Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug

Ab 2022 ist die Sachbezugs-Freigrenze auf 50 EUR erhöht worden. Gleichzeitig gelten aber seit Jahresbeginn verschärfte Voraussetzungen für die Anerkennung von Gutscheinen und Geldkarten. Die Verwaltung hat im März mit geändertem Anwendungserlass zu den Neuerungen Stellung genommen.

Bereits seit 2020 gibt es gesetzliche Einschränkungen für Gutscheine, Geldkarten und zweckgebundene Geldleistungen. Kritisch hinsichtlich der Sachbezugseigenschaft sind seit der Änderung insbesondere sogenannte Geldkarten, die im Zahlungsverkehr eingesetzt werden können, sowie Gutscheine mit unbegrenzten Einlösungsmöglichkeiten. Sowohl die Sachbezugsfreigrenze wie auch andere Vergünstigungen (z.B. steuerfreie Aufmerksamkeiten bis 60 EUR zu persönlichen Ereignissen) sind aber an die Sachbezugseigenschaft gekoppelt: Liegt kein Sachbezug vor, gibt es auch keine Steuerbefreiung. Auch eine Pauschalierung nach § 37b EStG ist dann nicht möglich.

Zu den Neuregelungen hat die Finanzverwaltung nun mit geändertem Erlass ausführlich Stellung genommen. In einigen Fällen hat sie die Zügel bei den Gutscheinen auch wieder ein bisschen gelockert. Der neue Erlass ersetzt das BMF-Schreiben v. 13.4.2021 (IV C 5 - S 2334/19/10007 :002).

Die Grundsätze des überarbeiteten Schreibens sind rückwirkend ab dem 1.1.2020 anzuwenden. Die inzwischen ausgelaufene Übergangsregelung zur Anerkennung aller Gutscheine, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, bis zum 31.12.2021 als Sachbezug bleibt aber unverändert.

Gesetzliche Regelungen

Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Für die Anwendung der Sachbezugsgrenze in Betracht kommen also nur Sachleistungen, aber kein Geld.

Gesetzlich wird seit 2020 festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, sog. Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG). Das führt dazu, dass die Übergabe von Geld an Beschäftigte, auch wenn dieses als zweckgebundene Leistung für einen Sachbezug hingegeben wird, steuerpflichtig ist. Ebenso sind nachträgliche Kostenerstattungen als Barlohn vom ersten Euro an steuerpflichtig.

Schädlich hinsichtlich der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze ist es demnach beispielsweise, wenn der Arbeitgeber zweckgebundene Tankzuschüsse vergibt oder nachträglich Treibstoffkosten erstattet. Nicht mehr begünstigt sind regelmäßig auch durch den Arbeitgeber selbst erstellte Gutscheine, weil diese oftmals zu einer nachträglichen Kostenerstattung führen (zu einer Ausnahme siehe unten).

Weiterhin als Sachbezüge begünstigt sind hingegen auch nach dem Verwaltungserlass ausdrücklich:

  • die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss durch den Arbeitgeber,
  • die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann,
  • die Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken).

Sonderregelung für Gutscheine und bestimmte Geldkarten

Die gesetzliche Regelung erfasst auch sog. Geldsurrogate als schädlich. Damit könnten grundsätzlich auch Gutscheine gemeint sein. Gutscheine und Geldkarten sind jedoch ein flexibles Mittel der Sachzuwendung im Rahmen der 50-EUR-Freigrenze und gerade in der heutigen digitalen Zeit bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern weit verbreitet. Daher ist eine Ausnahmeregelung in das Gesetz aufgenommen worden (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EStG). Die vorstehende Verschärfung gilt danach nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und bestimmte Kriterien nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen.

Zur zweiten Voraussetzung weiter unten mehr...

Geldersatzkarten schädlich

Begünstigt sind aber in jedem Fall nur Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen! Kein Sachbezug sind hingegen Geldkarten, die als Geldersatz im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können.

