0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 24a Abs. 1, dessen Vorgänger der durch das Strafrechtsergänzungsgesetz v. 28.8.1975 (BGBl. I S. 2289) in die gesetzliche Krankenversicherung eingeordnete § 202e RVO war, ist ebenso wie § 24b Abs. 1 und 2 durch Art. 2 des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes (SFHG) v. 27.7.1992 (BGBl. I S. 1398) mit Wirkung zum 5.8.1992 eingeführt worden. Damit beabsichtigte der Gesetzgeber, die Leistungsansprüche von Versicherten im Rahmen der Empfängnisverhütung sowie bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation und bei einem nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch für das gesamte Bundesgebiet einheitlich zu regeln. Er entsprach damit Art. 31 Abs. 4 des Einigungsvertrages, durch eine einheitliche Regelung den Schutz vorgeburtlichen Lebens und die verfassungskonforme Bewältigung von Konfliktsituationen schwangerer Frauen besser zu gewährleisten.

Durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) wurde Abs. 2 mit Wirkung zum 1.1.1993 eingefügt.

Das Fünfte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (5. SGB IV-ÄndG) v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583) hat mit (Rück-)Wirkung bereits zum 1.3.2015 (Art. 15 Abs. 5a des Gesetzes) durch Art. 2 Nr. 0 § 24a Abs. 2 Satz 1 geändert, als nach den Wörtern "auf Versorgung mit" das Wort "verschreibungspflichtigen" eingefügt und die Formulierung "soweit sie ärztlich verordnet werden" gestrichen worden ist. Satz 2 ist neu angefügt worden. Diese Änderung, die auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss, BT-Drs 18/4114) zurückgeht, ist Folge davon, dass das Gesundheitsministerium den Widerstand gegen die rezeptfreie Abgabe der sog. "Pille danach" im Januar 2015 vor dem Hintergrund der Entscheidung der EU-Kommission, die Pille danach mit dem Namen "EllaOne" aus der Rezeptpflicht zu befreien, aufgegeben hatte.

Art. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch v. 22.3.2019 (BGBl. I S. 350) hat mit Wirkung zum 29.3.2019 in Abs. 2 Satz 1 die Angabe "20." durch die Angabe "22." ersetzt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Obwohl Empfängnis und Schwangerschaft keine Krankheiten sind (BSGE 39 S. 167), hat der Gesetzgeber damit im Zusammenhang stehende Leistungen in den Dritten Abschnitt des SGB V (Leistungen zur Verhütung von Krankheiten) eingeordnet. Dabei ist die Überschrift des § 24a – Empfängnisverhütung – eher missverständlich. Der Anspruch nach dieser Vorschrift umfasst Leistungen, die sowohl die Empfängnisverhütung als auch die Herbeiführung einer Schwangerschaft im Sinn einer Förderung der Empfängnis zum Ziel haben. Sie können sich auch darauf beziehen, ob die Schwangerschaft möglicherweise eine Gefährdung für Mutter oder Kind bedeutet. Tritt eine Schwangerschaft trotz eines entsprechenden Wunsches nicht ein, so kann dies eine Krankheit darstellen, die nicht einen Anspruch nach § 24a, sondern nach § 27 bzw. § 27a als spezialgesetzliche Regelungen auslöst. Trotz der Einordnung in den Dritten Abschnitt des SGB V ist § 24a keine Leistung zur Krankenbehandlung, sondern eher Ausfluss sozialrechtlicher Hilfe.

2 Rechtspraxis

2.1 Anspruchsinhalt

 

Rz. 3

Leistungen zur Empfängnisverhütung bzw. Empfängnisregelung können männliche und weibliche Versicherte in dem von ihnen zu bestimmenden Bedarfsfall in Anspruch nehmen. Die Inanspruchnahme dieser Leistungen gilt als der Versicherungsfall. Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme muss daher ein Versicherungsverhältnis (Mitgliedschaft oder Familienversicherung) oder ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 bestehen. Besteht kein Versicherungsverhältnis zur gesetzlichen Krankenversicherung, kann sich ein Rechtsanspruch auf Geldleistungen zur Hilfe bei der Familienplanung nach Maßgabe des § 49 SGB XII ergeben, der sowohl empfängnisverhütende als auch empfängnisermöglichende Mittel umfasst (vgl. Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl. 2018, § 49 Rz. 5 ff.).

In Rahmen des § 24a werden zur Verfügung gestellt:

  • Leistungen zur Empfängnisregelung,
  • ärztliche Beratung und ärztliche Untersuchung,
  • Verordnung empfängnisregelnder Mittel,
  • Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln bis zum vollendeten 20. Lebensjahr.

2.2 Beratung zur Empfängnisregelung (Abs. 1 Satz 1 und 2)

 

Rz. 4

Die ärztliche Beratung zu Fragen der Empfängnisregelung ist Inhalt der vertragsärztlichen Versorgung. Deshalb kann unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen oder ermächtigten Ärzten und medizinischen Einrichtungen frei gewählt werden. Die ärztliche Beratung schließt sowohl die Beratung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft als auch zur Empfängnisverhütung ein. Sie umfasst auf den Betroffenen individuell abgestimmte Informationen zur Sexualaufklärung und Verhütung und Familienplanung. Demgegenüber kommt eine allgemeine Sexualaufklärung nicht in Betracht, es sei denn, eine Beratung über die Empfängnisverhütung verfehlt ohne eine entsprechende Sexualaufklärung den Zweck der Norm (so zutreffend Knispel, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, § 24a Rz. 11). 

 

Rz. 5

Zu den Maßnahmen der Empfängnisverhütung gehört zunächst einmal nach Abs....

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