Die Änderungen des JStG 2013 im Überblick

Das Jahressteuergesetz (JStG) 2013 wurde am 25.10.2012 vom Deutschen Bundestag beschlossen. Gegenüber dem Regierungsentwurf haben sich dabei noch sehr viele Änderungen ergeben. Die Verabschiedung im Bundesrat ist für den 23.11.2012 geplant.

Der Finanzausschuss hat den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 (BT-Drucks.17/10000) vom 23.5.2012 in seiner Sitzung am 24.10.2012 nach Einfügung zahlreicher Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen und Ablehnung mehrerer Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen gebilligt. Der Gesetzentwurf (BT-Drucks. 17/11190 v. 24.10.2012 sowie 17/11220 vom 25.10.2012) wurde am 25.10.2012 im Bundestag beschlossen.

Das Jahressteuergesetz (JStG) 2013 umfasst insgesamt annähernd 100 einzelne Änderungen aus unterschiedlichen Steuerbereichen gegliedert in 33 Artikel, inklusive einem komplett neuen EU-Amtshilfegesetz.

Im JStG 2013 werden neben der Anpassung des deutschen Steuerrechts an Recht und Rechtsprechung der EU auch Empfehlungen des Bundesrechnungshofes aufgegriffen. Andere Maßnahmen dienen dem Steueraufkommen oder der Verfahrensvereinfachung und dem Bürokratieabbau.

Das Gesetz tritt im Wesentlichen am 1.1.2013 in Kraft, das bisherige EG-Amtshilfe-Gesetz tritt damit außer Kraft.

Zahlreiche Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf

Das vom Bundestag beschlossene JStG 2013 beinhaltet im Vergleich zum Regierungsentwurf (BT-Drucks.17/10000) vom 23.5.2012 außerordentlich viele weitere wesentliche Neuregelungen, die zum Großteil auf Anregung des Bundesrates aufgenommen wurden (BR-Drucks. 302/12 (B):

EStG

  • Wehrsold und Dienstgeld für freiwillig Wehrdienstleistende sind auch in Zukunft steuerfrei. Neu aufgenommen wurde, dass alle Bezüge von Reservisten von der Steuer ausgenommen werden. Außerdem sollen (Taschen-)Geldbezüge in freiwilligen zivilen Diensten, insbesondere im Jugendfreiwilligendienst steuerbefreit sein.

  • Die ermäßigte Listenpreis-Regelung wird auf Autos mit Brennstoffzellenantrieb ausgedehnt.

  • Nach heftiger Kritik wird die geplante Freistellung von Bildungsleistungen von der Umsatzsteuer zurückgenommen, da erheblicher Aufwand im praktischen Vollzug besteht.

  • Es erfolgt eine gesetzliche Klarstellung der Regelung zur Ermittlung des anschaffungsnahen Herstellungsaufwandes bei der Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG

  • Der zutreffende Ansatz steuerfreier Erstattungen und Zuschüsse zu Beiträgen zu einer Renten-, Kranken- und/oder Pflegeversicherung in der Einkommensteuerveranlagung soll durch Änderungen in § 10 Abs. 4b Satz 4 - 6 EStG sichergestellt werden.

  • Einführung einer neuen Regelung zum Verlustabzug bei gewerblicher Tierzucht in § 15 Abs. 4 Satz 2 und 7 EStG

  • Neue Verschonungsregelung für den Unterhaltsempfänger, indem ein angemessenes Hausgrundstück bei der Ermittlung des eigenen Vermögens im Rahmen von § 33a Abs. 1 EStG unberücksichtigt bleibt

  • Einführung einer Pauschalbesteuerung von überlassenen Datenverarbeitungsgeräten - und nicht nur PCs - in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG

  • Bestimmung in § 45a EStG zur Erteilung von Steuerbescheinigung in den Fällen des Abzugs von Kapitalertragsteuer gem. § 44 Abs. 1a EStG

  • Einschränkung der geplanten vollständigen Abstandnahme von Kapitalertragsteuer aufgrund von Freistellungsaufträgen bei Gewinnausschüttungen von GmbHs über § 44a Abs. 1 EStG

  • Verluste, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, werden zur Vermeidung von Gestaltungsmissbrauch bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes erst dann von Anschaffungs-/Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens berücksichtigt, wenn sie veräußert oder entnommen werden (§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2c EStG).

