Leitsatz (amtlich)

Werden durch die Vermietung von Wohnungen sowie die Selbstnutzung einer Wohnung im eigenen Mehrfamilienhaus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, mindern eigene Arbeitsleistungen für die Hausverwaltung nicht den Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung. Der Wert dieser Tätigkeit fällt auch nicht unter die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

 

Orientierungssatz

1. Eigenleistungen sind keine Aufwendungen und damit keine Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 S. 1 EStG.

2. Der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus (§ 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG) ist als Überschuß des Rohmietwerts über die Werbungskosten zu bestimmen. Der Rohmietwert ist schätzungsweise mit dem Mittelwert der örtlichen Mieten für Wohnungen vergleichbarer Lage, Art und Ausstattung anzusetzen. Bei Grundstücken mit mehreren Wohnungen ist der nächstgeeignete Vergleichswert die erzielte Miete aus einer entsprechenden fremdvermieteten Wohnung (ständige BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleineigentümerin eines drei Wohnungen umfassenden dreigeschossigen Mietwohngrundstücks. Sie bewohnt die Wohnung im ersten Obergeschoß selbst und erklärte den Nutzungswert dieser Wohnung anhand der für die gleichgroße Erdgeschoßwohnung erzielten Jahresmiete von 4 080 DM unter Abzug von 408 DM (*= 34 DM monatlich) mit 3 672 DM. Den Wertabschlag von 10 v.H. begründete sie damit, daß sie selbst ohne Entgelt die Hausverwaltung besorge, insbesondere den Vorgarten pflege, die Außenanlagen reinige und im Winter streue.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte den Nutzungswert der Wohnung bei der Einkommensteuerveranlagung für die Streitjahre 1974 und 1975 mit 4 080 DM an.

Im Einspruch brachte die Klägerin vor, bei kleineren Mietobjekten nehme üblicherweise einer der Mieter solche Hausverwalteraufgaben war und zahle dafür eine geringere Miete. Entsprechend müsse der Nutzungswert ihrer eigenen Wohnung gekürzt werden.

Der Einspruch blieb im Streitpunkt erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet zurück.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts bei der Nutzungswertbemessung und beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die angefochtenen Einkommensteuerbescheide in der Weise zu ändern, daß der Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung bei der Einkunftsermittlung um jährlich 408 DM niedriger angesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Vorentscheidung ist in dem Ergebnis zuzustimmen, daß die angefochtenen Einkommensteuerbescheide die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.

Das FG ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zutreffend davon ausgegangen, daß der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus (§ 21 Abs.2 Alternative 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) als Überschuß des Rohmietwerts über die Werbungskosten zu bestimmen und der Rohmietwert schätzungsweise mit dem Mittelwert der ortsüblichen Mieten für Wohnungen vergleichbarer Lage, Art und Ausstattung anzusetzen ist (vgl. im einzelnen Urteil vom 13.Dezember 1983 VIII R 17/82, BFHE 140, 234, BStBl II 1984, 368, m.w.N.). Bei Grundstücken mit mehreren Wohnungen --wie hier-- ist der nächstgeeignete Vergleichswert die erzielte Miete aus einer entsprechenden fremdvermieteten Wohnung (BFH-Urteil vom 25.Januar 1972 VIII R 52/68, BFHE 104, 538, BStBl II 1972, 419). Über die Vergleichbarkeit der Wohnungen bestehen hier keine Meinungsverschiedenheiten.

Ein Abschlag von der Vergleichsmiete unter dem Gesichtspunkt, daß eine besonders geartete Wohnung eigengenutzt werde, die nur mit Hausmeisterpflichten zur Benutzung überlassen wird, kommt nach der Sachlage nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 3.Oktober 1974 VI R 79/72, BFHE 113, 452, BStBl II 1975, 81). Denn der Mietwert der Wohnung wird durch die Hausmeisterdienste nicht gemindert.

Der Nutzungswert der Wohnung hat sich auch nicht durch die Arbeitsleistungen der Klägerin als fiktive Werbungskosten ermäßigt. Denn Eigenleistungen sind keine Aufwendungen und damit keine Werbungskosten i.S. von § 9 Abs.1 Satz 1 EStG. Sofern die Klägerin geldwerte Arbeitsleistungen erbrachte, die im Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Grundstücksvermietung stehen, ist deren Wert ihr in Gestalt höherer Vermietungseinkünfte zugute gekommen. Zwar trifft es zu, daß die Klägerin Leistungsentgelte als Werbungskosten bei der Ermittlung der Mieteinkünfte hätte abziehen können, und zwar gleichviel, ob sie das Entgelt durch Zahlung oder Mietverrechnung entrichtet hätte (§ 9 Abs.1 Satz 1, § 11 Abs.2 Satz 1 EStG), wenn sie einen Dritten damit beauftragt hätte, an ihrer Stelle diese Leistungen entgeltlich auszuführen. Eigenleistungen bleiben aber schon begrifflich wegen des Fehlens des Aufwandcharakters im Bereich des eigenen Wirtschaftens. Ihr Wert kommt dem eigenen Vermögen zugute (vgl. BFH-Urteil vom 30.Juni 1955 IV 695/54 U, BFHE 61, 104, BStBl III 1955, 238).

 

Fundstellen

Haufe-Index 60876

BStBl II 1986, 142

BFHE 145, 43

BFHE 1986, 43

BB 1986, 115-116 (ST)

DStR 1986, 93-93 (ST)

DStZ, Beihefter zu Nr 64/1986 (S)

HFR 1986, 238-239 (ST)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge