Klägerin für die zu Unrecht gezahlten WAB vom Tage des Empfangs an Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, insgesamt 52 947,35 DM. Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrte die Klägerin, diese Zinsforderung aufzuheben.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin folgendes geltend:

Es gehe kein Gewohnheitsrecht dahin gehend, daß öffentlich-rechtliche Schulden grundsätzlich zu verzinsen seien. Das ergebe sich aus der einschlägigen Rechtsprechung des BVerwG (Urteile vom 7. Juni 1958 V C 272.57, BVerwGE 7, 95; vom 14. Februar 1962 V C 11 u. 16.61, BVerwGE 14, 1, 3; vom 26. März 1965 IV C 123.63, BVerwGE 21, 44; vom 21. April 1971 V C 45.69, BVerwGE 38, 49, 50). Der erkennende Senat sei in seinem Beschluß vom 22. November 1979 VII B 29/78 zum Ergebnis gekommen, es erscheine ernstlich zweifelhaft, ob der Zinsanspruch auf ein entsprechendes Gewohnheitsrecht gegründet werden könne.

Eine Zinspflicht könne aber auch nicht mit dem dem § 818 Abs. 1 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken begründet werden. Der Anwendung dieses Rechtsgedankens stünden insbesondere § 12 MOG, aber auch § 4 StSäumG und § 233 AO 1977 entgegen. Nach Inkrafttreten des MOG könnten bei der Rückforderung von Vergünstigungen, auf die das MOG anzuwenden sei, Zinsen nur dann verlangt werden, wenn dies wenigstens in einer auf § 12 MOG gestützten Rechtsverordnung vorgeschrieben sei. Aus § 12 MOG ergebe sich eine Ermächtigung an den Verordnungsgeber, „daß” Zinsen bis zu einer gewissen Höchstgrenze erhoben werden dürften. Daraus folge andererseits, daß Zinsen ohne entsprechende Rechtsverordnung eben nicht erhoben werden dürften.

Das BVerwG habe in seinem Urteil vom 17. Februar 1971 IV C 17.69 (BVerwGE 37, 239, 241) den in § 4 StSäumG aufgestellten Grundsatz analog auch auf andere öffentliche Abgaben – wie Erschließungsbeiträge – angewandt. § 4 StSäumG sei inzwischen ersetzt durch § 233 AO 1977. Bei Streitigkeiten wegen zu gewährender WAB handle es sich um Abgabenangelegenheiten i. S. des § 33 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO – (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. November 1976 VII R 90/73, BFHE 121, 234). Es liege daher nahe, den in § 4 StSäumG und in § 233 AO 1977 zum Ausdruck gekommenen Grundsatz, daß Ansprüche in Abgabenangelegenheiten grundsätzlich unverzinslich sein sollten, auch bei der Auslegung des § 12 MOG heranzuziehen. Für diese Auslegung spreche auch der sich aus Art. 20 des Grundgesetzes (GG) ergebende Vorbehalt des formellen Gesetzes, dessen Verwirklichung wohl § 12 MOG habe dienen sollen und der Grundsatz der Rechtssicherheit, den der Gesetzgeber des MOG bei der Abfassung des § 12 offenbar im Auge gehabt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Klägerin verpflichtet ist, durch den angefochtenen Bescheid angeforderten Zinsen zu zahlen.

Im für den vorliegenden Fall maßgebenden Zeitpunkt (1973 bis 1975) gab es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Verzinsung von zu Unrecht empfangenen und zurückzuzahlenden WAB. Diese wurde aufgrund der Ermächtigungen des MOG erst durch § 11 Abs. 2 der Verordnung über die Gewährung von Währungsausgleichsbeträgen bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse vom 9. Dezember 1980 – Ausfuhr-Währungsausgleichs-Verordnung – (BGBl I, 2242) geschaffen. Den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Regelungen über die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist jedoch zu entnehmen, daß insoweit eine Gesetzeslücke, eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes besteht (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Aufl., S. 358), die im Wege der Analogie auszufüllen ist.

