0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 16 trat mit Wirkung zum 1.1.1995 durch Art. 1 PflegeVG v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) in Kraft und wurde mit Wirkung zum 15.6.1995 um die Vorschriften zur Anwendung der Härtefallregelungen durch Art. 1 Nr. 6 des 1. SGB XI-ÄndG v. 14.6.1996 (BGBl. I S. 830) ergänzt und mit Wirkung zum 14.10.1997 durch Art. 41 der Sechsten ZuständigkeitsanpassungsVO v. 21.9.1997 (BGBl. I S. 2390) geändert. Weitere (redaktionelle) Änderungen sind mit der Siebenten ZuständigkeitsanpassungsVO v. 29.10.2001 (BGBl. I S. 2785), der Achten ZuständigkeitsanpassungsVO v. 25.11.2003 (BGBl. I S. 2304) sowie der Neunten ZuständigkeitsanpassungsVO v. 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407) eingetreten.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Der Erlass von Rechtssätzen ist an sich den Legislativorganen vorbehalten. Nach Art. 80 Abs. 1 GG können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierung durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Diese Ermächtigung muss nach Inhalt, Zweck und Ausmaß genau bestimmt sein (Bestimmtheitsgebot). Art. 80 GG garantiert damit die Verfassungsmäßigkeit der Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung, indem der vollziehenden Gewalt der Erlass von Rechtssätzen in Form von Rechtsverordnungen gestattet wird. Sie haben gegenüber den förmlichen Gesetzen den Vorteil, dass es zu ihrem Wirksamwerden keines zeitraubenden Gesetzgebungsverfahrens bedarf und die vollziehende Gewalt so in die Lage versetzt wird, schnell zu agieren bzw. auf sich verändernde Verhältnisse schnell zu reagieren. Der Grundsatz der Gewaltenteilung und das Rechtsstaatsprinzip verlangen jedoch eine ausdrückliche Ermächtigung im Gesetz selbst.

 

Rz. 3

Das PflegeVG ist nach dem GG ein zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz. Diese Tatsache bewirkt ebenfalls die Notwendigkeit der Zustimmung des Bundesrates beim Erlass der Rechtsverordnung (Art. 80 Abs. 2 GG).

 

Rz. 3a

Bezogen auf § 16 bedeutet dies konkret zum einen, dass die Merkmale des § 14 und hier insbesondere die Begriffe Unterstützung, teilweise oder vollständige Übernahme, Beaufsichtigung und Anleitung genauer definiert und die aufgeführten Verrichtungen konkretisiert werden können. Zum anderen soll durch die erweiterte Verordnungsermächtigung in Bezug auf die Härtefallregelungen die Möglichkeit eröffnet werden, Entwicklungen in der Praxis zu korrigieren und ggf. durch weitere Konkretisierungen steuernd einzugreifen (BT-Drs. 13/3696 S. 12). Die Werte für den Zeitaufwand sind durch die gesetzliche Regelung in § 15 Abs. 3 einer Regelung durch Rechtsverordnung entzogen.

2 Rechtspraxis

2.1 Zweck und Inhalt der Verordnungsermächtigung

 

Rz. 4

In § 14 sind enumerativ die Merkmale der Pflegebedürftigkeit genannt. § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 enthält jeweils die Kriterien für die Zuordnung der Pflegebedürftigen zu den einzelnen Pflegestufen. Diese Aufzählungen können wegen der Vielgestaltigkeit der individuellen Verhältnisse naturgemäß nicht erschöpfend im Gesetz geregelt sein.

Durch diese Vorschrift wird zwar das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zur genaueren Definition der Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit nach § 14, der Pflegestufen nach § 15 sowie eines Härtefalls nach §§ 36 Abs. 4 und 43 Abs. 3 zu erlassen. Hierbei ist ein Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Familie und Senioren und dem BMA wegen der Auswirkungen auf Pflegeleistungen nach anderen Gesetzen herzustellen.

Der Gesetzgeber wollte mit der Verordnung die Möglichkeit eröffnen, Entwicklungen in der Praxis zu korrigieren und gegebenenfalls durch weitere Konkretisierungen steuernd einzugreifen (BT-Drs. 12/5262 S. 99).

Die Regelung des § 16 steht in Konkurrenz zu § 17, welcher einen Richtlinienauftrag des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen vorsieht. Die nach der Intention des Gesetzgebers vorgesehene Korrekturmöglichkeit bei nicht zufriedenstellender Erfüllung des Richtlinienauftrags durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen ist bislang nicht erforderlich gewesen, angesichts des Umstands, dass zudem die Richtlinien der Pflegekassen nach § 17 Abs. 2 unter einem Genehmigungsvorbehalt durch das Bundesministerium für Gesundheit stehen, auch eher unwahrscheinlich.

2.2 Anwendung der Härtefallregelung

 

Rz. 5

Die Pflegekassen haben nach § 36 Abs. 4 und § 43 Abs. 3 sicherzustellen, dass die zur Vermeidung von Härten getroffenen Ausnahmeregelungen bei nicht mehr als 3 bzw. 5 % der Pflegebedürftigen der Pflegestufe III Anwendung finden. Die erweiterte Verordnungsermächtigung eröffnet die Möglichkeit, auch hinsichtlich der Härtefallregelungen Entwicklungen in der Praxis zu korrigieren und ggf. durch weitere Konkretisierungen steuernd einzugreifen (BT-Drs. 13/3696 S. 12). Dem Auftrag nach § 17 Abs. 1 Satz 3 sind die Spitzenverbände der Pflegekassen mit den Härtefall-Richtlinien HRi v. 10.7.1995 i. d. F. v. 28.10.2005 nachgekommen, diese wurden vom BSG für rechtmäßig und ermächtigungskonform befunden (BSG, Urteil v. 30.10.2001, B 3 P 2/01R). Hierzu wird ergänzend auf die Kommentierung zu § 17 Rz. 24 ff. verwiesen.

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