  • Einführung einer neuen Lohnsteuer-Nachschau in § 42g EStG

  • Es ergeben sich Verbesserungen beim Verfahren für den automatischen Einbehalt von Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer durch die Banken (§ 51a Abs. 2c Nr. 3 und Abs. 2e EStG) und der Starttermin wird um ein Jahr auf den 1.1.2015 verschoben (§ 52a Abs. 18 Satz 2 EStG)

  • Aufgrund des Starts der ELStAM werden Regelungen zur gestreckten Einführung des Verfahrens der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale sowie für den Übergangszeitraum in § 52b EStG geschaffen.

KStG/GewStG

  • Eingebaut wird eine Verlängerung der bereits bestehenden Übergangsregelung in § 34 Abs. 10b Satz 3 KStG zur Auflösung von Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen bis 2015 (§ 21 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KStG).

  • Die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags wird in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG von Windkraftanlagenbetreibern auf weitere alternative Energie wie etwa Solar und Wasserkraft ausgeweitet.

  • Es erfolgt eine redaktionelle Folgeänderung in der Sonderregelung des § 19 GewStDV in Hinsicht an die für bestimmte Zahlungsinstitute geänderten kreditaufsichtsrechtlichen Vorschriften.

UStG

  • Die Umsatzsteuerbefreiung wird auf Heilbehandlungsleistungen im Rahmen der hausarztzentrierten und besonderen ambulanten Versorgung über § 4 Nr. 14c UStG ausgeweitet.

  • Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wird auf Lieferungen von Gas (über das Erdgasnetz) und von Elektrizität durch einen im Inland ansässigen Unternehmer an einen anderen Unternehmer ausgeweitet, sofern der selbst derartige Leistungen erbringt (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b und Abs. 5 Satz 2 UStG).

  • Es kommt zur Herausnahme von Personenbeförderungsleistungen mit allen Landfahrzeugen aus der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b Abs. 6 Nr. 2 UStG).

  • § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG wird insoweit geändert, dass der Unternehmer die Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt worden sind, bereits mit ihrer Entstehung abziehen kann.

  • Es erfolgt eine Erweiterung des Rückausschlusses des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 3 UStG um die Steuerbefreiungsvorschriften § 4 Nr. 10b und Nr. 11 UStG. Das geschieht durch die Einräumung des Rechts auf Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen für befreite Versicherungs- und Finanzumsätze, wenn sich diese befreiten Versicherungs- und Finanzumsätze unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden, oder der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 1b und Nr. 2b UStG).

  • Der Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefreiung wird auf eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen ausgeweitet, und zwar auch auf privat-gewerbliche Sozialleistungserbringer. Hinzu kommt die Einführung einer umfassenden Umsatzsteuerbefreiung für rechtliche Betreuungsleistungen in den Vorschriften des § 4 Nr. 16, Nr. 18 und Nr. 25 Satz 3 UStG.

  • Die zuvor geplante Neufassung zur Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen mit Folgeänderungen in § 4 Nr. 21 und 22 UStG wird aufgegeben.

  • Im Bereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes (§ 12 Abs. 2 UStG) kommt es ab 2014 zur Änderung für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke (kein ermäßigter Steuersatz mehr für gewerbliche Kunsthändler). Außerdem wird eine Pauschalmarge für Kunstgegenstände über § 25a Abs. 3 Satz 2 UStG eingeführt.

