Leitsatz (amtlich)

Eigenleistungen, die im Rahmen der Mitwirkungspflicht an einem gemischten Kauf- und Werkvertrag erbracht werden, sind der Gegenleistung (§ 10, § 11 GrEStG) weder als Leistung an Erfüllungs Statt noch als sonstige Leistung zuzurechnen.

 

Normenkette

GrEStG 1940 §§ 10-11; BGB §§ 364, 946

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. März 1980 zu je 1/2 ideellem Miteigentumsanteil ein Erbbaurecht in D. Mitverkauft war ein vom Veräußerer noch schlüsselfertig zu erstellendes Haus nebst Doppelgarage. Der Kaufpreis betrug 359 000 DM. Er sollte sich aufgrund von Eigenleistungen des Klägers mindern, die entsprechend einer der Urkunde als Anlage beigefügten Liste bewertet wurden. Der Kaufpreis war entsprechend dem Baufortschritt in Raten zu entrichten. Zur Sicherung des Anspruchs auf Umschreibung des Erbbaurechts wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt, der Antrag auf Umschreibung des Erbbaurechts sollte vom Notar erst nach Zahlung des Kaufpreises, vorher nur mit Zustimmung des Veräußerers gestellt werden.

Die Eigenleistungsvereinbarung war im einzelnen wie folgt geregelt: "Die Kaufpartei ist berechtigt, einzelne Gewerke in Eigenleistung zu erbringen. Eigenleistungen sind grundsätzlich vor Baubeginn schriftlich zu vereinbaren. Sind über den Erfüllungszeitraum der Eigenleistungen keine besonderen Vereinbarungen getroffen, gilt der noch zu erstellende Terminplan des Veräußerers. Sofern sich die Preise nicht aus der Baubeschreibung ergeben, gilt das niedrigste Ausschreibungsangebot. Die Kaufpartei ist berechtigt, in die entsprechenden Ausschreibungsunterlagen Einsicht zu nehmen. Hat eine Ausschreibung nicht stattgefunden, gelten die Preise, die der Verkäufer bei gleichwertigen Bauvorhaben berechnet bekommt.

Die Beträge werden bei den jeweils entsprechenden Raten abzüglich einer Bearbeitungspauschale von 5 v. H. in Abzug gebracht. Die in anliegender und verlesener Liste enthaltenen Eigenleistungen werden bereits heute vereinbart."

Die dazu als Anlage des notariellen Vertrages erstellte Liste beschrieb die Eigenleistungen folgendermaßen:

" 1. Gesamte Fliesenarbeit mit Bodenfliesen DM 18 500

2. Doppelgarage DM 17 500

3. Verlängerung der Wegezufahrt zur Garage DM 3 000

Summe DM 39 000

Der Abzug erfolgt in gleichen Teilen bei den drei ersten Raten."

Später schlossen die Vertragsparteien eine weitere notarielle Vereinbarung, welche auf den Kaufvertrag Bezug nahm und die Kläger zu weiteren Eigenleistungen berechtigte, die den Kaufpreis um weitere 36 000 DM mindern sollten. Es handelte sich dabei um

1. die gesamte Installation der Heizung einschließlich Material, wobei auch die Abnahme der Heizung Sache der Kaufpartei sein sollte;

2. die gesamte Installation der Sanitäranlagen einschließlich Material und Montage;

3. die gesamte Elektroinstallation einschließlich Material und Montage.

Die Beträge sollten bei der 2. und 3. Rate zu je 1/2 abgezogen werden.

Auf Antrag der Kläger stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) den Erwerb teilweise gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) vom 11. Juli 1977 (BGBl I 1977, 1218) vorläufig steuerfrei. Für den Kaufpreisanteil, der den Freibetrag gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 GrEStEigWoG überstieg, setzte er Grunderwerbsteuer von je 5 735 DM fest. Als Gegenleistung legte er den Kaufpreis und den Kapitalwert des übernommenen Erbbauzinses zugrunde. Eine Minderung des Kaufpreises durch die Eigenleistungen erkannte er nicht an.

Der nach vergeblichem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1981, 357).

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStEigWoG wie der §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 2 Nr. 1 und 17 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Die Eigenleistungen seien als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Es komme entscheidend darauf an, was Inhalt der Eigentumsverschaffungspflicht des Veräußerers gewesen sei. Diese sei auf ein bezugsfertig erstelltes Haus gerichtet gewesen, die Eigenleistungen der Erwerber seien von ihnen als Sachleistungen an Erfüllungs Statt erbracht worden. Darüber hinaus seien auch die von den Erwerbern für die Eigenleistungen verwendeten Baumaterialien durch Vermischung gemäß § 946 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in das Eigentum des Veräußerers übergegangen. Im übrigen sei die Bezugsfertigkeit auch Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrages nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GrEStEig-WoG.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger sind der Revision entgegengetreten. Sie haben außerdem vorgetragen, im Wege einer weiteren Vertragsänderung sei Gegenstand des Vertrages nicht ein Einfamilienhaus, sondern ein Zweifamilienhaus geworden. Dies sei vom FA mit Schreiben vom 16. Februar 1981 bewertungsrechtlich anerkannt worden. Der nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 GrEStEigWoG zu berücksichtigende Freibetrag betrage demgemäß 300 000 DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Der Erwerb der Miteigentumsanteile an dem Erbbaurecht unterliegt der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Die Steuer bemißt sich nach dem Wert der Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG). Die von den Klägern bereits im Kaufvertrag übernommenen Eigenleistungen zählen von vornherein nicht zur Gegenleistung. Die spätere Vereinbarung weiterer Eigenleistungen setzte die Gegenleistung für das Erbbaurecht gemäß § 17 Abs. 3 GrEStG herab.