Der neue Erlass nimmt hier Ergänzungen vor und stellt klare Regelungen zum Gutscheintausch auf. Als Geldleistung zu behandeln sind insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die

  • über eine Barauszahlungsfunktion verfügen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt oder auf einen anderen Gutschein oder eine andere Geldkarte übertragen werden können; dies gilt auch bei einem monatlichen Wechsel z.B. der Ladenkette im Rahmen einer weiteren Aufladung eines Guthabens auf derselben Geldkarte;
  • über eine eigene IBAN verfügen,
  • die für Überweisungen (z.B. Paypal) oder
  • für den Erwerb von Devisen (z.B. Pfund, US-Dollar, Franken) oder Kryptowährungen (z. B. Bitcoin, Ethereum) verwendet oder
  • als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können,
  • ausschließlich berechtigen, sie gegen andere Gutscheine oder Geldkarten einzulösen (z.B. Gutscheinportale), weil der alleinige Bezug eines weiteren Gutscheins oder einer weiteren Geldkarte kein Bezug von Waren oder Dienstleistungen ist.

Das Tauschverbot gilt jedoch nach dem Verwaltungserlass ausdrücklich nicht, wenn durch technische Vorkehrungen und in den zur Verwendung kommenden Vertragsvereinbarungen sichergestellt ist, dass

  • die Einlösung nur gegen andere Gutscheine oder Geldkarten erfolgen kann, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und alle nachfolgend dargestellten Kriterien erfüllen und
  • den Beschäftigten das Guthaben erst nach Auswahl des anderen Gutscheins oder der anderen Geldkarte zur Verfügung steht (z.B. Auswahl vor Freischaltung eines Gutscheincodes oder vor Aufladung des Guthabens auf die Geldkarte).

Geldleistungen sind also ab dem ersten Euro steuerpflichtig, eine Anwendung u.a. der Sachbezugsfreigrenze scheidet aus. Schädlich sind auch sogenannte Prepaid-Geldkarten.

Viele Anbieter haben aber inzwischen ihre Bedingungen entsprechend angepasst. Trotzdem kommt es natürlich immer auf den Einzelfall an.

Verschärfte Voraussetzungen für Gutscheine ab 2022

Um als Sachbezüge anerkannt zu werden müssen die Gutscheine und Geldkarten ab 2022 nicht nur ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, sondern zusätzlich auch bestimmte Kriterien nach dem Zahlungsdienstaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen. Danach sind drei verschiedene Kategorien erlaubt:

Limitierte Netze (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG):

Gutscheine und Geldkarten gehören zu den Sachbezügen, wenn sie unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins mit Sitz im Inland zu beziehen oder aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. 

Begünstigt sind demnach z.B. Centergutscheine und Kundenkarten von Shopping-Malls.

Ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen gilt für lohnsteuerliche Zwecke auch als erfüllt:

  • bei städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden im Inland oder im Internetshop der jeweiligen Akzeptanzstelle,
  • bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region (z. B. mehrere benachbarte Städte und Gemeinden im ländlichen Raum) erstrecken, oder im Internetshop der jeweiligen Akzeptanzstelle,
  • wenn Einkaufs- und Dienstleistungsverbünde im vorstehenden Sinne auf die unmittelbar räumlich angrenzenden zweistelligen Postleitzahlen (PLZ)-Bezirke begrenzt werden (dabei werden Städte und Gemeinden, die jeweils in zwei PLZ-Bezirke fallen, als ein PLZ-Bezirk betrachtet). Es bestehen keine Bedenken, wenn die Auswahl dieser PLZ-Bezirke durch die Beschäftigten erfolgt;
  • aus Vereinfachungsgründen bei Gutscheinen oder Guthabenkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen von einer bestimmten Ladenkette (einem bestimmten Aussteller) in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt.

Bei der letzten Gruppe nimmt der neue Erlass eine erfreuliche Lockerung vor: Die erforderliche Begrenzung der Akzeptanzstellen gilt auch als erfüllt, wenn sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin vor Hingabe des Gutscheins oder vor Aufladung des Guthabens auf die Geldkarte aus verschiedenen Ladenketten je eine auswählen kann.

Daneben enthält der Verwaltungserlass weitere Beispiele. Begünstigt sind auch:

  • wieder aufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel;
  • von einer bestimmten Tankstellenkette ausgegebene Tankkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt;
  • Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette berechtigen. Diese Voraussetzung ist problematisch, weil inzwischen viele Onlinehändler auch Waren von Fremdanbietern über ihre Plattformen anbieten, für deren Kauf die Gutscheine je nach den Bedingungen im Einzelfall ebenfalls einlösbar sind. Hier gibt es auch im überarbeiteten Verwaltungserlass keine Lockerung.

