Versicherte erhalten Verletztengeld, wenn sie infolge eines Versicherungsfalls der gesetzlichen Unfallversicherung arbeitsunfähig sind und unmittelbar vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder eine Entgeltersatzleistung hatten.[1]

Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.[2]

Ein Versicherter ist arbeitsunfähig, wenn

  • wegen eines Versicherungsfalls die zuletzt ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden[3] oder
  • der Versicherte ihr nur unter der Gefahr der Verschlimmerung seiner Krankheit in absehbarer Zeit weiter nachgehen kann.[4]

Die Fortsetzung oder Aufnahme einer Arbeit auf Kosten der Gesundheit (Zwischenbeschäftigung) schließen Arbeitsunfähigkeit nicht aus. Unerheblich ist, dass der Versicherte möglicherweise noch eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung ausüben könnte. Die Arbeitsunfähigkeit besteht auch während einer stufenweisen Wiedereingliederung.[5]

 
Praxis-Tipp

Arbeitsunfall außerhalb der Erwerbstätigkeit

Der Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) muss nicht im Zusammenhang mit der Beschäftigung oder Tätigkeit eingetreten sein, für die der Versicherte arbeitsunfähig ist.

Das ist z. B. der Fall, wenn ein Arbeitnehmer während einer ehrenamtlichen Tätigkeit einen Arbeitsunfall erleidet und wegen dessen Folgen arbeitsunfähig in seinem Beschäftigungsverhältnis ist.

1.1 Arbeitslose

Die Definition des Begriffs Arbeitsunfähigkeit ist auch auf die Bezieher von Arbeitslosengeld nach dem SGB III oder Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übertragen. Hier ist auf eine zumutbare Beschäftigung abzustellen, auf die der Arbeitslose nach dem Recht der Arbeitsförderung oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende verwiesen werden kann. Danach sind einem Arbeitslosen alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen.[1]

1.2 Kinder/Schüler/Studenten

Kinder, Schüler und Studenten sind arbeitsunfähig, wenn sie neben dem Schulbesuch oder dem Studium (ggf. während der Ferien oder vorlesungsfreien Zeit) eine Tätigkeit verrichten und diese Tätigkeit infolge eines Versicherungsfall der Unfallversicherung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten können.[1] Die Arbeitsunfähigkeit endet mit dem vorgesehenen Ende der Beschäftigung, da von diesem Zeitpunkt an kein zu ersetzender Ausfall von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen vorhanden ist.

1.3 Verweisungstätigkeit

Die Arbeitsunfähigkeit endet, wenn der Versicherte nach beendetem Beschäftigungsverhältnis auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten verwiesen werden kann.[1] Für die Verweisbarkeit ist darauf abzustellen, welche Bedingungen das bisherige Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen geprägt haben und welche ähnlichen, d. h. dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgearteten Tätigkeiten, in Betracht kommen. Hat der Versicherte zuletzt einen anerkannten Ausbildungsberuf ausgeübt, so scheiden Tätigkeiten außerhalb dieses Berufs aus, da sie im Allgemeinen nicht ähnlich sind. Bei ungelernten Arbeiten ist das Spektrum der Verweisungstätigkeiten größer, weil die Verweisung nicht durch die Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist.

1.4 Hinzutritt einer Krankheit

Tritt zu einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Versicherungsfalls eine unfallunabhängige Krankheit hinzu, die für sich Arbeitsunfähigkeit verursachen würde, wird dadurch keine weitere Arbeitsunfähigkeit begründet, die selbstständige rechtliche Folgen auslösen könnte. Die hinzugetretene Krankheit löst erst dann selbstständige Folgen aus, wenn sie alleinige Ursache für die Arbeitsunfähigkeit ist. Dann fällt auch das Verletztengeld weg.

 
Praxis-Beispiel

Hinzutritt einer unfallunabhängigen Erkrankung

Ein Versicherter erleidet am 2.7. einen Arbeitsunfall und ist wegen der Folgen bis zum 5.10. arbeitsunfähig. Während dieser Zeit tritt am 10.9. eine unfallunabhängige Krankheit ein, die für sich ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde. Die Arbeitsunfähigkeit wegen der unfallunabhängigen Krankheit endet am 2.11.

Der Arbeitsunfall ist die wesentliche Ursache für die Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 2.7. bis 5.10. Die unfallunabhängige Erkrankung ist in der Zeit vom 6.10. bis 2.11. die wesentliche Ursache für die Arbeitsunfähigkeit. Entsprechend sind die Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen zu beurteilen.

Dies gilt auch, wenn zu einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer unfallunabhängigen Krankheit die Folgen eines Versicherungsfalls in der Unfallversicherung hinzutreten, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit auslösen würden.

 
Praxis-Beispiel

Hinzutritt einer unfallabhängigen Erkrankung

Ein Versicherter ist wegen der Folgen eines Herzinfarkts in der Zeit vom 4.4. bis 20.6. arbeitsunfähig krank. Er er...

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