Rz. 6

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Für die Anwendung eines DBA ist der Staat zu bestimmen, in dem der Arbeitnehmer und ggf. der Arbeitgeber entsprechend Art. 1 i. V. m. Art. 4 OECDMA ansässig sind. Der abkommensrechtliche Begriff der Ansässigkeit entspricht nicht dem im innerstaatlichen Recht verwendeten Begriff der unbeschränkten Steuerpflicht.

 

Rz. 7

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Während die unbeschränkte Steuerpflicht nach nationalem Recht eine umfassende Steuerpflicht begründet, führt die Ansässigkeit einer Person in einem der Vertragsstaaten zu ihrer Abkommensberechtigung (Art. 1 OECD-MA). Zugleich wird mit der Bestimmung der Ansässigkeit einer Person in einem Vertragsstaat dieser Staat für die Anwendung des Abkommens zum Ansässigkeitsstaat; der andere Vertragsstaat ist Quellenstaat. Eine Person kann zwar in beiden Vertragsstaaten (z. B. aufgrund doppelten Wohnsitzes) unbeschränkt steuerpflichtig sein, dagegen kann sie nur in einem der beiden Vertragsstaaten als ansässig i. S. eines DBA gelten.

 

Rz. 8

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Eine natürliche Person ist nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA in einem Staat ansässig, wenn sie dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist (s. Tz. 2.1, Rn. 29ff. zur Steuerpflicht nach dem EStG). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA eine Ansässigkeit in einem Staat nicht begründet wird, wenn die Person in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist, die Person nach deutschem Rechtsverständnis dort also nur der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Die Ansässigkeit nach Art. 4 Abs. 1 OECD-MA setzt damit eine unbeschränkte Steuerpflicht nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht voraus.

 

Rz. 9

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Dies gilt auch für Abkommen, in denen der deklaratorische Zusatz des Art. 4 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA nicht enthalten ist. Zu beachten sind deshalb die Besonderheiten, die sich durch die speziellen Regelungen in einzelnen DBA (z. B. Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b DBA-VAE) bzw. durch den Rückgriff auf das jeweilige nationale Recht (z. B. China, Südafrika) ergeben können.

 

Rz. 10

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Z. B. können nach China entsandte Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers unter Berücksichtigung des chinesischen Einkommensteuerrechts auch in China im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBA-China ansässig sein, wenn sie sich dort zwischen 1 und 5 Jahren zur Arbeitsausübung aufhalten und die chinesische Steuerbehörden dem Antrag auf Anwendung der sogenannten Time-Apportionment-Methode stattgegeben haben. Bei einem Aufenthalt von weniger als einem Jahr unterliegen sie jedoch nicht der dortigen unbeschränkten Steuerpflicht.

 

Rz. 11

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

 

Beispiel 1:

Ein Arbeitnehmer begründet während seines zehnmonatigen Aufenthalts in China einen Wohnsitz. Die Familie ist dem Arbeitnehmer in den Tätigkeitsstaat gefolgt. Die Wohnung im bisherigen Ansässigkeitsstaat steht der Familie jederzeit zur Nutzung zur Verfügung. Trotz der Begründung des Wohnsitzes wird nach chinesischem Recht bei einem kurzfristigen Aufenthalt keine unbeschränkte Steuerpflicht ausgelöst. Vielmehr werden lediglich die für eine in China ausgeübte Tätigkeit gezahlten Vergütungen der dortigen Besteuerung unterworfen (beschränkte Steuerpflicht).

Der Arbeitnehmer ist nach Art. 4 Abs. 1 DBA-China nur in Deutschland ansässig.

 

Rz. 12

Stand: EL 124 – ET: 11/2020

Ist die Person nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA in beiden Vertragsstaaten ansässig (sog. doppelte Ansässigkeit), ist nach der in Art. 4 Abs. 2 OECD-MA festgelegten Prüfungsreihenfolge festzustellen, in welchem Vertragsstaat die Person als ansässig gilt. Verfügt die Person nur in einem Staat über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in diesem Staat ansässig. Unter einer ständigen Wohnstätte sind Räumlichkeiten zu verstehen, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen geeignet sind, die ständig genutzt werden können und die tatsächlich regelmäßig genutzt werden. Es handelt sich um eine in den allgemeinen Lebensrhythmus der Person einbezogene Anlaufstelle (s. BFH-Urteile vom 23.10.1985, BStBl 1986 II S. 133, vom 16.12.1998, BStBl 1999 II S. 207 und vom 5.6.2007, BStBl 2007 II S. 812). Verfügt die Person in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Dabei sind ihre familiären und gesellschaftlichen Beziehungen, ihre berufliche, politische, kulturelle und sonstige Verwurzelung, der Ort ihrer Geschäftstätigkeit, der Ort, von wo aus sie ihr Vermögen verwaltet, und Ähnliches zu berücksichtigen. Die Umstände sind als Ganzes zu prüfen und nach objektiven Kriterien gegeneinander abzuwägen. Lässt sich die Ansässigkeit nach diesen Kriterien nicht bestimmen, sind als Hilfsmerkmale zunächst der gewöhnliche Aufenthalt und danach die Staatsa...

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