Leitsatz (amtlich)

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß für die bei Abschluß eines Bausparvertrages erhobene Abschlußgebühr in der Bilanz der Bausparkasse kein Passivposten angesetzt werden kann.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1, 3 S. 1 Nr. 2; GewStG § 7

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) ist eine Bausparkasse. Für Zwecke der Festsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen 1981 teilte sie dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) mit, der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag für 1981 belaufe sich auf voraussichtlich ... DM. Hierbei sei noch zu berücksichtigen, daß für die auf die Bausparverträge gezahlten Abschlußgebühren in der Bilanz ein Passivposten zu bilden und der Meßbetrag deshalb um ... DM niedriger anzusetzen sei. Das FA folgte dieser Auffassung nicht.

Die Beschwerdeführerin hat gegen den Gewerbesteuermeßbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen 1981, mit dem ein einheitlicher Steuermeßbetrag von ... DM festgesetzt wurde, Einspruch eingelegt. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.

Nachdem das FA zu erkennen gegeben hatte, daß es die Vollziehung nicht aussetzen werde, beantragte die Beschwerdeführerin beim Finanzgericht (FG) gemäß § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheids hinsichtlich eines Betrages von ... DM.

Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab, da die Abschlußgebühren nicht zu passivieren seien. Zivilrechtlich umfasse ein Bausparvertrag als Darlehensvorvertrag das Stadium bis zur Zuteilungsreife des Darlehens einschließlich der Festschreibung der Rahmenbedingungen, während sich daran ein zivilrechtlich gesondert zu betrachtendes Vertragsverhältnis -- eben das Bauspardarlehensverhältnis -- anschließe. Die in der Ansparphase erbrachte Abschlußgebühr könne nicht in die Darlehensphase hineinwirken. Die Beschwerdeführerin hätte die Abschlußgebühr grundsätzlich auf die gesamte voraussichtliche Laufzeit des Vertragsverhältnisses verteilen wollen. Daran habe sie sich lediglich durch die zeitliche Unbestimmtheit der Laufzeit gehindert gesehen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --). Die Beschwerdeführerin könne sich auch nicht auf § 156 Abs. 3 des Aktiengesetzes (AktG) stützen. Die Abschlußgebühr werde von der Beschwerdeführerin in keinem Fall an den Bausparer erstattet (§ 4 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge -- ABB --). Es sei deshalb nicht erkennbar, unter welchem Gesichtspunkt eine Verbindlichkeit im bilanzrechtlichen Sinne vorliegen solle. Auch die Verpflichtung, später ein Bauspardarlehen erbringen zu müssen, lasse das von der Beschwerdeführerin gewünschte Ergebnis nicht zu. Diese Verpflichtung sei einer Bezifferung unzugänglich; jedenfalls könne die Höhe der Abschlußgebühr keinen Hinweis auf die Bewertung dieser Verpflichtung ergeben. Schließlich ergebe sich eine Pflicht zur Passivierung nicht aus den Grundsätzen der bilanzmäßigen Behandlung schwebender Geschäfte. Hinsichtlich der Abschlußgebühr liege ein schwebendes Geschäft nicht mehr vor. Die Pflicht der Beschwerdeführerin, das Bauspardarlehen zu gewähren, sei -- neben den vom Bausparer zu erbringenden Voraussetzungen -- lediglich noch von wechselnden Umständen abhängig. Mit der Abschlußgebühr habe sie nichts zu tun.

Das FG hat die Beschwerde zugelassen.