1. Die damaligen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen für die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen enthalten keine Vorschriften über eine Verzinsungspflicht zurückzuzahlender Ausfuhrerstattungen oder WAB. Sie überließen vielmehr, wie das FG zu recht entschieden hat, die etwaige Regelung dieser Frage dem nationalen Gesetzgeber. Dieser hat sich dieser Frage zuerst 1966 angenommen, allerdings nur für einen Teilbereich. § 8 Abs. 2 der Verordnung über Erstattungen bei der Ausfuhr von Waren der Verordnung Nr. 14/64/EWG (Rindfleisch) des Rates der EWG vom 4. Oktober 1966 – ErstVORindfl – (Bundesanzeiger – BANZ – Nr. 190 vom 8. Oktober 1966, Bundeszollblatt – BZBl – 1966, 718) sah vor, daß zurückzuzahlende Ausfuhrerstattungsbeträge vom Zeitpunkt des Empfangs an mit 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen sind. Die gleiche Regelung fand im Dezember 1966 Eingang in § 8 Abs. 3 der Verordnung über Erstattungen bei der Ausfuhr von Milcherzeugnissen vom 11. Dezember 1964 (vgl. Achte Verordnung zur Änderung der Verordnung über Erstattungen bei der Ausfuhr von Milcherzeugnissen vom 20. Dezember 1966, BAnz Nr. 241 vom 24. Dezember 1966, BZBl 1967, 142). Sie findet sich ferner in § 9 Abs. 3 der Erstattungsverordnung Getreide, Schweinefleisch, Eier, Geflügelfleisch und Fette vom 26. Juli 1967 – ErstVOGSEGF – (BAnz Nr. 139 vom 28. Juli 1967, BZBl 1967, 1006). Schließlich fand sie Eingang in § 14 der Verordnung Ausfuhrerstattungen EWG vom 24. Januar 1968 – VO AusfErst EWG 1968 – (BAnz Nr. 18 vom 26. Januar 1968, BZBl 1968, 917) sowie in deren Nachfolgeverordnungen, nämlich in § 16 Abs. 3 der Verordnung Ausfuhrerstattung EWG vom 16. Dezember 1974 – VO AusfErst EWG 1974 – (BGBl I, 3555, BZBl 1974, 1182) und in § 20 Abs. 2 der Verordnung Ausfuhrerstattung EWG vom 19. März 1980 – VO AusfErst EWG 1980 – (BGBl I, 323, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung – VSF – M 3560). Der Gesetzgeber hat schließlich in § 12 MOG die Frage der Verzinsungspflicht aufgegriffen und dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) die Ermächtigung erteilt, eine Verzinsungspflicht bei der Rückforderung zu Unrecht gewährter „Vergünstigungen” anzuordnen. Im Gegensatz zu den zuvor zitierten Bestimmungen gilt diese Verordnungsermächtigung nicht nur hinsichtlich der Ausfuhrerstattungen im engeren Sinne sondern auch für sonstige Vergünstigungen zu Marktordnungszwecken (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 16, § 9 MOG), also auch hinsichtlich der bei der Ausfuhr gewährten WAB.

Aus diesen Bestimmungen läßt sich unschwer ein im Gesetz – d. h. in der Gesamtheit der verstreuten Bestimmungen über die Regelung der Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen – angelegtes Prinzip folgenden Inhalts entnehmen: Wer bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte Vergünstigungen zu Unrecht erhalten hat und diese daher zurückzahlen muß, hat auch die in der Zwischenzeit aus den erhaltenen Beträgen gezogenen Nutzungen herauszugeben. Das Fehlen einer besonderen Regelung hinsichtlich der WAB kann nur als eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelungen angesehen werden. Zwar bezogen sich die im Vorabsatz genannten Bestimmungen – von § 12 MOG und der aufgrund dieser Ermächtigung erlassenen Ausfuhr-Währungsausgleichs-Verordnung abgesehen – nur auf Ausfuhrerstattungen im engeren Sinne und nicht auf WAB. Zwischen der Gewährung von WAB und der von Ausfuhrerstattungen besteht aber ein enger Zusammenhang (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. November 1976 VII R 90/73, BFHE, 121, 234, 237). Gewährung von WAB ist Teil eines Systems von Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der Marktorganisationen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27. Juni 1978 VII R 68/77, BFHE 125, 321, 325).

