Leitsatz (amtlich)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob bei der Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Haftungswege nach § 42 d EStG die für mehrere Arbeitnehmer nachzufordernde Lohnsteuer unter Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes ermittelt werden darf.

 

Normenkette

EStG § 40 Abs. 1, § 42d

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerin und Antragstellerin (Klägerin) war aufgrund einer Tarifvereinbarung über die "Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens" vom Dezember 1971 verpflichtet, ihren Arbeitnehmern betriebliche Sonderzahlungen in einer festgelegten Höhe zuzuwenden. Sie leistete diese Sonderzahlungen in den Jahren vor dem Streitjahr (1975) und danach als Weihnachtsgeld. Im Streitjahr hatte die Klägerin 50jähriges Betriebsjubiläum. Aus diesem Anlaß zahlte sie ihren Arbeitnehmern statt eines Weihnachtsgeldes eine "Jubiläumszuwendung". Die Höhe dieser Zuwendung und die Nichtzahlung eines Weihnachtsgeldes war in einer Betriebsvereinbarung geregelt worden. Die Klägerin behielt auf die gezahlten Zuwendungen keine Lohnsteuern und keine Kirchenlohnsteuern ein.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) vertrat im Anschluß an eine Lohnsteuer-Außenprüfung die Auffassung, die Jubiläumszuwendungen seien steuerpflichtiger Arbeitslohn. Das FA erließ deshalb unter dem 21. November 1977 gegen die Klägerin einen "Haftungsbescheid über nachzuentrichtende Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer". In diesem Bescheid wurde der Klägerin mitgeteilt, daß sie nach "§ 190 AO" -- gemeint kann nur sein § 191 der Abgabenordnung (AO 1977) -- i. V. m. § 42 d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Art. 14 des Kirchensteuergesetzes (KiStG) als Arbeitgeber für die Lohnsteuer auf die Jubiläumszahlungen hafte. Dazu wird in dem Prüfungsbericht ausgeführt: "Da die Ermittlung der Lohnsteuer nach den allgem. Bestimmungen einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordern würde, erfolgt pauschale Versteuerung (§ 40 (1) EStG)...".

Die gegen den Haftungsbescheid gerichtete Sprungklage hatte teilweise Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat ausgeführt: Jubiläumsgeschenke an Arbeitnehmer seien nach § 3 Nr. 52 EStG 1975 i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) dann nicht steuerfrei, wenn der Arbeitgeber rechtlich feststehende Ansprüche des Arbeitnehmers lediglich als Jubiläumszuwendungen bezeichne. Das träfe im Streitfall bis auf einen Teilbetrag zu; denn in Höhe des Teilbetrags hätten die Arbeitnehmer der Klägerin in 1975 aufgrund der Tarifvereinbarung vom Dezember 1971 einen Anspruch auf Sonderzahlungen gehabt.

Die Klägerin hat gegen das Urteil des FG Revision eingelegt. Mit der Revision, die vor dem Senat im Verfahren VI R 72/82 anhängig ist, wird die Verletzung des § 4 Abs. 2 LStDV sowie die Verletzung der Vorschriften über die Lohnsteuerhaftung gerügt. Zur Begründung wird geltend gemacht: Für die Anwendung des § 4 Abs. 2 LStDV sei entscheidend, daß die Klägerin ihren Arbeitnehmern ein Jubiläumsgeschenk und keine Weihnachtsgratifikation habe zuwenden wollen. Der gegen die Klägerin gerichtete Haftungsbescheid sei nicht ordnungsgemäß, weil in ihm weder die einzelnen Arbeitnehmer als Steuerschuldner noch die auf jeden von ihnen entfallende Steuerschuld (individueller Lohnsteuernachforderungsbetrag) angegeben sei. Eine pauschal ermittelte Lohnsteuer könne nicht mittels Haftungsbescheids realisiert werden.

Im Hauptsacheverfahren beantragt die Klägerin sinngemäß, den angefochtenen Haftungsbescheid insoweit ersatzlos aufzuheben, wie er sich auf die "Jubiläumszuwendungen" bezieht.

Nachdem das FA während des Revisionsverfahrens die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheids beendet hat, beantragt die Klägerin im vorliegenden Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) als dem Gericht der Hauptsache (§ 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), die Vollziehung des Haftungsbescheids in voller Höhe auszusetzen.

Das FA beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag der Klägerin ist bis auf geringe, nicht streitige Beträge begründet; denn es bestehen insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids (§ 69 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 FGO).

Bei der in einem Verfahren nach § 69 FGO gebotenen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß die gewährten "Jubiläumszuwendungen" zwar nicht nach § 4 Abs. 2 Satz 1 LStDV steuerfrei sind, daß aber ernstliche Zweifel bestehen, ob der angefochtene Bescheid, bei dem es sich um einen Haftungsbescheid handelt, ordnungsgemäß ist.

