0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Abs. 2 und 3 der Vorschrift sind durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) mit Wirkung zum 1.7.2008 geändert worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Die Bemessungsgrundsätze und das Verfahren für die Vergütungsregelung der ambulanten Pflegeleistungen und der hauswirtschaftlichen Versorgung ambulanter Pflegedienste werden im Wesentlichen von den Pflegesatzregelungen für den stationären Bereich übernommen. Unterschiedlich sind aber folgende Regelungen:

  1. Bei der Definition der Vertragsparteien wird auf Seiten der Leistungsträger nicht auf den Anteil der Berechnungstage im Vorjahr abgestellt, sondern auf die Anzahl der betreuten Pflegebedürftigen im Vorjahr.
  2. Während im stationären Bereich als Form der Vergütung nur Pflegesätze verhandelt werden können, wird den Vertragsparteien für den ambulanten Bereich ein hohes Maß an Flexibilität bei der Gestaltung der Vergütung eingeräumt; möglich ist die Vergütung nach Zeitaufwand, nach Leistungsinhalt, nach Komplexleistungen und Einzelleistungen (als Ausnahme). Darüber hinaus können auch Pauschalen bei hauswirtschaftlicher Versorgung, Behördengängen oder Fahrtkosten gewährt werden.
 

Rz. 1b

Insgesamt geht die Vorschrift des § 89 von dem Modell einer marktorientierten Pflegeversorgung auf der Grundlage eines funktionierenden Wettbewerbs aus. Dies haben insbesondere die Schiedsstellen bei ihren Entscheidungen nach Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 85 Abs. 5 zu beachten (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 12.6.2007, L 6 B 30/06 P ER).

 

Rz. 2

Die Bemessungsgrundsätze nach dieser Vorschrift sind aber geprägt von der Vorrangstellung einer Gebührenordnung nach § 90, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgrund der Ermächtigung auf dem Verordnungsweg mit Zustimmung des Bundesrates erlassen kann. Hiermit sollen verstärkte Anreize für eine kostengünstige Leistungserbringung geschaffen werden.

 

Rz. 3

Macht das BMG von der Ermächtigung Gebrauch, so entfallen die Vergütungsvereinbarungen für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) nach § 89. Mit Erlass der Gebührenordnung per Rechtsverordnung nach § 90 richtet sich der Vergütungsanspruch ausschließlich nach dieser Gebührenordnung, soweit die Versorgung von der Leistungspflicht der Pflegeversicherung umfasst ist.

Vom Recht der Verordnungsermächtigung hat das BMG bislang keinen Gebrauch gemacht.

2 Rechtspraxis

2.1 Vereinbarung der Vergütung für ambulante Pflegeleistungen und hauswirtschaftliche Versorgung

 

Rz. 4

Der Rechtsanspruch des Pflegebedürftigen auf Pflegesachleistungen in der sozialen Pflegeversicherung wird in § 36 Abs. 1 näher definiert und als häusliche Pflegehilfe mit den Bestandteilen Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung bezeichnet.

 

Rz. 5

Im Vergütungsrecht des Dritten Abschnitts wird nach dieser Vorschrift von ambulanten Pflegeleistungen und hauswirtschaftlicher Versorgung gesprochen, die inhaltlich mit der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 übereinstimmen; sie sind Gegenstand der zu vereinbarenden Vergütung (vgl. Komm. zu § 36).

 

Rz. 6

Die Vereinbarung der Vergütung nach einheitlichen Grundsätzen, die zudem leistungsgerecht sein und dem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung die Erfüllung des Versorgungsauftrags ermöglichen muss, ohne Differenzierung nach Kostenträgern, entspricht inhaltlich komplett den Bemessungsgrundsätzen für die Pflegesätze der Pflegeheime (vgl. hierzu Komm. zu § 84).

 

Rz. 7

Vorstehende Regelung steht insgesamt unter dem Vorbehalt der Gebührenordnung nach § 90 (vgl. Abs. 1 Satz 1).

 

Rz. 8

Die Spitzenverbände der Pflegekassen haben im Jahre 1996 ein System zur Vergütung von Leistungen der häuslichen Pflege nach SGB XI entworfen. Die entsprechenden Empfehlungen basieren auf den nachfolgenden Allgemeinen Grundsätzen:

  • Eine Grundanforderung des Systems der Pflegeversicherung besteht in der Wahlfreiheit des Pflegebedürftigen. Die Entscheidung, welche Hilfen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens von einer Pflegeeinrichtung erbracht werden sollen, obliegt allein dem Pflegebedürftigen. Es muss gewährleistet sein, dass sich der Pflegebedürftige sein individuelles Leistungsprogramm aus dem Hilfeangebot selbst zusammenstellt.
  • Das Vergütungssystem muss für die Pflegebedürftigen und Pflegepersonen transparent und für die Vertragspartner handhabbar sein.
  • Es soll kein Einzelleistungsvergütungssystem errichtet werden. Eine Aufteilung der pflegerischen Tätigkeiten in Einzelleistungen entspricht nicht dem Prinzip der Ganzheitlichkeit und wird damit der Qualität der Pflege nicht gerecht.
  • Die vereinbarte Vergütung muss leistungsgerecht sein. Sie muss einem Pflegedienst ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag bei wirtschaftlicher Betriebsführung zu erfüllen. Dabei ist die Vergütung für jeden Pflegedienst individuell zu vereinbaren. Die Leistungsobergrenzen sind zu beachten.
  • Die Pflegekassen sind an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität gebunden.
  • Die Leistungen der Pflegeeinrichtungen müssen wirksam und wirtschaft...

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