Rz. 21

Eine Ausnahme von der Voraussetzung, dass der besondere Kündigungsschutz nach § 18 die Inanspruchnahme von Elternzeit voraussetzt, enthält § 18 Abs. 2 Nr. 2. Grds. gilt auch für Arbeitnehmer, die während der Elternzeit beim eigenen Arbeitgeber in zulässigem Umfang (§ 15 Abs. 4 BEEG: 32 Stunden pro Woche im Monatsdurchschnitt) Teilzeitarbeit leisten, dass der besondere Kündigungsschutz die wirksame Inanspruchnahme der Elternzeit voraussetzt (§ 18 Abs. 2 Nr. 1). Ausnahmsweise jedoch entsteht der besondere Kündigungsschutz auch dann, wenn keine Elternzeit in Anspruch genommen worden ist, wenn der Arbeitnehmer bei seinem eigenen Arbeitgeber bis zu 32 Stunden pro Woche (im Monatsdurchschnitt) Teilzeitarbeit leistet und Anspruch auf Elterngeld nach § 1 BEEG während des Bezugszeitraums nach § 4 Abs. 1 BEEG hat. Das kann bis zu 14 Monaten nach der Geburt des Kindes sein. Es reicht nach dem Wortlaut der Vorschrift der bloße Anspruch auf Elterngeld. Die Höhe ist gleichgültig, ebenso die tatsächliche Inanspruchnahme. Zweck dieser Vorschrift ist es, den Eltern, die zugunsten der Betreuung ihres kleinen Kindes auf eine volle Berufstätigkeit verzichten, gleichwohl den besonderen Kündigungsschutz auch ohne die Inanspruchnahme von Elternzeit zu vermitteln.

 

Rz. 22

§ 18 Abs. 2 Nr. 2 macht nunmehr deutlich, indem er bezüglich der Bezugsdauer des Elterngeldes auf § 4 Abs. 1 Sätze 2, 3 und 5 BEEG Bezug nimmt, dass bei der Inanspruchnahme von Elterngeld plus über den 14. Lebensmonat des Kindes hinaus auch in den Fällen der Teilzeitarbeit ohne Elternzeit besonderer Kündigungsschutz entsteht.

 

Rz. 23

Dieser besondere Elternzeit-Kündigungsschutz ist aus Sicht des Arbeitgebers "gefährlich", weil er nicht ohne Weiteres erkennen kann, dass der Arbeitnehmer in den Genuss dieses besonderen Kündigungsschutzes kommt. In derartigen Fällen wird man dem Arbeitgeber in Übereinstimmung mit § 26 Abs. 1 BDSG das Recht einräumen müssen, sich vor einer Kündigung beim Arbeitnehmer nach den Umständen zu erkundigen, die den besonderen Kündigungsschutz begründen.

 
Praxis-Beispiel

Der Vater des Kindes arbeitet schon seit Jahren in Teilzeit mit 32 Stunden pro Woche beim Arbeitgeber. Am 1.5. des Jahres ist er Vater geworden. Er hat Anspruch auf Elterngeld. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis nach einem halben Jahr nach der Geburt des Kindes. Diese Kündigung ist unwirksam, weil die Zustimmung der Aufsichtsbehörde fehlt, da die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 vorliegen. Allerdings muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf den besonderen Kündigungsschutz innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung hinweisen und auch eine Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von 3 Wochen erheben. Die 2-wöchige Mitteilungsfrist des § 17 MuSchG ist mangels entsprechenden Verweises auf diese Vorschrift nicht anwendbar. Es besteht auch kein Bedürfnis nach einer analogen Anwendung, da das Bundesarbeitsgericht zu § 168 SGB IX, der ebenfalls keine Mitteilungsfrist enthält, entschieden hat, dass hier eine 3-wöchige Mitteilungsfrist zuzüglich weniger Tage für den Postlauf nach Erhalt der Kündigung gilt.[1] § 167 ZPO findet keine Anwendung.

 

Rz. 24

Der besondere Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Teilzeittätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber geleistet wird.[2] Diese Fälle dürften aber außerordentlich selten sein, denn die Tätigkeit bei einem fremden Arbeitgeber ist nur mit Zustimmung des bisherigen Arbeitgebers zulässig (§ 15 Abs. 4 BEEG). Zu denken ist daran, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis vereinbart haben, dass dieses Arbeitsverhältnis ruht, ohne dass Elternzeit in Anspruch genommen worden ist und der Arbeitnehmer eine Teilzeittätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufnimmt. In diesem Fall hat er jedoch noch keine Elternzeit in Anspruch genommen, sodass es keinen Grund gibt, ihm den besonderen Kündigungsschutz für das neu aufgenommene Arbeitsverhältnis vorzuenthalten. Er hat auch keinen doppelten Kündigungsschutz, denn das alte Arbeitsverhältnis ist mangels Inanspruchnahme von Elternzeit nicht nach § 18 geschützt.

 

Rz. 25

Wiederum anders gelagert ist der Fall, dass der Arbeitnehmer schon vor der Geburt des Kindes in 2 Teilzeitarbeitsverhältnissen tätig gewesen ist. Hier besteht für beide Arbeitsverhältnisse der Anspruch auf Elternzeit, sodass der besondere Kündigungsschutz auch dann entsteht, wenn die Elternzeit in zulässigem Umfang (beide Arbeitsverhältnisse zusammen nicht mehr als 32 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt) fortgesetzt wird. In dem Fall leistet der Arbeitnehmer nämlich nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Elternzeit bei "demselben" Arbeitgeber i. S. d. bisherigen Arbeitgebers. Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitnehmer auch in beiden Arbeitsverhältnissen Elternzeit in Anspruch genommen und die Fortsetzung der Teilzeittätigkeiten erklärt hat.[3]

[1] BAG, Urteil v. 22.9.2016, 2 AZR 700/15, nach a. A. ist die Mitteilung, dass der besondere Kündigungsschutz eingreift, in entsprechende...

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