Es gibt keinen plausiblen Grund, die WAB unter dem Gesichtspunkt des Nutzungsausgleichs bei zu Unrecht empfangenen Beträgen anders zu behandeln als die Ausfuhrerstattungen im engeren Sinn. Daß der Gesetzgeber den Nutzungsausgleich zunächst nur für diese und nicht auch für die WAB geregelt hat, findet seine Erklärung darin daß das System der WAB erst als Folge der Währungswirren im Jahre 1971 eingeführt (vgl. Verordnung (EWG) Nr. 974/71 – VO Nr. 974/71 – des Rates vom 12. Mai 1971, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – L 106/1 vom 12. Mai 1971) und zumindest zu Anfang stets damit gerechnet worden ist, man könne bald auf diesen den Binnenhandel innerhalb des gemeinsamen Marktes erschwerende Instrument wieder verzichten. Die Vorschriften über die Verzinsungspflicht bei der Zurückzahlung von zu Unrecht empfangenen Ausfuhrerstattungen sind daher analog auf den entsprechenden Fall bei den WAB anzuwenden.

Es kann im vorliegenden Fall unentschieden bleiben, ob daraus der Schluß zu ziehen ist, daß es auf die Feststellung der Höhe der tatsächlich gezogenen Nutzungen nicht ankommt (bei entsprechender Anwendung des § 818 Abs. 1 BGB wäre darauf abzustellen), sondern in analoger Anwendung der genannten, für die Ausfuhrerstattung geltenden Vorschriften davon auszugehen ist, daß die zurückzuzahlenden Beträge ohne weitere Ermittlungen vom Zeitpunkt des Empfangs an mit 2 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, bei Verzug vom Tage des Verzugs an mit 3 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, zu verzinsen sind (vgl. § 16 Abs. 3 VO AusfErst EWG 1974). Denn jedenfalls hat das HZA in dem angefochtenen Zinsbescheid keinen höheren Nutzungsausgleich gefordert und hat das FG – für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) – festgestellt, daß die vom HZA geforderten Zinsen den von der Klägerin tatsächlich gezogenen Nutzungen mindestens gleichkommen.

2. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird durch den in § 818 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Gedanken bestätigt, wonach neben einem zu Unrecht empfangenen Geldbetrag auch die daraus gezogenen Nutzungen herauszugeben sind. Auf der Grundlage dieses Gedankens hat der erkennende Senat im Urteil vom 23. Juli 1974 VII R 115/71 (BFHE 113, 320) in einem Fall, der vor dem Erlaß der genannten Bestimmungen über die Verzinsungspflicht bei Ausfuhrerstattungen lag, entschieden, daß auch ohne ausdrückliche Normierung einer Zinspflicht derjenige, der eine zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattung zurückzuzahlen hat, daneben die daraus gezogenen Nutzungen herausgeben muß. Eine Bestätigung findet diese Rechtsauffassung auch in § 48 Abs. 2 Satz 6 VwVfG, das zwar erst im Jahre 1976 erlassen worden ist, aber in diesem wie in vielen anderen Punkten nicht als Neuregelung, sondern als Klarstellung der bisherigen Rechtslage anzusehen ist (vgl. BVerwG-Urteil vom 17. März 1977 VII C 59.75, NJW 1977, 1838).

Diese Auffassung findet auch eine Stütze in der Rechtsprechung des BVerwG zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Das BVerwG hat mehrfach entschieden, daß der auf Ausgleich der tatsächlichen – rechtsgrundlosen – Vermögensverschiebung gerichtete Erstattungsanspruch entsprechend dem in § 818 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken bei Geldbeträgen den Anspruch auf die Herausgabe der in der Zwischenzeit gezogenen Nutzungen einschließt (vgl Urteil vom 18. Mai 1973 VII C 3.72, NJW 1973, 2122, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des BVerwG).