1. Bei der Inanspruchnahme eines Arbeitgebers für von ihm nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer (nachzuerhebende Lohnsteuer) muß zwischen der vom Arbeitgeber geschuldeten pauschalen Lohnsteuer i. S. des § 40 Abs. 1 EStG und der Haftung des Arbeitgebers nach § 42 d EStG für die von den Arbeitnehmern geschuldeten individuellen Lohnsteuernachforderungsbeträge unterschieden werden.

Die pauschale Lohnsteuer i. S. des § 40 Abs. 1 EStG ist eine andere Steuerart als die individuelle Lohnsteuer, für die der Arbeitgeber nach § 42 d EStG haftet. Das ergibt sich aus dem Urteil des Senats vom 5. November 1982 VI R 219/80 (BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91). Dort ist ausgeführt worden, daß die pauschale Lohnsteuer, anders als die individuelle Lohnsteuer, keine Einkommensteuer, sondern eine Unternehmenssteuer eigener Art ist. Das hat zur Folge, daß die pauschale Lohnsteuer als eine nach § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG vom Arbeitgeber geschuldete Steuer gegenüber diesem durch einen Steuerbescheid unter Beachtung der Vorschrift des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 festgesetzt werden muß (BFH-Urteil vom 28. Januar 1983 VI R 35/78, BStBl II 1983, 472). Die individuelle, von den Arbeitnehmern geschuldete Lohnsteuer, für die der Arbeitgeber im Haftungswege nach § 42 d EStG in Anspruch genommen werden kann, ist vom Arbeitgeber hingegen mit einem Haftungsbescheid anzufordern, es sei denn, der Arbeitgeber hat nach Abschluß der Lohnsteuer-Außenprüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich anerkannt (§ 42 d Abs. 4 EStG).

2. Der angefochtene Bescheid ist ein Haftungsbescheid und kein Steuerbescheid über die Festsetzung einer pauschalen Lohnsteuer; denn im Tenor dieses Bescheids wird festgestellt: "Nach § 190 AO in Verb. mit § 42 d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes und Art. 14 des Kirchensteuergesetzes -- haften Sie als Arbeitgeber für die Lohnsteuer und Kirchensteuer, die Sie zu wenig einbehalten und abgeführt haben in Höhe von...".

Der Bescheid kann nicht entgegen dem Wortlaut seines Tenors als Steuerbescheid über die Festsetzung einer pauschalen Lohnsteuer (Lohnsteuerpauschalierungsbescheid) angesehen werden.

a) Eine Umdeutung des nach seinem Tenor (Verfügungsteil) insbesondere durch die Verwendung des Wortes "haften" und den Hinweis auf § 42 d EStG als Haftungsbescheid gekennzeichneten angefochtenen Bescheids in einen Lohnsteuerpauschalierungsbescheid ist nicht zulässig.

Nach § 128 Abs. 1 AO 1977 kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt u. a. nur dann umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist. Diese Voraussetzung steht der Umdeutung eines Haftungsbescheids in einen Steuerbescheid entgegen; denn beide Bescheide sind auf verschiedene Ziele gerichtet. Der Steuerbescheid dient der Festsetzung einer Steuerschuld gegenüber dem Steuerschuldner (§ 155 AO 1977). Durch einen Haftungsbescheid wird ein Steuerpflichtiger für die Steuerschuld eines anderen in Anspruch genommen (§ 191 AO 1977; vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 16. November 1978 V R 22/73, BFHE 127, 243, BStBl II 1979, 347; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung (AO 1977)/Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 128 AO Anm. 3; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 191 AO 1977 Anm. 17; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 191 AO 1977 Anm. 106). Im Streitfall kommt eine Umdeutung wegen unterschiedlicher Zielrichtung auch deshalb nicht in Betracht, weil ein gegen die Klägerin gerichteter Haftungsbescheid sich auf eine andere Steuer (die von den Arbeitnehmern geschuldete individuelle Lohnsteuer) als ein Lohnsteuerpauschalierungsbescheid bezieht.

b) Der angefochtene Bescheid kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer "falschen Bezeichnung" als Lohnsteuerpauschalierungsbescheid angesehen werden.

