Rz. 27

Der durch des GKV-WSG neu eingefügte Satz 3 des Abs. 2 eröffnet einen Anspruch auf Sicherungspflege auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen i. S. d. § 43 SGB XI, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben. Die Krankenkassen, die nach § 132a Abs. 2 Verträge mit den Pflegeeinrichtungen zu schließen haben, müssen in diesen Fällen die Kosten für die Behandlungspflege übernehmen. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass für diese Personen im Rahmen der vollstationären Dauerpflegeversorgung sehr hohe Kosten für den behandlungspflegerischen Aufwand entstehen. Bei den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen verblieben sehr hoher Eigenanteile, da bisher von der Pflegeversicherung nur im Rahmen ihrer gedeckten Leistungsbeträge im Rahmen von § 43 SGB XI derartige Kosten übernommen wurden. Dies überforderte häufig die Finanzkraft der Betroffenen und führte zur Sozialhilfeabhängigkeit. Diese Situation wird durch diese gesetzliche Änderung zumindest gemildert.

 

Rz. 27a

Als besonders hohen Pflegebedarf nennt die amtliche Begründung (BT-Drs. 16/3100 S. 105) "besondere, eng begrenzte Personengruppen" wie z. B. Wachkomapatienten oder Dauerbeatmete. Nach 2 Abs. 7 Satz 3 der HKP–RL ist von einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege auszugehen, wenn

  • behandlungspflegerische Maßnahmen in ihrer Intensität oder Häufigkeit unvorhersehbar am Tag und in der Nacht erfolgen müssen oder
  • die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgeräts am Tag und in der Nacht erforderlich ist.

Eine Verordnungsfähigkeit von Behandlungspflege ist auch dann gegeben, wenn abweichend von Abs. 3 Satz 2 der besonders hohe Bedarf an medizinischer Behandlungspflege nur vorübergehend (z. B. nach einem Krankenhausaufenthalt) besteht.

 

Rz. 27b

Das BSG hat mit Urteil v. 22.4.2015 (B 3 KR 16/14 R) entschieden, dass in Einrichtungen der Eingliederungshilfe nach § 43a SGB XI im Rahmen der geschuldeten Pflege grundsätzlich nur einfachste Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen sind, für die es keiner besonderen medizinischen Sachkunde oder medizinischen Fertigkeiten bedarf und die daher regelmäßig von dem in der Einrichtung beschäftigten Personal, wie von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen, ohne weiteres ausgeführt werden können. Dies ist nur anders, wenn die Einrichtung nach ihrem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet ist, bei der ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich werden, und die Einrichtung deshalb entsprechend mit sächlich und personell auszustatten ist.

Vor diesem Hintergrund ist der mit Wirkung zum 1.1.2017 durch das PSG III (vgl. Rz. 3b) eingeführte Abs. 2 Satz 8 zu sehen, wonach Versicherte in stationären Einrichtungen nach § 43a SGB XI generell Leistungen nach Satz 1 erhalten, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegekraft erfordert. Die Krankenkasse hat damit die Behandlungspflege auch dann zu übernehmen, wenn eine solche Behandlungspflege von der stationären Einrichtung nach der Rechtsprechung des BSG zu erbringen wäre. Die Voraussetzung einer ständigen Überwachung und Versorgung kann auch bei einem nur vorübergehenden Bedarf, z. B. nach einem Krankenhausaufenthalt, gegeben sein (amtliche Begründung in BT-Drs. 18/10510 S. 130). Erfordert der Bedarf an Behandlungspflege keine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegekraft, bleibt es bei der Zuständigkeit der Krankenkassen für Leistungen der Behandlungspflege, soweit es sich nicht um einfachste medizinische Maßnahmen handelt oder die Leistungserbringung zu den Aufgaben der Einrichtung gehört. Durch das GKV-IPReG (vgl. Rz. 3f) ist der Anspruch auf intensive Pflege in Einrichtungen nach § 43a SGB XI vollständig entfallen, da Satz 8 mit Wirkung zum 31.10.2023 gestrichen worden ist. Der Anspruch auf Sicherungspflege in Einrichtungen nach § 43 SGB XI ist damit nur noch gegeben, wenn ein Anspruch auf außerklinische Intensivpflege nach § 37c nicht besteht oder diese nicht geleistet wird.

 

Rz. 28

Die Erweiterung des Anspruchs mit Wirkung zum 29.10.2020 als Folge des durch das GKV-IPReG (vgl. Rz. 3f) angefügten Halbsatzes am Ende von § 37 Abs. 2 Satz 3 mit der entsprechenden Anwendung des § 37c Abs. 3 führt zu einer weiteren Entlastung der Versicherten und ihrer Angehörigen. Mit dem GKV-IPReG will der Gesetzgeber der Erkenntnis Rechnung tragen, dass die Bedeutung der außerklinischen Intensivpflege bedingt durch den medizinischen Fortschritt und das hohe Versorgungsniveau stark zugenommen hat. Deswegen hat er die bisherigen Regelungen zur Behandlungspflege für Versicherte mit intensivpflegerischem Versorgungsbedarf in einen neuen Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege nach § 37c überführt. Ziel dieser Regelung ist es unter anderem, die Eigenanteile, die Versicherte bei der Inanspruchnahm...

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