
Die Kosten einer Kryokonservierung von Samenzellen bei drohender Unfruchtbarkeit stellen keinen Härtefall-Mehrbedarf dar, auch wenn sie nicht im Hartz IV-Regelsatz berücksichtigt sind. Das hat das Bundessozialgerichts am 26.11.2020 entschieden und hob damit das Urteil der Vorinstanz auf.
Geklagt hatte ein heute 22-Jähriger gegen das Jobcenter Essen. Der Mann hatte 2014 wegen eines Immundefekts eine Chemotherapie bekommen und zuvor auf ärztlichen Rat Sperma einfrieren lassen. Nach der Behandlung war er unfruchtbar. Eine Übernahme der jährlichen Kosten von 297,50 EUR lehnten sowohl Krankenkasse als auch Jobcenter ab. Die Kosten seien nicht Teil des Existenzminimums, das Krankenbehandlungen einschließt, sagte der Vertreter des Jobcenters: «Es ist keine Behandlung, weil sich der Zustand des Kranken nicht verändert.»
Kosten einer Kryokonservierung von Samenzellen als Mehrbedarf?
Der Anwalt des Klägers argumentierte, es handele sich um einen Mehrbedarf wie die Anschaffung von Schulbüchern. Die Familienplanung stehe unter dem Schutz des Grundgesetzes. Doch aus der staatlichen Pflicht zum Schutz von Ehe und Familie könne eine so weitreichende Förderungspflicht des Gesetzgebers nicht abgeleitet werden, entschied das Bundessozialgericht.
Die Richter verwiesen zudem darauf, dass gesetzlich Krankenversicherte künftig einen Anspruch auf Kryokonservierung in solchen Fällen haben. Das Gesetz wurde 2019 eingeführt und sei noch in der Umsetzung.
Hinweis: Bundessozialgericht, Urteil v. 26.11.2020, B 14 AS 23/20 R, Vorinstanzen: Sozialgericht Duisburg, S 41 AS 1754/18, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 7 AS 845/19
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