In ihrer Beschwerde, welcher das FG nicht abgeholfen hat, beantragt die Beschwerdeführerin (sinngemäß), die Vorentscheidung aufzuheben und die Aussetzung der Vollziehung wegen eines Betrages von ... DM anzuordnen.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die Abschlußgebühren stellten ein Entgelt für die Kapitalüberlassung dar (Hinweis auf Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. Februar 1969 V R 68/67, BFHE 95, 302, BStBl II 1969, 449, und vom 25. August 1959 I 88/59 S, BFHE 69, 464, BStBl III 1959, 433). In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung werde verschiedentlich hervorgehoben, der Bausparvertrag sei ein "einheitlicher" Vertrag. Löse man sich von diesem vagen Begriff, dann könne der Bausparvertrag in zwei Bestandteile, den Einlagenvertrag und den Darlehensvertrag, zerlegt werden. Der Bausparvertrag enthalte den für beide Verträge notwendigen Inhalt. Sogar die Höhe des Bauspardarlehens stehe von Anfang an fest, wenn der Bausparer nur das Mindestsparguthaben anspare. Bei Schnellsparverträgen werde generell ein fester Darlehensbetrag vereinbart. Der Bausparvertrag sei also bezüglich des Bauspardarlehens kein Vorvertrag. Richtigerweise sei der Bausparvertrag als zusammengefaßter Vertrag zu verstehen, bei dem sich nicht nur innerhalb der beiden Verträge Leistung und Gegenleistung gegenüberstünden. Der Bausparer befinde sich während der Ansparphase in der rechtlichen Situation eines vorleistungspflichtigen Vertragspartners. Die Abschlußgebühr sei ein -- vorgeleistetes -- Entgelt des Bausparers auf den mit dem Abschluß des Bausparvertrags zustande gekommenen Bauspardarlehensvertrag, mithin eine Anzahlung auf diesen Vertrag. Danach erbringe der Bausparer als seine Leistungen den Abschluß des Einlagenvertrags und die Bezahlung der Abschlußgebühr. Die Gegenleistung der Bausparkasse sei der Abschluß des Bauspardarlehensvertrags. Die Bezahlung der Abschlußgebühr sei als eine Vorleistung des Bausparers auf ein Schwebendes Geschäft -- den Bauspardarlehensvertrag -- zu verstehen. Die Abschlußgebühr sei daher beim Leistungsempfänger erfolgsneutral zu passivieren. Der Umstand, daß die Abschlußgebühr nicht zurückbezahlt zu werden brauche, wenn das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen werde, stehe der Passivierung nicht entgegen. Die Situation sei ähnlich wie beim Damnum und bei den Darlehensbearbeitungsgebühren. Auch hier bestehe kein Rückforderungsanspruch bei vorzeitiger Tilgung oder Kündigung. Gleichwohl handle es sich um Entgelt für die Kapitalüberlassung und sei demgemäß abzugrenzen. Auch bei der Abschlußgebühr handle es sich wirtschaftlich betrachtet um eine Vergütung für die Überlassung des Darlehenskapitals (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1978 IV R 153/72, BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262). Eine teilweise Zuordnung der Abschlußgebühr zum Ansparverhältnis komme nicht in Betracht. Dies wäre zwar praktisch wünschenswert, sei jedoch rechtlich nicht möglich. Im übrigen sei es auch im Umsatzsteuerrecht einhellige Ansicht, daß bei einem Bausparvertrag die Abschlußgebühr gemäß § 4 Nr. 8 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Entgelt für die Gewährung von Krediten sei.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Bei der im vorliegenden Verfahren gemäß § 69 FGO gebotenen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage, welche der abschließenden Entscheidung im Hauptverfahren nicht vorgreift, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids. Mit dieser Maßgabe ist mit dem FG davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für die Bildung eines Passivpostens in Höhe der erhobenen Abschlußgebühren oder eines Teiles davon nicht erfüllt sind.

