Rz. 14

Krankenversicherte Elternteile können gegenüber ihrer Krankenkasse Kinderkrankengeld beanspruchen, wenn sie deshalb der Arbeit fernbleiben müssen, weil sie

  1. ihr erkranktes Kind beaufsichtigen, betreuen oder pflegen müssen oder
  2. nur für die Kalenderjahre 2021 und 2022 sowie für die Zeit vom 1.1. bis 7.4.2023: ihr Kind wegen pandemiespezifischen Schließungen von Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zu Hause beaufsichtigen müssen (vgl. Rz. 36 ff.).

Der Anspruch auf Kinderkrankengeld i. S. d. gerade aufgeführten Buchst a) ist davon abhängig, dass der Versicherte der Arbeit deshalb fernbleibt, weil er sein erkranktes Kind

  • beaufsichtigen

    (= z. B. elterliche Aufsichtspflicht, weil das Kind wegen der von ihm ausgehenden Ansteckungsgefahr nicht im Kindergarten oder in der Schule, sondern zu Hause ist) oder

  • betreuen

    (= z. B. Begleitung des Kindes zur ärztlichen Behandlung oder ambulanten Operation oder vor- und nachstationären Behandlung; vgl. BT-Drs. 7/1039 S. 3)

     
    Anmerkung

    Der Begriff "Betreuen eines Kindes" umfasst grundsätzlich auch die Begleitung des Kindes während der stationären Krankenhausbehandlung des Kindes (vgl. SG Berlin, Urteil v. 31.3.1989, S 73 KR 526/88); bis 31.12.2023 hatten aber die Ansprüche auf Verdienstausfallersatz nach § 11 Abs. 3 Vorrang gegenüber denen nach § 45 Abs. 1 – siehe Besprechungsergebnis unter Rz. 15; bei Mitaufnahme des Elternteils zur stationären Behandlung hat der Versicherte dagegen ab dem 1.1.2024 ein Wahlrecht auf Kinderkrankengeld zwischen § 45 Abs. 1 und 1a, vgl. Rz. 87.

    oder

  • pflegen

    (= hiermit ist nicht die professionelle, medizinische Krankenpflege gemeint; die Pflege umfasst vielmehr die Sorge oder Fürsorge für das körperliche Wohl des Kindes und sein seelisches Wohlbefinden und dient der Befriedigung von körperlichen, seelischen oder geistigen Grundbedürfnissen des Kindes, einschließlich krankenpflegerischer Handreichungen)

muss.

Die Notwendigkeit des Fernbleibens von der Arbeit wegen der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des erkrankten Kindes wird üblicherweise durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen. Hierzu wird i. d. R. der im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung zur Verfügung stehende Vordruck "Muster 21" (https://www.kbv.de/media/sp/02_Mustersammlung.pdf) verwendet, der auch den Zeitraum der Notwendigkeit des Fernbleibens benennt. Die im Jahr 2023 eingeführte elektronische Krankmeldung bei Arbeitsunfähigkeit (eAU) betrifft nicht die Bescheinigung für Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes. Die ärztliche Bescheinigung für das Kinderkrankengeld erhalten Eltern für ihre erkrankten Kinder weiterhin in Papierform in der Arztpraxis.

I.d.R. wird die Notwendigkeit der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des Kindes von dem Arzt festgestellt, der das erkrankte Kind untersucht und behandelt hat. Dabei ist es nicht erforderlich, dass das ärztliche Zeugnis von einem Vertragsarzt ausgestellt wird; die z. B. von einem Krankenhausarzt ausgestellte Bescheinigung wird auch akzeptiert. Wird die gerade beschriebene Notwendigkeit von einem Privatarzt festgestellt, wird von den Krankenkassen i. d. R. auch ein formloses Zeugnis, aus dem sich die jeweiligen Angaben ergeben, anerkannt.

Ergänzend ist zu erwähnen, dass das ärztliche Zeugnis nicht unbedingt von einem in Deutschland praktizierenden Arzt ausgestellt sein muss. Auch ein in einem EU-/EWR-Staat, in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich bzw. in einem Abkommensstaat (Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Marokko, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, Türkei oder Tunesien) ausgestelltes ärztliches Zeugnis ist grundsätzlich anzuerkennen (Abschn. 4.5. des GR v. 23.3.2022, Fundstelle: Rz. 94).

 

Rz. 15

Noch ein Hinweis: Bis zum 31.12.2023 ergab sich bei Mitaufnahme eines Elternteils zur stationären Behandlung des Kindes ein Anspruch auf Verdienstausfallersatz aus § 11 Abs. 3. Dort war nämlich vorgesehen, dass die Krankenasse im Rahmen der Krankenhausbehandlung die Kosten für eine aus medizinischen Gründen notwendige Begleitperson zu übernehmen hat. Die Leistung umfasste auch den Verdienstausfallersatz der Begleitperson. Die Kosten für die Begleitperson als auch der Verdienstausfallersatz waren also eine Nebenleistung zur Hauptleistung "Krankenhausbehandlung des Kindes".

Damit sahen § 45 Abs. 1 und § 11 Abs. 3 Leistungen für den gleichen Sachverhalt vor. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben sich daher in ihrer Besprechung vom 27./28.11.1990 und zuletzt durch das Besprechungsergebnis zu TOP 2 der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht v. 19./20.3.2019 darauf verständigt, die Aufwendungen der Begleitperson (Verdienstausfall) im Rahmen des § 11 Abs. 3 zu erstatten. Der im Fall der Mitaufnahme der Begleitperson während einer stationären Behandlung des Versicherten erbrachte Verdienstausfallersatz unterlag nicht der Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI bzw. der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III,...

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