Rz. 37

Die Aufzählung in der Verwaltungsvorschrift möglicher besonderer Fälle, die ausnahmsweise die Zustimmung zur Kündigung ermöglichen, ist nicht abschließend. Der Begriff des besonderen Falles bedarf im Einzelfall der Auslegung und unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Da die persönliche Situation von Arbeitnehmern in Elternzeit und von Arbeitnehmerinnen, die dem Mutterschutz unterliegen, unterschiedlich ist und insbesondere bei Letzteren auch andere physische und psychische Belastungen eine Rolle spielen, kann die Rechtsprechung zu § 17 Abs. 3 MuSchG nicht ohne Weiteres auf die Zulässigkeitserklärung der Kündigung eines Arbeitnehmers in Elternzeit übertragen werden.

Beispiele für besondere Fälle, in denen ausnahmsweise die Kündigung zulässig ist, können sein:

  • Stilllegung des Betriebs oder einer Betriebsabteilung, in der der Arbeitnehmer eingesetzt war, bei fehlender anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit.[1] Dabei ist die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder eine Betriebsstilllegung erfolgt ist, der Entscheidung durch die Arbeitsgerichte vorbehalten. Nur dann, wenn feststeht, dass es sich um eine Betriebsstilllegung handelt, kann die Zustimmung erteilt werden.
  • Widerspruch des Arbeitnehmers gegen einen Betriebsübergang nach § 613a Abs. 6 BGB, wenn beim Veräußerer keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den Arbeitnehmer besteht.
  • Schwerer Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, wobei das Gewicht des Verstoßes regelmäßig einem an sich für eine fristlose Kündigung geeigneten Grund entsprechen muss.
  • Verstoß gegen die Grundsätze eines kirchlichen Arbeitgebers.[2]
 

Rz. 38

§ 18 umfasst nicht den Schutz vor etwaigen nachteiligen sozialversicherungsrechtlichen Folgen einer Kündigung, die sich daraus ergeben, dass § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V eine beitragsfreie Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung während der Elternzeit nur vorsieht, solange das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Die zuständige Behörde darf deshalb den Erhalt dieser beitragsfreien Mitgliedschaft nicht zugunsten des Arbeitnehmers in ihre Ermessensentscheidung einbeziehen.[3] Deshalb darf auch der Insolvenzverwalter, der sich zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer, der sich in Elternzeit befindet, entschließt und die entsprechende Zustimmung der Aufsichtsbehörde eingeholt hat, die verkürzten Kündigungsfristen des § 113 Satz 2 InsO anwenden.

 

Rz. 39

Selbst wenn diese beispielhafte Aufzählung erfüllt ist, liegt die Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung immer noch im Ermessen der entsprechenden Behörde. Es ist insbesondere noch eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen mit dem Ziel der Überprüfung, ob das Interesse des Arbeitgebers an einer Kündigung gegenüber dem durch § 18 geschützten Bestand des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Die Entscheidung ist einzelfallbezogen zu treffen. Die Ermessensentscheidung ist jedoch auch von den Verwaltungsgerichten auf Ermessensfehler zu überprüfen. Dabei kann jedoch das Ermessen der Behörde auf Null schrumpfen. Das wird angenommen im Falle einer Betriebsstilllegung. Hier ist davon auszugehen, dass in diesem Fall lediglich die Ermessensentscheidung zulässig ist, die beabsichtigte Kündigung für zulässig zu erklären.[4]

Grds. ist es aber Sache der Arbeitsgerichte, den streitigen Sachverhalt zu überprüfen. Nur dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet, ist es ausschließlich Sache der Verwaltungsbehörde, zu überprüfen, ob einer der oben genannten Gründe für die ausnahmsweise Zustimmung zur Kündigung vorliegt.

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