Rz. 46

Mit Wirkung zum 1.1.2018 wurde der Vorschrift ein neuer Abs. 4a eingefügt. Durch diese Neuregelung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass bei freiwillig versicherten Mitgliedern in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beitragsbemessung zugrunde zu legende Arbeitseinkommen sowie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung den tatsächlich im jeweiligen Kalenderjahr erzielten beitragspflichtigen Einnahmen entsprechen und Einnahmeschwankungen vollständig berücksichtigt werden. Seitdem ist die Beitragsbemessung daher weder durch die Bearbeitungszeiten bei der zuständigen Finanzbehörde noch durch eine verzögerte Abgabe von Einkommensteuererklärungen beeinflussbar. Mit Wirkung zum 1.1.2018 wich das Verfahren einer vorläufigen Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung insbesondere für die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit einem Regelverfahren. Die Mitglieder der landwirtschaftlichen Krankenversicherung werden in das neue Verfahren der vorläufigen Beitragsfestsetzung nicht miteinbezogen. Die gesetzlichen Neuregelungen warfen im Hinblick auf deren Auslegung bzw. praktische Umsetzung zahlreiche Fragen auf, die im Rahmen der Arbeitsgruppe der Fachkonferenz Beiträge des GKV-Spitzenverbandes in Besprechungen am 2. und 15.5.2017 erörtert wurden. Hierbei wurden neben der Kernproblematik der Auswirkung des HHVG auf das Beitragsrecht der freiwilligen Krankenversicherung auch Fragen einer möglichen "Ausstrahlung" der Neukonzeption des § 240 auf angrenzende Rechtsgebiete diskutiert und einer Klärung zugeführt (vgl. BE der GKV-Spitzenverbände v. 13.6.2017 unter TOP 2).

 

Rz. 46a

Parallel zur Einfügung des Abs. 4a wurde in Abs. 4 Satz 6 gestrichen und Satz 5 eingefügt. Die bisherige Regelgung des Abs. 4 Satz 6 sah vor, dass Änderungen der Beitragsbemessung ausschließlich für die Zukunft wirksam werden, d. h. frühstens ab dem auf die Ausstellung des Einkommensteuerbescheides folgenden Monat. Nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler war bislang nur für hauptberuflich selbstständige Existenzgründer und bei Vorliegen einer unverhältnismäßigen Belastung eine vorläufige Beitragseinstufung vorgesehen. Die neuen – verwaltungseffizient ausgestalteten – Regelungen sehen nun vor, dass die von selbstständigen Mitgliedern zu zahlenden, nach dem beitragspflichtigen Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträge auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheids vorläufig festgesetzt werden. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids für das Kalenderjahr erfolgen die endgültige Beitragsfestsetzung rückwirkend entsprechend der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen sowie die erneute vorläufige Festsetzung der Beiträge für die Zukunft. Gleiches gilt insbesondere auch für die über den Einkommensteuerbescheid nachzuweisenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, da auch diese zu den Einnahmen gehören, die typischerweise starken Schwankungen unterworfen sind, und deren Höhe erst nachträglich über den Einkommensteuerbescheid endgültig festgestellt wird. Der Spitzenverband Bund regelt unabhängig von der Neuregelung des Abs. 4a nach Abs. 1 Satz 1 und 2 die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Für hauptberuflich selbstständige Erwerbstätige kann dazu z. B. die Beitragsbemessung bei Vorliegen einer unverhältnismäßigen Belastung gehören. Auch die Regelung, wonach bei Nichtvorlage von Nachweisen über die beitragspflichtigen Einnahmen für alle freiwillig versicherten Mitglieder der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag gilt, bleibt bestehen (vgl. auch BT-Drs. 18/11025 zu § 240 S. 71 ff.).

Nach der bisherigen Rechtslage war das Beitragsrecht der Kranken- und Pflegeversicherung durch die – in der Rechtsprechung maßgeblich ausgearbeitete – Anforderung geprägt, dass die Unsicherheiten der Versicherten über den endgültig geschuldeten Beitrag und der Krankenkassen über ihre Einnahmen grundsätzlich zu vermeiden sind. Vor diesem Hintergrund müssen die mit Wirkung für die Zukunft zu erlassenen Verwaltungsakte der Krankenkassen im Anwendungsbereich des § 240 im Regelfall den Charakter einer endgültigen Beitragsfestsetzung haben. Dagegen ist die zukunftsbezogene vorläufige Beitragsfestsetzung als Ausnahme konzipiert und nur unter engen Voraussetzungen, wie z. B. bei der Beitragsbemessung aus dem Arbeitseinkommen für sog. Existenzgründer, zulässig.

Durch das HHVG wird das gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis im gewissen Umfang verändert. Zunächst ist festzuhalten, dass für den weit überwiegenden Teil der beitragspflichtigen Einnahmen der Grundsatz der endgültigen zukunftsbezogenen Beitragsfestsetzung unberührt bleibt. Lediglich für Einnahmearten, die typischerweise starken Schwankungen unterworfen sind und deren Höhe erst nachträglich über den Einkommensteuerbescheid endgültig festgestellt wird, ist das beschriebene Regel-Ausnahme-Verhältnis umzuke...

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