BMF, 08.03.1999, IV C 4 - S 2284 - 7/99

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen von Eltern erwachsener Behinderter in vollstationärer Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastung folgendes:

 

I. Kein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag

Erwachsene Behinderte, die in vollstationären Einrichtungen untergebracht sind und deren Eltern im Einzelfall keinen Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld haben, werden gleichwohl häufig von den Eltern im Rahmen von Besuchen in der Einrichtung, überwiegend aber bei diesen daheim zeitweise (insbesondere an Wochenenden, im Urlaub oder bei Krankheit) betreut bzw. gepflegt.

 

II. Außergewöhnliche Belastung

Soweit Eltern im Rahmen ihrer Besuche in der Betreuungseinrichtung oder infolge der häuslichen Betreuung des behinderten Kindes zwangsläufige Aufwendungen entstehen, kommt im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen ein Abzug als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG in Betracht. Dabei sind die Grundsätze des Urteils des BFH vom 22.10.1996, III R 265/94 (BStBl 1997 II S. 558) zu beachten. Bei der erforderlichen Gesamtbewertung der Umstände des Einzelfalls sind u.a. der Umfang der erforderlichen Betreuung bzw. Pflege und die Höhe der für den Stpfl. entstehenden Aufwendungen in Betracht zu ziehen.

EStR 194 Abs. 2 steht einer Anwendung des § 33 EStG nicht entgegen. Zwar ist hier die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags auf die Eltern gem. § 33 b Abs. 5 EStG nicht möglich, da ein Anspruch auf Kindergeld bzw. auf einen Kinderfreibetrag nicht besteht. Da aber den Behinderten in vollstationärer Heimunterbringung grundsätzlich keine eigenen behinderungsbedingten Aufwendungen entstehen, steht ihnen ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 1 bis 3 EStG nicht zu und EStR 194 Abs. 2 findet damit keine Anwendung. Dies folgt aus der Formulierung im Einleitungssatz des § 33 b Abs. 1 EStG.

 

III. Abziehbare Aufwendungen

Für einen Abzug nach § 33 EStG kommen folgende von den Eltern getragene Aufwendungen im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen in Betracht:

  • Aufwendungen für Fahrten (Hin- und Rückfahrt), um den Behinderten anläßlich von Besuchen in der Betreuungseinrichtung oder daheim zu betreuen bzw. zu pflegen; dabei darf es sich nicht um Besuche handeln, die lediglich der allgemeinen Pflege verwandtschaftlicher Beziehungen dienen (BFH vom 22.10.1996, a.a.O.).
  • Aufwendungen für Besuchsfahrten, bei denen durch Attest des behandelnden Arztes bestätigt wird, daß gerade der Besuch der Eltern zur Linderung oder Heilung von bestimmten Erkrankungen des Behinderten entscheidend beitragen kann; dies gilt unter den gleichen Voraussetzungen auch für Besuche des Behinderten bei seinen Eltern.
  • Unterbringungskosten am Ort der Betreuungseinrichtung anläßlich von anzuerkennenden Besuchen der Eltern; LStR 40 Abs. 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.
  • Aufwendungen für besondere Pflegevorrichtungen (z.B. Hebelift, Spezialbett) sowie für externe Pflegedienste in der Wohnung der EItern, um Besuche des Behinderten zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Ein eventueller Ersatz von dritter Seite mindert die nach § 33 EStG zu berücksichtigenden Aufwendungen.

Als Fahrtkosten sind grundsätzlich die Kosten der öffentlichen Verkehrsmittel anzuerkennen. Eigene Kfz-Kosten können nur ausnahmsweise angesetzt werden, wenn die besonderen persönlichen Verhältnisse dies erfordern. Dabei dürfen die Fahrtkosten einen Betrag von 0,52 DM je gefahrenen Kilometer nicht überschreiten.

Demgegenüber können die folgenden Aufwendungen nicht im Rahmen des § 33 EStG anerkannt werden:

  • Aufwendungen im Rahmen von Besuchen, die überwiegend der Pflege der verwandtschaftlichen Beziehungen dienen.
  • Verpflegungsmehraufwendungen sowohl der Eltern anläßlich von Besuchen in der Betreuungseinrichtung als auch des Behinderten anläßlich von Besuchen bei seinen Eltern.
  • Aufwendungen bzw. Zuschüsse für Kleidung des Behinderten.
  • Aufwendungen für das Vorhalten eines Zimmers für Besuche des Behinderten bei seinen Eltern.
  • Aufwendungen für einen gemeinsamen Urlaub, für Ausflüge oder für Freizeitgestaltung allgemein.
  • Aufwendungen für Geschenke und Mitbringsel.
  • Aufwendungen der Eltern für Versicherungen des Behinderten (z.B. Kranken-, Unfall-, Haftpflichtversicherung).
  • Telefonkosten.
 

IV. Nachweise

Die geltend gemachten Aufwendungen sind nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.

Für den Nachweis der Pflege oder Betreuung anläßlich der Besuche des Behinderten bei seinen Eltern reicht es aus, wenn die Einrichtung, in der der Behinderte untergebracht ist, bzw. der behandelnde Arzt bestätigt, daß der Behinderte der dauernden Pflege, Betreuung oder Beaufsichtigung bedarf. Das gleiche gilt bei Besuchen der Eltern in der Einrichtung.

Bei Aufwendungen für medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind (z.B. bei Spezialbetten), ist der Nachweis der Notwendigkeit und Angemessenheit grundsätzlich du...

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