AO

  • Im Bereich der Gemeinnützigkeit wird darauf verzichtet, dass die Finanzbehörden die Verfassungsfeindlichkeit eines Vereins feststellen und die Gemeinnützigkeit aberkennen müssen (Streichung der vorgesehenen Regelung über die Voraussetzungen für die Aberkennung der Gemeinnützigkeit extremistischer Gruppierungen in § 51 Abs. 3 Satz 2 AO).

  • Einführung eines Gleichlaufs der Festsetzungsfristen beim Steuerschuldner und -entrichtungspflichtigen: Hierdurch bleibt z. B. der Erlass eines Haftungsbescheides bis zum Ablauf der für den Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist zulässig (§ 171 Abs. 15 AO).

  • Die Abrundung bei der Aufteilung einer Gesamtschuld in § 275 AO wird gestrichen, da diese Regelung, die seinerzeit als Verwaltungsvereinfachung eingeführt wurde, jetzt keine Vereinfachung mehr darstellt.

Sonstige Gesetze

  • Es kommt nach der Vorgabe des BVerfG zur rückwirkenden Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit Ehegatten für alle noch nicht bestandskräftigen Altfälle ab Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1.8.2001 im Grunderwerbsteuerrecht (§ 23 Abs. 9 GrEStG).

  • Redaktionelle Klarstellung, dass der im Gesetz geregelte Vorrang eines DBA bereits bei der Steuererklärung zu berücksichtigen ist (§ 1 Abs. 5 AStG)

  • Änderung der Anwendungsregelung zur Vermeidung einer unechten Rückwirkung (§ 21 Abs. 20 AStG)

  • Berücksichtigung europarechtlicher Bedenken durch die Änderung der vorgesehenen Vorschrift § 15 Abs. 6 AStG, sodass eine Zurechnung von Einkünften nach den neu eingefügten § 15 Abs. 9 und 10 AStG bei Stiftungen mit Sitz und Geschäftsleitung in der EU/EWR ebenfalls nur in Betracht kommt, wenn die vorgesehenen Nachweise zur Existenz einer echten Stiftung nicht erbracht werden

  • Klarstellung zum Begriff „Ruhegehälter“ für den automatischen Informationsaustausch im EU-Amtshilfegesetz (§ 7 EUAHiG) bei der Verwendung von Informationen und Dokumenten (§ 15 EUAHiG)

  • Redaktionelle Änderungen beim Kindergeldanspruch im Falle des freiwilligen Wehrdienstes (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 2 Abs. 2 BKGG, § 61 Abs. 2 BeamtVG, § 59 Abs. 2 SVG)

  • Die Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen bei Mitgliedern, die im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung Arbeitgeberaufgaben wahrnehmen, besteht auch nach der Neuregelung des Abzugs der Kinderbetreuungskosten im Steuervereinfachungsgesetz 2011 (§ 4 Nr. 11 Satz 3 StBerG) weiter.

  • Es kommt zu einer Neuregelung in § 164c StBerG zur Zuordnung der Beamten zum gehobenen und höheren Dienst, nach der Laufbahnstruktur im Rahmen der Föderalismusreform (§ 164s StBerG).

  • Das Sitzland der Börse wird durch den Börsenträger von der Haftung freigestellt (§ 5 Abs. 6 BörsG).

  • Es kommt zur Berücksichtigung der Gebührenabrechnungsergebnisse bei der beauftragten Flugsicherungsorganisation (§ 31b Abs. 3 und § 37 Abs. 2a  LuftVG).

  • Weitere rechtstechnische Änderungen und redaktionelle Folgeänderungen

Überblick über die schon im Regierungsentwurf geplanten Änderungen

Die unmittelbare Umsetzung von EU-Recht erfolgt durch die Einführung des EU-Amtshilfegesetzes (EUAHiG) über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, um insbesondere Steuern bei grenzüberschreitenden Steuersachverhalten ordnungsgemäß festzusetzen. Dies erfolgt durch effizientere Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten auf internationaler Ebene. Zudem erfolgt die Einbindung des OECD-Standards beim zwischenstaatlichen Informationsaustausch für Besteuerungszwecke.