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin stehen dem die Regelungen des § 4 StSäumG bzw. des § 233 AO 1977 nicht entgegen. Dem FG ist darin zu folgen, daß diese Vorschriften auf zurückzuerstattende WAB nicht angewendet werden können. Der Hinweis der Klägerin, daß es sich bei Streitigkeiten wegen der bei der Ausfuhr zu gewährenden WAB um Abgabenangelegenheiten i. S. des § 33 Abs. 2 FGO handelt (vgl. BFHE 121, 234, 237), ist zwar richtig. Daraus läßt sich aber noch nichts für die Auffassung ableiten, § 4 StSäumG bzw. § 233 AO 1977 gälten auch für den Anspruch auf Rückerstattung solcher WAB. Die Gewährung von WAB kann unter keinem Gesichtspunkt als eine Steuervergünstigung angesehen werden; sie stellt vielmehr eine Subvention dar, die in keinem Zusammenhang mit einer Steuer steht (vgl. BFHE 125, 321, 324 ff.). Die Regelung des § 4 StSäumG bzw. des § 233 AO 1977 gilt aber nur für Steuer-, Steuererstattungs- und Steuervergütungsansprüche. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Sonderregelung auf Subventionen kommt nicht in Betracht. Dem steht nicht das Urteil des BVerwG in BVerwGE 37, 239, 241 entgegen, weil es sich dort um die Verzinsung eines verspätet an eine Gemeinde gezahlten Erschließungsbeitrags handelte, also gerade nicht um die Rückforderung einer zu Unrecht gezahlten Subvention.

Der vom erkennenden Senat für richtig gehaltenen Auffassung kann auch nicht entgegengehalten werden, eine Lückenausfüllung zu Lasten des Rechtsunterworfenen sei unzulässig. Es bedarf keines Eingehens auf die Frage, ob im Steuerrecht der Lückenausfüllung im Wege der Analogie Grenzen gezogen sind, da das Steuerrecht hier nicht berührt ist. Ausfuhrerstattungen und die Gewährung von WAB sind, wie im Vorabsatz ausgeführt, keine Steuervergünstigungen, sondern Subventionen mit wirtschaftspolitischer Zielsetzung. Daß insoweit die Analogie jedenfalls hinsichtlich des Verzinsungsanspruchs rechtlich zulässig ist, belegt die oben zitierte Rechtsprechung des BVerwG zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch und dem damit zusammenhängenden Nutzungsausgleich.

4. Auf § 12 MOG beruft sich die Klägerin zu Unrecht.

Die Verzinsungspflicht zu Unrecht empfangener und zurückzuzahlender WAB ergibt sich, wie ausgeführt, aus der analogen Anwendung der zitierten Vorschriften. Diese so gefundene Rechtsnorm bindet den Senat (§ 20 Abs. 3 GG), es sei denn, sie ist in dem für den vorliegenden Fall maßgebenden Zeitpunkt nicht mehr gültig gewesen. Da sie wie jede sonstige Rechtsnorm der Disposition des Gesetzgebers unterliegt, konnte dieser sie durch Setzung entgegenstehenden Rechts unanwendbar machen; denn späteres Recht hindert die Anwendung entgegenstehenden früheren Rechts. Der Gesetzgeber hat jedoch kein der genannten Rechtsnorm entgegenstehendes Recht geschaffen, auch nicht durch § 12 MOG.

§ 12 MOG steht nicht im Widerspruch zu der durch Analogie gefundenen Rechtsnorm. Der Gesetzgeber hat sich, wie sich aus § 12 MOG ergibt, gerade enthalten, die Frage der Verzinsungspflicht selbst zu regeln. Er hat vielmehr den Verordnungsgeber ermächtigt, eine solche Regelung zu treffen. Regelungsinhalt der Vorschrift ist also eine Verordnungsermächtigung, deren Adressat nur der ermächtigte Minister ist. Sie steht der Anwendung einer Vorschrift nicht entgegen, deren Regelungsinhalt eine Verzinsungspflicht und deren Adressat derjenige ist, der zu Unrecht WAB empfangen hat.

