1
Auf einen Blick: Bekleidung, auch wenn sie bei der Arbeit getragen wird, ist typisierend mit dem Grundfreibetrag abgegolten. Zu Werbungskosten führen nur Aufwendungen für die typische Berufsbekleidung, die für den Arbeitnehmer ein Arbeitsmittel ist (§ 9 Abs 1 Satz 3 Nr 6 EStG). Die stark durch Kasuistik geprägte Abgrenzung wird hier im Einzelnen dargestellt. Stellt der ArbG/Dienstherr typische Berufskleidung, bleibt das steuerfrei (§ 3 Nr 4 und Nr 31 EStG). |
A. Grundsätzliches zur bürgerlichen Kleidung
Rz. 1
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Bekleidung gehört zum Existenzminimum: Aufwendungen für die Anschaffung von Kleidung befriedigen das allgemeine Bedürfnis des Menschen, bekleidet zu sein, und sind deshalb idR Aufwendungen für die persönliche > Lebensführung, auch wenn die Kleidung gleichzeitig im Beruf benutzt wird. Der Bekleidungsaufwand eines Stpfl gehört zu den existenzbedingten menschlichen Grundbedürfnissen und ist deshalb regelmäßig mit dem tariflichen Grundfreibetrag abgegolten (> Existenzminimum, > Grundfreibetrag Rz 1). Wie für andere Grundbedürfnisse wird aber steuerlich nur ein Mindestbedarf berücksichtigt. Will und kann ein Stpfl darüber hinaus mehr für seine bürgerliche Kleidung aufwenden, wird das steuerlich nicht berücksichtigt (BFH/NV 2014, 335 mwN – betr "Business-Kleidung"; EFG 2014, 1377; > Lebensführung Rz 1).
Rz. 2
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Keine Erwerbsaufwendungen: Aufwendungen für Bekleidung sind – auch wenn sie während der Berufsarbeit getragen wird – grundsätzlich nicht so gut wie ausschließlich beruflich veranlasst und deshalb keine > Werbungskosten oder > Betriebsausgaben (> R 9.1 Abs 2 Satz 1 LStR). Es handelt sich also nicht etwa um gemischte Aufwendungen iSv § 12 Nr 1 EStG, die einer Aufteilung in einen privaten und beruflichen Teil zugänglich sind. Eine unbedeutende berufliche Mitveranlassung eröffnet ohnehin keinen Abzug von BA/WK. Das gilt auch, wenn die bürgerliche Kleidung einer besonders hohen Abnutzung unterliegt (BFH/NV 1987, 33). Selbst bei einer mehrwöchigen Reise in fernöstliche Länder führt die Reinigung der bürgerlichen Kleidung nicht zu Reisenebenkosten (EFG 1994, 467).
Rz. 3
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Für den erhöhten Verschleiß bürgerlicher Kleidung gilt eine Ausnahme: Ein WK-Abzug nach § 9 Abs 1 Satz 1 EStG kommt in Betracht, wenn die beruflich verursachte Vermögensminderung nach objektiven Maßstäben abzugrenzen ist (BFH 134, 29 = BStBl 1981 II, 781 – Aufteilung aber abgelehnt –; ergänzend > Werbungskosten Rz 18 ff) und sie nicht von dritter Seite ausgeglichen wird, weil Anspruch auf > Schadensersatz besteht. In Betracht kommt etwa ein Unfall während der Berufsarbeit, bei dem die bürgerliche Kleidung zerrissen oder mit Öl verschmiert wird.
Rz. 4
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Außergewöhnlich hohe Aufwendungen für bürgerliche Kleidung, zB einer Schauspielerin, Fernsehansagerin, eines > Model oder Dressman, sind nicht als WK abziehbar (BFH 158, 221 = BStBl 1990 II, 49; EFG 1991, 458). Die Aufwendungen dürfen nicht aufgeteilt werden (BFH/NV 2014, 335; > Lebensführung Rz 8).
B. Werbungskostenabzug für Berufskleidung
I. Typische Berufskleidung als Arbeitsmittel
Rz. 5
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Anders als normale ‚bürgerliche’ Kleidung wird typische Berufskleidung als > Arbeitsmittel behandelt (> R 9.1 Abs 2 Satz 3 Nr 1 LStR); die Aufwendungen dafür sind als > Werbungskosten abziehbar (§ 9 Abs 1 Satz 3 Nr 6 EStG). Um solche Kleidung handelt es sich nur, wenn die Eigenart des Berufs ihre Beschaffenheit typischerweise bestimmt und der > Arbeitnehmer sie sonst nicht tragen würde; das allgemeine Bekleidungsbedürfnis tritt dann in den Hintergrund. Solche Kleidung kommt auch typischerweise bzw nach allgemeinen Gepflogenheiten nicht für eine Nutzung im Privatleben in Betracht.
Rz. 6
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Ob die Ausgaben für die typische Berufskleidung im Jahr der Anschaffung als WK abzusetzen sind oder auf mehrere Jahre verteilt werden müssen, hängt von der Nutzungsdauer des angeschafften Gegenstands und von der Höhe der Aufwendungen ab (> R 9.12 LStR; > Arbeitsmittel Rz 7 ff). Zum Zeitpunkt des Abzugs von Beiträgen an Kleiderkassen > Rz 15.
II. Abgrenzung der typischen Berufskleidung
Rz. 7
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Der Begriff der ‚typischen Berufskleidung’ wird nicht einheitlich abgegrenzt. Es besteht ein hohes Maß an – teils gar widersprüchlicher – Kasuistik: Ob zB uniforme Arbeitskleidung zur ‚typischen Berufskleidung’ gehört, wird für den WK-Bereich und die Steuerbefreiung des § 3 Nr 31 EStG (> Rz 20 ff) unterschiedlich entschieden. Der BFH hat für den WK-Abzug hervorgehoben, dass nicht alle von einer Kleiderkasse angebotenen Kleidungsstücke Arbeitsmittel sind (> Rz 15). Ein seinem Charakter nach zur bürgerlichen Kleidung gehörendes Kleidungsstück (hier: Lodenmantel) wird nicht dadurch zur typischen Berufskleidung, dass es nach der Dienstanweisung des > Arbeitgeber zur Dienstbekleidung zählt und mit einem Dienstabzeichen (zu) versehen ist (BFH 179, 403 = BStBl 1996 II, 202; siehe dazu auch > Rz 11). Die einheitlichen Kostüme, Schuhe und Strümpfe, die während der Dienstzeit vom Verkaufspersonal eines Lederwarengeschäfts getragen werden sollen, sind e...