Rz. 12

Zu den Einnahmen eines Versicherten zum Lebensunterhalt gehören alle Bruttoeinnahmen, mit denen der Lebensunterhalt bestritten werden kann, und zwar ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, soweit sie gegenwärtig zur Verfügung stehen (BSG, Urteil v. 19.9.2007, B 1 KR 7/07 R). Hierzu zählt Erwerbseinkommen jeglicher Art, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang es Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen i. S. d. §§ 14, 15 SGB IV ist. Auf die Einnahmequelle und die steuerrechtliche Behandlung der Bruttoeinnahmen kommt es nicht an. Fiktive Bruttoeinnahmen oder bloße Vermögensumschichtungen dürfen nicht zugrunde gelegt werden.

Zu den Bruttoeinnahmen gehören insbesondere Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung und Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit, Pensionen, Ruhegelder, Renten, Kapitalerträge und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (aber nicht das Vermögen selbst, aus dem die Erträge erzielt werden). Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen sind in voller Höhe, also ohne Minderung um die gesetzlichen Abzüge oder steuerlichen Vergünstigungen, Renten i. H. d. Bruttorente, also ohne Abzug des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrages, zu berücksichtigen. Auch Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld oder Verletztengeld gehören zu den Einnahmen, ebenso einmalige Abfindungen des Arbeitgebers beim Verlust des Arbeitsplatzes.

Bei selbständig Tätigen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn (§ 4 EStG) zu berücksichtigen. Liegt noch kein Steuerbescheid für das laufende Kalenderjahr vor, sind die Einkünfte anhand der steuerlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von der Krankenkasse zu ermitteln (§ 20 SGB X). Dem Versicherten obliegt die Mitwirkungspflicht, alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ggf. Buchführungsunterlagen, Gewinn- und Verlustrechnung u.Ä. vorzulegen (§ 60 Abs. 1 SGB I). Zu den Einkünften bei Selbstständigen zählen auch Privatentnahmen, die der Selbstständige zum Lebensunterhalt aus dem Betrieb entnommen hat, auch wenn diese auf Kreditbasis zulasten des Betriebes erfolgten. Steuerliche Vergünstigungen wie Werbungskosten und -pauschbeträge (§§ 9, 9a EStG) sind nicht abzugsfähig. Eine Saldierung zwischen Einnahmen verschiedener Einkunftsarten ist nicht zulässig.

 

Rz. 13

Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht zweckgebundene Leistungen, die lediglich einen besonderen Mehrbedarf ausgleichen sollen und daher nicht geeignet sind, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen gegenüber einem gesunden Menschen zu verbessern. Eine gesetzliche Regelung ist nicht erforderlich. Vielmehr ist nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Leistung zu beurteilen, wenn die Leistung durch einen besonderen in der Person des Leistungsempfängers liegenden Tatbestand ausgelöst wird (z. B. Krankheit, Verletzung, Behinderung). Dazu gehören Leistungen aus öffentlichen Mitteln, die wegen eines krankheits- oder behinderungsbedingten Mehrbedarfs in der Person des Versicherten gezahlt werden (z. B. Pflegegeld nach §§ 37, 38 SGB XI, Blindenhilfe nach § 72 SGB XII oder Kindergeldleistungen und Wohngeld nach§ 26 WoGG).

Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung sind nur insoweit den Einnahmen zum Lebensunterhalt zuzurechnen, wie sie nicht einen unfallbedingten Mehrbedarf ausgleichen (BSG, Urteil v. 8.12.1992, 1 RK 11/92; GR des GKV-Spitzenverbandes v. 18.6.2019, Pkt. 6.3). Unberücksichtigt bleibt der Teil der Rente, der zweckgebunden und zur Abdeckung des unfallbedingten Mehrbedarfs bestimmt ist. Mangels anderer geeigneter Anhaltspunkte ist dabei von dem Betrag auszugehen, der bei dem gleichen Grad der Schädigungsfolge (GdS) als Beschädigtengrundrente nach § 31 BVG zu gewähren wäre.

Keine Einnahme zum Lebensunterhalt sind das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (§ 8 BErzGG) oder vergleichbaren landesrechtlichen Regelungen, Leistungen der Bundes- und Landesstiftungen „Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“ und Kindererziehungsleistungen nach den §§ 294 ff. SGB VI (vgl. § 299 SGB VI) und Entschädigungsrenten nach dem Entschädigungsrentengesetz.

§ 62 Abs. 2 Satz 4 nimmt Grundrenten an Beschädigte (nicht aber an Hinterbliebene) nach dem BVG oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des BVG (z. B. § 1 OEG, § 80 SVG, § 47 ZDG) sowie Renten oder Beihilfen nach dem BEG für Körper- und Gesundheitsschäden nach dem BVG ausdrücklich aus. Allerdings sind Leistungen nach dem BEG nur bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach § 31 BVG anrechnungsfrei. Da die Hinterbliebenenrenten nach dem BVG und BEG nicht der Abdeckung schädigungsbedingter Mehraufwendungen dienen, sondern dem Lebensunterhalt der Hinterbliebenen, sind diese Leistungen als Einnahmen zu berücksichtigen.

Höhe der Grundrente ab 1.7.2023 (§ 31 Abs. 1 BVG):

 
GdS Monatsbetrag (EUR)
30 171,00
40 233,00
50 311,00
60 396,00
70 549,00
80 663,00
90 797,00
100 891,00

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