Eine andere Auslegung des § 12 MOG führte auch zu sinnwidrigen Ergebnissen. Zu Unrecht empfangene WAB wären dann nämlich in dem Zeitabschnitt zwischen Inkrafttreten des § 12 MOG und dem Inkrafttreten der Ausfuhr-Währungsausgleichs-Verordnung von 1980 nicht zu verzinsen, während außerhalb dieses Zeitraums auch für sie eine Verzisungspflicht bestand und besteht und für zu Unrecht empfangene Ausfuhrerstattungen sogar ohne Unterbrechung Zinsen zu bezahlen waren. Überdies belegt gerade die Verordnungsermächtigung des § 12 MOG, daß der Gesetzgeber die Herausgabe der aus zu Unrecht bezahlten Marktordnungsvergünstigungen gezogenen Nutzungen für richtig hielt. Es kann auch nicht mit Recht eingewandt werden, die Verordnungsermächtigung des § 12 MOG ginge ins Leere, wenn man vom Weiterbestehen einer auf Analogie gegründeten Verzinsungspflicht ausgeht. Die Verordnungsermächtigung behielt ihren Sinn schon deswegen, weil sie die Ermächtigung des MBL enthielt, auch die Einzelheiten der Verzinsungspflicht näher – unter Umständen auch abweichend vom bisher geltenden (ungeschriebenen) Recht – zu regeln. Überdies verdient die Ausfüllung einer Gesetzeslücke durch die ausdrückliche Regelung in einem formellen Gesetz aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit stets den Vorzug gegenüber der Ausfüllung durch Analogie.

5. Auch die übrigen Einwendungen der Klägerin gegen diese Auffassung halten einer näheren Prüfung nicht stand. Der Vorrang des Gesetzes (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG), nach welchem jede der beiden anderen Staatsgewalten die im Gesetz abstrakt getroffenen Entscheidungen zu beachten und zu vollziehen, auf keinen Fall aber durch ihre eigenen zu ersetzen hat (vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholtz, Grundgesetz, 18. Lieferung, Art. 20 III Anm. 35), ist nicht verletzt. Es bedarf keiner Begründung, daß dieser Grundsatz der Ausfüllung von Gesetzeslücken im Wege der Analogie nicht entgegensteht. Er wäre nur dann verletzt, wenn das Gericht eine Gesetzesvorschrift außer acht ließe, die der durch Analogie gewonnenen Rechtsnorm entgegenstünde. Wie bereits ausgeführt, gibt es eine solche entgegenstehende Rechtsnorm des positiven Rechts nicht.

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auch auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Auch aus diesen Grundsätzen ergibt sich nichts gegen die Zulässigkeit der Lückenausfüllung durch Analogie. Im übrigen traf die Zinspflicht die Klägerin nicht unvorhergesehen. Denn sie war auch in Abschn. VIII der Bekanntmachung des BML über die Gewährung von Ausgleichsbeträgen bei der Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen nach Mitgliedstaaten und nach dritten Ländern vom 30. Mai 1973 ausdrücklich vorgesehen (BAnz Nr. 103 vom 5. Juni 1973, BZBl 1973, 654).

Der vom Senat vertretenen Auffassung steht schließlich auch nicht die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des BVerwG entgegen. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß sich diese Rechtsprechung auf Prozeß- oder Verzugszinsen für öffentlich-rechtliche Ansprüche bezieht, nicht aber auf Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen aufgrund unrechtmäßig empfangener Leistungen. Beide Fälle sind aber nicht vergleichbar (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. Januar 1976 VII R 76/73, BFHE 118, 265, 269).

 

Fundstellen

Haufe-Index 510579

BFHE 1982, 107

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