Zu Recht ist das FG bei der Bestimmung der Gegenleistung davon ausgegangen, daß die Zahlungsverpflichtung der Kläger und damit die Gegenleistung -- von dem übernommenen Erbbauzins abgesehen -- nur in Höhe von 320 000 DM entstanden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, was die Vertragsparteien als Kauf(Fest-)preis vereinbart haben, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages Gegenleistung ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 1. Oktober 1975 II R 84/70, BFHE 117, 287, BStBl II 1976, 128).

1. Bei den bereits im Vertrag ausbedungenen Eigenleistungen handelt es sich um Leistungen, die im Regelfall der Veräußerer eines noch zu erstellenden Gebäudes zu erbringen hat. Diese wurden bei der vorliegenden Vertragsgestaltung aber von Anfang an von den Klägern übernommen und so dem Risikobereich des Veräußerers entzogen, womit dieser nur zur Fertigstellung des Hauses durch Herstellung der übrigen Gewerke verpflichtet war. Da erst das fertige Werk den Klägern übereignet werden sollte, handelt es sich bei der Errichtung des Hauses um einen Werklieferungsvertrag über eine nichtvertretbare Sache gemäß § 651 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 16. April 1973 VII ZR 155/72, BGHZ 60, 362, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1973, 1235). Die Kläger waren aber im Rahmen des Werklieferungsvertrages bezüglich der in Eigenleistung zu errichtenden Bauteile gemäß § 642 BGB zur Mitwirkung an der Herstellung des Bauwerks verpflichtet. Da diese Mitwirkungspflicht ausdrücklich vertraglich geregelt wurde, war sie für die Kläger nicht nur Obliegenheit, sondern echte Schuldnerverpflichtung (vgl. Soergel in Münchener Kommentar, § 642 BGB Rdziff. 9). Allerdings stellt diese Mitwirkungspflicht auch als echte Schuldnerverpflichtung keine Hauptleistungspflicht dar. Hauptleistungspflicht der Kläger blieb vielmehr die Zahlung der Vergütung und die Abnahme des fertiggestellten Werkes (vgl. Palandt/Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 41. Aufl. 1982, § 631 Anm. 3 a, und Nicklisch, Betriebs-Berater -- BB -- 1979, 533, 541 m. w. N.).

Im Rahmen dieser Mitwirkungspflicht schuldeten die Kläger nicht die Ausführung der Eigenleistungen als Vergütung für die Werkleistung, sondern als Voraussetzung dafür, daß der Veräußerer die Werkleistung tatsächlich erbringen und damit den Kaufvertrag erfüllen konnte. Die Ausführung der Eigenleistungen war nicht an Erfüllungs Statt (§ 364 BGB) für die Hauptpflicht der Kläger als Besteller (Vergütung) erfolgt, sondern in Erfüllung ihrer Nebenpflicht (Mitwirkung).

Auch in dem durch die Erfüllung der Mitwirkungspflicht erfolgten Eigentumswechsel durch Vermischung gemäß § 946 BGB hat das FG zu Recht keine Gegenleistung erblickt. Die Kläger haben die in Eigenleistung erstellten Bauteile für sich selbst geschaffen. Der Eigentumswechsel erfolgte lediglich als vom Gesetz angeordnete Folge eines tatsächlichen Zustandes -- der Vermischung -- unabhängig davon, ob überhaupt eine wie auch immer geartete Leistungsbeziehung vorlag. Auch wenn die Eigenleistungen zunächst dem Veräußerer kraft Vermischung zufielen, mußte er diese aufgrund vertraglicher Verpflichtung als Bestandteil des Erbbaurechts zurückübereignen, ohne daß er hierfür ein zusätzliches Entgelt erhielt.

Aus der rechtlichen Qualifizierung der Eigenleistungsverpflichtung als Mitwirkungspflicht folgt auch, daß diese die Hauptleistungspflicht des Veräußerers -- Übereignung des bezugsfertigen Hauses -- nicht berührten. Ob sich der tatsächliche Zustand "Bezugsfertigkeit" allein aus Herstellungsleistungen zusammensetzte, die der Veräußerer zu erbringen hatte, oder ob Herstellungsleistungen von Dritten oder von den Erwerbern erbracht wurden und aufgrund welcher rechtlicher Beziehungen, ist unerheblich.

2. Das FG hat auch zu Recht entschieden, daß durch die nachträgliche Eigenleistungsvereinbarung vom 3. Juli 1980 die Gegenleistung für das Erbbaurecht gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG herabgesetzt wurde. Entsprechend der in § 15 des Vertrages enthaltenen Möglichkeit wurden weitere ursprünglich vom Veräußerer zu erbringende Leistungen von den Klägern in Eigenleistung übernommen. Diese Eigenleistungen können der Gegenleistung nicht zugerechnet bleiben, weil sie, wie oben dargelegt, nicht als Vergütung für die Werklieferung angesehen werden können, sondern den Eigenleistungen eine Verminderung gerade dieser Vergütung gegenübersteht.

3. Das Vorbringen der Kläger, das Haus sei nunmehr als Zweifamilienhaus bewertet und der Freibetrag müsse nun der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 2 GrEStEigWoG entnommen werden, kann im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 74582

BStBl II 1983, 336

BFHE 1982, 504

NJW 1983, 1816

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