1. Der Beschwerdeführerin kann nicht in der Auffassung gefolgt werden, die Abschlußgebühr sei dem Bauspardarlehensvertrag zuzuordnen, sei es als unmittelbares Entgelt (ausschließlich) für die Kapitalüberlassung, sei es als Gegenleistung für den Abschluß des Bauspardarlehensvertrages.

a) Zur Rechtsnatur des Bausparvertrags hat der BFH im Urteil vom 7. Mai 1957 I 283/56 U (BFHE 65, 18, BStBl III 1957, 239) ausgeführt, es liege rechtlich und wirtschaftlich ein einheitlicher Vertrag vor, weil der Sparer als Gegenleistung für die Verpflichtung zur Einzahlung der Sparbeiträge das Recht auf Gewährung eines Kredits erwerbe und der Vertrag planmäßig auf die Hingabe einer Hypothek aus den von allen Sparern angesammelten Mitteln gerichtet sei. Nach dem BFH-Urteil vom 7. März 1973 I R 48/69 (BFHE 109, 172, BStBl II 1973, 565) ist der Bausparvertrag ein Sparund Kreditvertrag, durch den sich der Bausparer zur Leistung von Bauspareinlagen und die Bausparkasse zur Gewährung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens unter Rückzahlung des angesammelten Bausparguthabens für den Zeitpunkt verpflichten, in dem die Zuteilung erfolgt. Dieses Verständnis entspricht -- soweit ersichtlich -- auch der Auffassung der Beschwerdeführerin. Es läßt jedoch nicht die Folgerung zu, die Abschlußgebühr sei Gegenleistung ausschließlich für die Kreditgewährung. Die Abschlußgebühr ist -- neben anderen Kostenelementen -- ein Faktor der Konditionenregelung für das Einlagen- und für das Kreditgeschäft einer Bausparkasse (Lehmann/Schäfer, Kommentar zum Bausparkassengesetz, 2. Aufl., S. 130 und S. 239). Sie ist sowohl Gegenleistung für den Sparvertrag als auch Gegenleistung für den Kreditvertrag (Hauger in Bihr/Jahrmarkt/Knapp, Vorteilhafte Geldanlagen, Gr. 6/74; Laux, Die Bausparfinanzierung, 4. Aufl., S. 25).

Dem steht das zu § 4 Nr. 8 UStG 1951 ergangene Urteil in BFHE 95, 302, BStBl II 1969, 449 nicht entgegen. Dort ist als obiter dictum ausgeführt, die bei Abschluß des Bausparvertrags fällige Abschlußgebühr stehe mit der Kreditzusage, und wirtschaftlich damit auch mit der Kreditgewährung selbst, in unmittelbarem Zusammenhang. Für die bilanzsteuerrechtliche Behandlung läßt sich hieraus keine Folgerung herleiten, zumal umsatzsteuerlich die Kreditbereitschaft der Kreditgewährung gleichgestellt wird (BFHE 95, 302, BStBl II 1969, 449).

b) Für ihre abweichende Ansicht kann sich die Beschwerdeführerin nicht auf die Bausparbedingungen berufen. Aus der Systematik der ABB lassen sich für ihre Betrachtungsweise keine Anhaltspunkte gewinnen. Die Bestimmung über die Abschlußgebühr (§ 4 ABB) ist im I. Abschnitt der ABB (Abschluß des Bausparvertrages) enthalten. Es folgen weitere Abschnitte, überschrieben u. a. mit "Bausparguthaben" (II. Abschnitt) und mit "Bauspardarlehen" (V. Abschnitt). Ein Bezug des I. Abschnitts zu einem bestimmten weiteren Abschnitt ist nicht hergestellt. Auch der Bemessungsgrundlage der Abschlußgebühr -- der Bausparsumme -- ist ein solcher Zusammenhang nicht zu entnehmen.