Neben dieser direkten Umsetzung von EU-Recht erfolgen darüber hinaus folgende internationale Anpassungen:

  • Änderung § 43b EStG, Anlage 2 zum EStG, § 8b Abs. 9 und § 34 Abs. 7 KStG sowie § 9 Nr. 4 GewStG durch Angleichung an die sog. Mutter-Tochter-Richtlinie

  • Die Änderung des § 3a Abs. 3 UStG setzt die EU-Richtlinie vom 12.2.2008 bezüglich des Ortes der Dienstleistung fristgerecht um.

  • Die Rechnungsstellungsrichtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem hinsichtlich der Rechnungsstellungsvorschriften wird in den §§ 14 und 14a UStG umgesetzt.

Darüber hinaus ergeben sich viele weitere Änderungen:

  • Zur Umsetzung des Regierungsprogramms Elektromobilität wird die private Nutzung von betrieblichen Elektrofahrzeugen entlastet.

  • Anpassungen im EStG an die Aussetzung der Wehrpflicht

  • Ausweitung des Pflege-Pauschbetrags auf den EU- und EWR-Raum

  • Vereinfachung durch die Antragsmöglichkeit für Arbeitnehmer, den im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigenden Freibetrag künftig auf 2 Jahre zu verlängern, damit sie den Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt nicht mehr jährlich zu stellen brauchen

  • Modernisierung und Vereinfachung des Verfahrens der Anmeldung der Feuerschutzsteuer durch die Option, diese künftig elektronisch abzugeben

  • Umstellung auf durchgehende Jahresabgabe der Bundesstatistiken zur Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer

  • Neuregelung des Entlastungsverfahrens für hybride ausländische Gesellschaftsformen

  • Erweiterung des Abstands beim Abzug von KESt nach § 44a EStG, um Veranlagungen zu vermeiden

  • Umstellung des Erstattungsverfahrens bei Gesamthandsgemeinschaften in § 44b EStG

  • Einführung eines Umsatzsteuer-Vergütungsverfahrens für Leistungen an europäische Forschungsinfrastrukturkonsortien

  • Die Aufbewahrungsfristen werden in AO, HGB und UStG zunächst ab 2013 auf 8 und in einem weiteren Schritt ab 2015 auf 7 Jahre verkürzt und vereinheitlicht.

  • Rechtsgrundlage in § 1 AStG, um den Fremdvergleichsgrundsatz nach OECD-Standard uneingeschränkt auf internationale Betriebsstättenfälle anwenden zu können. Außerdem wird die Vorschrift zur Vermeidung von rechtlichen Risiken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit um Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften ergänzt.

Schließlich erfolgen redaktionelle Anpassungen diverser Maßnahmen mit überwiegend technischem Charakter, z.B.

  • redaktionelle Anpassungen der Steuergesetze an den Vertrag von Lissabon,

  • Folgeanpassungen an die Abschaffung der Wehrpflicht,

  • Anpassung weiterer steuerlicher Vorschriften beim KESt-Abzug sowie

  • Detailregelungen zur elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung und Folgeänderungen im Fünften Vermögensbildungsgesetz

  • Rechtsgrundlage für die künftige Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer durch die Zollverwaltung nach dem Ende der Organleihe.

Inkrafttreten

Die Änderungen im JStG 2013 treten grundsätzlich am 1.1.2013 in Kraft. Es bestehen jedoch zahlreiche Ausnahmen, die in Art. 33 Abs. 2 - 8 JStG 2013 aufgeführt sind. Manche Regelungen treten nach dem Tag der Verkündung oder sogar rückwirkend zum 1.1.2012 in Kraft, wieder andere sind von Entscheidungen der Europäischen Kommission bzw. der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU abhängig. Weitere Vorschriften treten zum 1.1.2014 in Kraft. Vgl. hierzu im Einzelnen die nachfolgenden Kapitel und den Gesetzentwurf.

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