Zwar ergibt sich aus dem als Begründung des angefochtenen Bescheids anzusehenden, dem Bescheid beigefügten Auszug aus dem Prüfungsbericht, daß das FA einen pauschalen Steuersatz nach § 40 Abs. 1 EStG angewendet hat, weil die Ermittlung der Lohnsteuer nach den allgemeinen Bestimmungen einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordern würde. Dadurch kommt jedoch weder zum Ausdruck, daß die Voraussetzungen für die Festsetzung einer pauschalen Lohnsteuer (Antrag und Übernahme der pauschalen Lohnsteuer durch den Arbeitgeber) vorliegen, noch daß eine pauschale Lohnsteuer gegen den Arbeitgeber festgesetzt werden sollte (vgl. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Das FA hat auch offensichtlich -- wie sich aus der Formulierung des Tenors des angefochtenen Bescheids ergibt -- eine pauschale Lohnsteuer nicht festsetzen wollen. Vielmehr scheint es von der Auffassung ausgegangen zu sein, daß es sich auch bei einer nach § 40 Abs. 1 EStG ermittelten Steuer um eine Lohnsteuer der Arbeitnehmer handelt, für die der Arbeitgeber hafte.

3. Gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids bestehen hinsichtlich der auf die Jubiläumszuwendungen entfallenden nachzufordernden Lohnsteuerbeträge ernstliche Zweifel, weil

-- der im Haftungsbescheid festgestellte Betrag durch Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes (§ 40 Abs. 1 EStG) ermittelt worden ist und

-- in dem Haftungsbescheid weder die Steuerschuldner (Empfänger der Zuwendungen) noch die auf jeden einzelnen von ihnen entfallende Steuerschuld angegeben ist, für die die Klägerin haften soll.

4. Es ist streitig, ob die Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes nur im Rahmen der Ermittlung der pauschalen Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 EStG oder auch im Rahmen der Lohnsteuerhaftung, also bei der Ermittlung des Betrags der individuellen Lohnsteuerschulden der Arbeitnehmer zulässig ist, für die der Arbeitgeber nach § 42 d EStG haftet.

a) In der Praxis wird die Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes auch im Rahmen der Lohnsteuerhaftung allgemein für zulässig gehalten, und zwar sowohl in den Fällen, in denen die Ermittlung der individuellen Lohnsteuernachforderungsbeträge unmöglich ist als auch in den Fällen, in denen die Ermittlung dieser Beträge zwar möglich, aber schwierig ist oder einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordern würde. Die Begründung des angefochtenen Haftungsbescheids ist ein Beispiel für diese Handhabung in der Praxis. Für sie spricht, daß somit in den Fällen, in denen die Ermittlung der individuellen Lohnsteuernachforderungsbeträge unmöglich ist, eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers für nicht einbehaltene Lohnsteuerbeträge entfallen müßte, obwohl unter Umständen gerade eine schuldhafte Verletzung von Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers dazu geführt haben kann, daß individuelle Lohnsteuernachforderungsbeträge nicht mehr zu ermitteln sind. Das ist z. B. der Fall, wenn der Lohnsteuer-Außenprüfer die Namen der betroffenen Arbeitnehmer und die auf sie jeweils entfallenden Lohnsteuernachforderungsbeträge nicht im einzelnen feststellen kann, weil die erforderlichen Angaben in der Lohnbuchhaltung nicht oder nicht mehr vorhanden sind. Hier hat die Rechtsprechung für die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des EStG 1975 und der AO 1977 die Berechnung der nachzufordernden Lohnsteuer in einem in Anlehnung an die Pauschalierungsvorschriften des früheren § 35 b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ermittelten Durchschnittssteuersatz für zulässig gehalten (vgl. insbesondere BFH-Urteile vom 20. Mai 1980 VI R 169/77, BFHE 130, 461, BStBl II 1980, 669, und vom 15. November 1974 VI R 167/73, BFHE 114, 342, BStBl II 1975, 297; Urteil des FG Nürnberg vom 26. Januar 1971 II 144/69, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1971, 307; Urteil des Niedersächsischen FG vom 26. Juli 1971 IX L 100/70, EFG 1971, 607, und Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 1980 II 197/76, EFG 1980, 360).

b) In der Literatur wird darüber hinaus die Auffassung vertreten, daß ein durchschnittlicher Steuersatz im Rahmen der Lohnsteuerhaftung auch nach dem Inkrafttreten des EStG 1975 und der AO 1977 zulässig sei, und zwar selbst dann, wenn die Ermittlung der individuellen Lohnsteuernachforderungsbeträge zwar nicht unmöglich, aber schwierig ist oder einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordern würde (Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: "Pauschalierung der Lohnsteuer", E; vgl. auch v. Bornhaupt, Betriebs-Berater -- BB -- 1982, 1539).

