Zusammenfassung

 
Begriff

Pflegebedürftige können bei Verhinderung der Pflegeperson (z. B. Urlaub oder Krankheit) Verhinderungspflege in Anspruch nehmen. Sie kann zu Hause oder in einer Einrichtung geleistet werden. Die Verhinderungspflege wird auch "Ersatzpflege" genannt.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die gesetzliche Grundlage für die Verhinderungspflege ist § 39 SGB XI. Weitere Regelungen ergeben sich aus dem Gemeinsamen Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und den Verbänden der Pflegekassen auf Bundesebene (GR v. 14.11.2023).

1 Leistungsinhalt

Anspruch auf Verhinderungspflege haben Pflegebedürftige bei Verhinderung der Pflegeperson wegen Urlaub oder Krankheit für bis zu 6 Wochen bzw. 1.612 EUR im Kalenderjahr, wenn sie zum Zeitpunkt der Verhinderung mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft sind.

Übernimmt die Verhinderungspflege eine Pflegeperson, die

  • mit dem Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert ist oder
  • mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt,

sind die Aufwendungen grundsätzlich auf die Höhe des 1,5-fachen des in dem jeweiligen Pflegegrad festgelegten Pflegegeldes für bis zu 6 Wochen beschränkt. Der Anspruch auf Verhinderungspflege entsteht mit jedem Kalenderjahr neu.

 
Wichtig

Erhöhung des Leistungsbetrags

Der Leistungsbetrag kann um 806 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege auf insgesamt 2.418 EUR im Kalenderjahr erhöht werden.

2 Anspruchsvoraussetzungen

Die Pflegeperson hat den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens 6 Monate in seiner häuslichen Umgebung zu pflegen. Die Wartezeit von 6 Monaten ist auch erfüllt, wenn

  • sich mehrere Personen die Pflege zeitlich geteilt haben oder
  • die Pflege weniger als 4 Wochen unterbrochen war.

Hat die Unterbrechung länger als 4 Wochen gedauert, so verlängert sich die Frist um diesen Zeitraum. Die Pflegeperson muss den Pflegebedürftigen nicht vor jeder neuen Unterbrechung der Pflegetätigkeit wiederum 6 Monate gepflegt haben.[1]

[1] GR v. 14.11.2023 zu § 39 SGB XI: Abschn. 2.

3 Inanspruchnahme

Verhinderungspflege kann bis zu 6 Wochen bzw. 1.612 EUR je Kalenderjahr durchgeführt werden:

  • In einer Einrichtung
  • Zuhause durch

    • zugelassene Pflegeeinrichtung (z. B. ambulante Pflegedienste)
    • andere nicht zugelassene Dienste (z. B. Dorfhelfer, Betriebshilfedienste)
    • private Pflegepersonen (z. B. Angehörige, Nachbarn, Bekannte)

3.1 Außerhalb der Häuslichkeit des Pflegebedürftigen

Die Verhinderungspflege kann auch außerhalb der Häuslichkeit des Pflegebedürftigen insbesondere in

  • einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen,
  • einem Internat,
  • einer Krankenwohnung,
  • einem Kindergarten,
  • einer Schule,
  • einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung,
  • einem Krankenhaus oder
  • einer Pflegeeinrichtung (unabhängig von einer Zulassung nach § 72 SGB XI)

durchgeführt werden. Es werden die Kosten für pflegebedingte Aufwendungen erstattet.

Die Pflegekassen dürfen keine Kosten für

  • Behandlungspflege,
  • soziale Betreuung,
  • Zusatzleistungen,
  • Unterkunft und Verpflegung sowie
  • Investitionen

übernehmen.

Wird für den Aufenthalt in den genannten Einrichtungen lediglich eine Gesamtsumme oder ein Tagessatz ohne weitere Spezifizierung in Rechnung gestellt, sollte mindestens 20 % vom gesamten Rechnungsbetrag für

  • Unterkunft,
  • Verpflegung und Investitionskosten,
  • Behandlungspflege und
  • soziale Betreuung

abgezogen werden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Verhinderungspflege in einer Einrichtung

Ein Pflegebedürftiger (Pflegegrad 3) wird vom 15.1. bis 6.2.2024 in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen betreut. Das Wohnheim für Menschen mit Behinderungen stellt für diesen Zeitraum insgesamt 1.530 EUR in Rechnung.

 
Anspruch auf Verhinderungspflege
15.1. - 6.2.2024 = 23 Tage < 42 Tage
   
Kostenübernahme im Rahmen der Verhinderungspflege  
Rechnungsbetrag 1.530 EUR  
abzgl. 20 % für Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten, Behandlungspflege und soziale Betreuung 306 EUR  
Erstattungsbetrag 1.224 EUR < 1.612 EUR

Der Pflegebedürftige hat vom 15.1. bis 6.2.2024 Anspruch auf Verhinderungspflege i. H. v. 1.224 EUR. Für das laufende Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch von 388 EUR bzw. 19 Kalendertage.

[1] GR v. 14.11.2023 zu § 39 SGB XI: Abschn. 2.1.

3.2 Pflegedienste

Die Verhinderungspflege kann auch durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung (z. B. ambulante Pflegedienste, familienentlastende Dienste) sowie andere nicht zugelassene Dienste, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit die Verhinderungspflege durchführen (z. B. Dorfhelfer, Betriebshilfsdienste), erbracht werden.

3.3 Verwandte/Verschwägerte bis zum 2. Grad/Im Haushalt lebende Pflegeperson

Übernimmt die Verhinderungspflege eine Pflegeperson, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert ist oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt, wird die Verhinderungspflege nicht erwerbsmäßig ausgeübt.

Verwandte/Verschwägerte bis zum 2. Grad sind:

  • Eltern,
  • Kinder (einschließlich der für ehelich erklärten und angenommenen Kinder),
  • Großeltern,
  • Enkelkinder,
  • Geschwister,
  • Stiefeltern,
  • Stiefkinder,
  • Stiefenkelkinder (Enkelkinder des Ehegatten/Lebenspartners),
  • Schwiegereltern,
  • Schwiegerkinder (Schwiegersohn/Schwiegertochter),
  • Schwiegerenkel (Ehegatten/Lebenspartner der Enkelkinder),
  • Großeltern des Ehegatten/Lebe...

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