Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Begründungsfrist einer NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Erkrankung oder eine seelische Belastung stellt nur unter engen Voraussetzungen einen Entschuldigungsgrund, der zur Wiedereinsetzung führt, dar.

2. Wiedereinsetzung wegen unverschuldeten Rechtsirrtums kann nur gewährt werden, wenn sich der Irrtum auf die Rechtsbehelfsfrist selbst oder die Form seiner Einlegung bezog.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 3 S. 1, § 56

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat die Beschwerde nicht rechtzeitig begründet.

1. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des anzufechtenden Urteils einzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO). Sie muß innerhalb dieser Frist begründet werden, d. h., der Beschwerdeführer muß den jeweiligen Zulassungsgrund darlegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Dieses Erfordernis ist im Streitfall nicht erfüllt. Die Klägerin hat innerhalb der Beschwerdefrist, die am 11. Februar 1991 ablief, keine Beschwerdebegründung eingereicht. Die am 15. März 1991 beim BFH eingegangene Beschwerdebegründung war verspätet.

2. Die von der Klägerin gemäß § 56 FGO beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden. Der Prozeßbevollmächtigte war nicht ohne Verschulden verhindert, die Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung einzuhalten.

Eine Erkrankung des Prozeßbevollmächtigten wird nur dann als schuldlose Verhinderung gewertet, wenn die Krankheit plötzlich und unvorhersehbar auftritt und so schwer ist, daß es für den Prozeßbevollmächtigten unzumutbar ist, die Frist zu wahren oder wenigstens rechtzeitig einen Vertreter zu bestellen (BFH-Beschlüsse vom 9. August 1989 IX R 163/85, BFH/NV 1990, 303, und vom 9. März 1990 V B 159/88, BFH/NV 1991, 245). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben. Die Beschwerdefrist und damit auch die Begründungsfrist lief am 11. Februar 1991 ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin nicht unerwartet schwer erkrankt. Ab September 1990 wäre es ihm möglich gewesen, sein Büro z. B. durch Vertreterbestellung ordnungsgemäß zu organisieren, da er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu 100 v. H. arbeitsunfähig war.

Auch die vom Prozeßbevollmächtigten geltend gemachte besondere seelische Belastung wegen eines Todesfalls im befreundeten Kollegenkreis führt nicht zu einer Wiedereinsetzung. Es ist zwar anerkannt, daß bei schweren seelischen Belastungen ein Entschuldigungsgrund vorliegen kann (Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 5. Juni 1981 I ZB 5/81, Versicherungsrecht 1981, 839). Der Todesfall war aber bereits am 17. November 1990. Wenn die darauf beruhende seelische Belastung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin so schwer war, daß er bis Mitte Februar, also drei Monate später, Fristsachen nicht ordnungsgemäß wahrnehmen konnte, hätte er wiederum rechtzeitig für eine Vertreterbestellung sorgen müssen.

Soweit sich der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin darauf beruft, er habe irrtümlich angenommen, daß durch den beim zuständigen FA gestellten Erlaßantrag eine weitere Begründungsfrist für die Beschwerde zu gewähren sei, kann dadurch keine Wiedereinsetzung gerechtfertigt werden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeten Rechtsirrtums kann nur dann gewährt werden, wenn sich der Irrtum auf die Rechtsbehelfsfrist selbst oder die Form seiner Einlegung bezog. Irrtümer über das Wesen einer Ausschlußfrist oder über materielles Recht begründen dagegen eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht; denn in diesen Fällen kann dem Steuerpflichtigen oder seinem Berater zugemutet werden, von den Verfahrensrechten in der gebotenen Weise Gebrauch zu machen bzw. sich hierüber zu informieren (BFH-Urteil vom 3. Juli 1986 IV R 133/84, BFH/NV 1986, 717 m. w. N. zur Rechtsprechung). Im Streitfall irrte der Prozeßbevollmächtigte über das Wesen einer Ausschlußfrist; denn er ging von der grundsätzlichen Verlängerbarkeit der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde aus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417913

BFH/NV 1992, 257

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