c) Aber auch gegen die Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes im Rahmen der Lohnsteuerhaftung werden in der Literatur (Offerhaus, BB 1982, 793) gewichtige Bedenken erhoben. Es wird insbesondere eingewendet:

aa) Der Arbeitgeber könne als Haftender nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 5. November 1971 VI R 207/68, BFHE 103, 472, BStBl II 1972, 137) einige -- nach einer in der Literatur vertretenen abweichenden Auffassung (Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 42 d Anm. 8 b; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 42 d Anm. 41 b) sogar alle -- Einwendungen gegen einen Lohnsteuerhaftungsbescheid erheben, die auch der Arbeitnehmer gegen die ihn betreffende nachgeforderte Lohnsteuer geltend machen kann. Dieses Recht sei nur realisierbar, wenn die nachzufordernden Lohnsteuerschulden, für die der Arbeitgeber im Haftungswege in Anspruch genommen wird, individuell in bezug auf jeden Arbeitnehmer ermittelt würden.

bb) Unstreitig sei (vgl. u. a. BFH-Beschluß vom 7. Februar 1980 VI B 97/79, BFHE 129, 310, BStBl II 1980, 210), daß ein Arbeitnehmer befugt ist, einen gegen den Arbeitgeber gerichteten Lohnsteuerhaftungsbescheid anzufechten, soweit er durch ihn beschwert wird. Dieses Recht des Arbeitnehmers würde vereitelt werden, wenn der Betrag, für den der Arbeitgeber als Haftender in Anspruch genommen wird, pauschal und nicht individuell ermittelt würde.

cc) Nur wenn dem im Haftungswege in Anspruch genommenen Arbeitgeber die einzelnen Steuerschulden und die auf sie entfallenden nachzufordernden Lohnsteuerschuldbeträge bekannt seien, könne er gegen die betreffenden Arbeitnehmer Regreß nehmen. Eine pauschale Ermittlung des gesamten Haftungsbetrags würde dazu führen, daß der Arbeitgeber seinen Regreßanspruch nicht verwirklichen könne.

dd) Dadurch, daß dem Arbeitgeber die Regreßmöglichkeit gegenüber dem Arbeitnehmer durch Nichtermittlung der individuellen Nachforderungsbeträge entzogen würde, würde dies nach dem Grundgedanken, den der Gesetzgeber mit der Einführung des Satzes 2 in den § 40 Abs. 1 EStG durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1982, 1857, BStBl I 1982, 972) zum Ausdruck gebracht hat, zwangsläufig zur Annahme von Vorteilszuwendungen an die betreffenden Arbeitnehmer führen. Diese Zuwendungen würden ihrerseits der Lohnsteuer unterliegen. Die Folge wäre, daß in jedem Fall, in dem die nachzuzahlende Lohnsteuer pauschal ermittelt werde, ein Nettosteuersatz zur Anwendung kommen müßte, also automatisch eine höhere Steuerbelastung eintreten würde, die der Arbeitgeber im Haftungswege wegen der vereitelten Regreßmöglichkeit tragen müßte.

ee) Die Ermittlung der individuellen Lohnsteuernachforderungsbeträge für jeden Arbeitnehmer sei auch deshalb notwendig, um feststellen zu können, welche dieser Steuerschulden bei einer teilweisen Zahlung des Arbeitgebers erloschen sind und welche nicht.

ff) Auch die Frage, ob einzelne Nachforderungsbeträge bereits verjährt sind oder nicht, könne nur dann beantwortet werden, wenn die einzelnen Steuerschuldner und die auf sie entfallenden Steuernachforderungsbeträge festgestellt würden.

gg) Eine nur pauschale Ermittlung des Betrages, für den der Arbeitgeber nach § 42 d EStG haftet, würde auch einem unzulässigen Verzicht des FA auf Inanspruchnahme der Arbeitnehmer für den Fall gleichkommen, daß der Haftungsbetrag beim Arbeitgeber nicht beigetrieben werden könne.

d) Gegen die Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes im Rahmen der Lohnsteuerhaftung spricht außerdem, daß die Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes bei der Nacherhebung von nicht ordnungsgemäß einbehaltenen Lohnsteuerbeträgen nur unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 und 3 EStG gesetzlich geregelt ist, eine entsprechende Regelung aber bei der Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Haftungswege nach § 42 d EStG fehlt.

5. Da somit hinsichtlich der Frage, ob das FA den Betrag, für den es die Klägerin im Haftungswege nach § 42 d EStG in Anspruch genommen hat, in der Weise ermitteln durfte, daß es auf den Gesamtbetrag der gezahlten Jubiläumszuwendungen einen pauschalen Steuersatz anwandte, gewichtige Gründe sowohl gegen als auch für eine solche Pauschalierung sprechen, bestehen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ernstliche Zweifel i. S. von § 69 Abs. 2 FGO (vgl. Beschluß des BFH vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182).

 

Fundstellen

Haufe-Index 74433

BStBl II 1983, 517

BFHE 1983, 379

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