Ausnahmsweise zulässig ist auch ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein, wenn die Akzeptanzstellen (z.B. Tankstelle) aufgrund eines vorher geschlossenen (Rahmen-) Vertrags unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen (hier erfolgt keine nachträgliche Kostenerstattung).

Limitierte Produktpalette (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG)

Gutscheine oder Geldkarten gehören ebenfalls zu den Sachbezügen, wenn sie unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen. Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es dabei nicht an. 

Nicht ausreichend ist nach dem neuen Verwaltungserlass jedoch die alleinige Bezugnahme auf eine Händlerkategorie (z. B. sog. Merchant Category Code, MCC). Sofern zu einer begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette - wenn auch in geringem Maße - Waren oder Dienstleistungen einer anderen Palette angeboten werden, sind die vorstehenden Voraussetzungen für limitierte Netze zu beachten.

Begünstigt sind hingegen Gutscheine und Geldkarten, die beispielsweise begrenzt sein können

  • auf Kraftstoffe, Ladestrom usw. ("Alles, was das Auto bewegt") oder
  • auf Fitnessleistungen (z.B. für den Besuch von Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen).
  • auf Streamingdienste für Film und Musik,
  • auf Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, auch als Hörbücher oder Downloads.

Instrumente zu steuerlichen und sozialen Zwecken (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c ZAG)

Das ist der Ausnahmefall. Gutscheine oder Geldkarten gehören auch zu den Sachbezügen, wenn sie

  • unabhängig von einer Betragsangabe dazu berechtigen,
  • aufgrund von Verträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen
  • Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (sogenannte Zweckkarte).

Auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an. Begünstigt hiernach sind insbesondere Verzehrkarten in Form von Essensgutscheinen, Restaurantschecks sowie digitale Essenmarken.

Ein "begünstigter" sozialer oder steuerlicher Zweck soll aber gerade nicht die Inanspruchnahme der monatlichen Sachbezugsgrenze sein, ebenso nicht die Grenze von 60 EUR für Aufmerksamkeiten anlässlich eines besonderen persönlichen Ereignisses oder die 30-Prozent-Pauschalsteuer nach § 37b EStG bei Sachzuwendungen.

Was man sonst noch zu Gutscheinen und Geldkarten wissen muss

Der Verwaltungserlass enthält darüber hinaus wichtige Hinweise zur richtigen Gutscheinverwendung ohne die Anwendung der Sachbezugsfreigrenze zu gefährden:

(Auflade-)Gebühren

Bei den vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Bereitstellung (z.B. Setup-Gebühr) und Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten handelt es sich nicht um einen zusätzlichen geldwerten Vorteil, sondern um eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers und damit nicht um Arbeitslohn der Betroffenen. Die Gebühren werden also bei der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze nicht mitgezählt.

Zuflusszeitpunkt

Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt

  • bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die bei einem Dritten einzulösen sind, im Zeitpunkt der Hingabe und
  • bei Geldkarten frühestens im Zeitpunkt der Aufladung des Guthabens, weil der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegenüber dem Dritten erhält;
  • bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die beim Arbeitgeber einzulösen sind, im Zeitpunkt der Einlösung.

Zusätzlichkeit

Gutscheine und Geldkarten fallen im Übrigen seit 2020 nur noch dann unter die Sachbezugs-Freigrenze, wenn sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG). Der steuerliche Vorteil soll damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden. Die Zusätzlichkeit ist inzwischen gesetzlich definiert worden (§ 8 Abs. 4 EStG). Insbesondere besteht keine Begünstigung, wenn der Gutschein auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird oder der Anspruch auf Arbeitslohn wegen der zusätzlichen Leistung herabgesetzt wird.

BMF, Schreiben v. 13.4.2021, IV C 5 -S 2334/19/10007 :002

Aktuell: BMF, Schreiben v. 15.3.2022, IV C 5 - S 2334/19/10007 :007

Schlagworte zum Thema:  Sachbezug, Gutschein, Lohnsteuer