Der Senat teilt nicht die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Abschlußgebühr sei schon deshalb als Gegenleistung ausschließlich für das Bauspardarlehen zu verstehen, weil bei der niedrigen Verzinsung des Bausparguthabens nicht von einem Entgelt des Bausparers während der Sparphase in Form der Abschlußgebühr ausgegangen werden könne. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung ist es gerechtfertigt, die Abschlußgebühr im Zusammenhang mit der der Bausparkasse verbleibenden Zinsspanne zu sehen, die ohne diese Einnahmen entsprechend höher sein müßte (vgl. BFHE 69, 464, BStBl III 1959, 433). Eine größere Zinsspanne wäre aber erreichbar sowohl durch niedrigere Zinsen für die Bausparguthaben als auch durch höhere Zinsen für die Bauspardarlehen. Aus der Höhe der Zinsen läßt sich daher eine Zuordnung der Abschlußgebühr nicht herleiten.

Nach alledem ist die Abschlußgebühr keine Vorausleistung mit Teilzahlungscharakter auf ein schwebendes Geschäft, sondern für die Bilanzperiode Vollzahlung der gemäß § 4 ABB vertraglich geschuldeten Leistung. Eine Anzahlung i. S. von § 151 Abs. 1 Passivseite VI Nr. 4 AktG liegt somit nicht vor (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl., § 151 AktG Anm. 133 und 135; Mellerowicz in Großkommentar zum Aktiengesetz, § 151 Anm. 54 und 125).

2. Auch die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens kommt offenbar nicht in Betracht. Nach § 152 Abs. 9 Nr. 2 AktG und § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite nur anzusetzen "Einnahmen vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen".

a) Versteht man die Abschlußgebühr -- wie vorstehend erörtert -- als ein bei Vertragsbeginn zu entrichtendes und für die Gesamtdauer des Bausparvertrags bestimmtes Entgelt, liegt eine zeitbezogene Leistung an den Vertragspartner vor (vgl. die zur aktiven Rechnungsabgrenzung ergangenen Urteile in BFHE 124, 320, BStBl II 1978, 262, und vom 4. Mai 1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977, 802). Dem steht nicht entgegen, daß die Abschlußgebühren kalkulatorisch zur Deckung der Abschlußkosten, insbesondere der Abschlußprovisionen, bestimmt sind (vgl. Nies, Beilage 1/1972 zu Heft 3/1972 des Betriebs-Beraters -- BB --, S. 3). Denn die Bilanz im Rechtssinne ist keine "Kostenrechnung" (BFH-Urteil vom 17. Juli 1974 I R 195/72, BFHE 113, 115, BStBl II 1974, 684).

b) Die Einnahmen aus der Abschlußgebühr als Entgelt für die Gesamtdauer des Bausparvertrags stellen jedoch keinen Ertrag "für eine bestimmte Zeit" dar. Eine bestimmte Zeit in diesem Sinne ist grundsätzlich ein kalendermäßig festgelegter oder doch berechenbarer, nicht hingegen ein nur durch Schätzung bestimmbarer Zeitraum (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 4 EStG Anm. 28f.; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Kommentar zum Aktiengesetz, § 152 Anm. 92 und 102; Mellerowicz, a.a.O., § 152 Anm. 87). Für die Frage, ob ein Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden kann, ist auf das einzelne Vertragsverhältnis abzustellen (BFHE 109, 172, BStBl II 1973, 565). Bezogen auf den einzelnen Bausparvertrag kann eine Gesamtvertragsdauer nicht bestimmt werden. Die Zuteilung der Bausparsumme hängt nicht nur von der Erreichung eines "Mindestsparguthabens" (§ 11 Abs. 1 b ABB), sondern auch davon ab, daß "die für die Zuteilung verfügbaren Mittel ausreichen, den Bausparvertrag in der durch die Höhe der Bewertungszahl gegebenen Zuteilungsreihenfolge zu erfassen" (§ 11 Abs. 1 c ABB). Damit ist die Gesamtvertragsdauer nicht nur vom Spar- und Tilgungsverhalten des Bausparers abhängig, sondern auch von den für die Zuteilung verfügbaren Mitteln. Eine Zeitbestimmung ist damit nicht möglich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74409

BStBl II 1983, 132

BFHE 1982, 38

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