Rz. 15

Die Zwangsvereinigung durch Rechtsverordnung oder Staatsvertrag wird in aller Regel sowohl "notleidende" als auch wirtschaftlich starke Ortskrankenkassen erfassen. Einer solchen Zwangsvereinigung durch Hoheitsakt ist zudem in den Fällen des § 145 Abs. 2 ein Jahr vergeblicher Bemühungen um eine freiwillige Vereinigung vorangegangen. Das Interesse der einzelnen Ortskrankenkassen an einem schnellen Wirksamwerden der Vereinigung ist daher, anders als bei freiwilligen Vereinigungen, nicht sehr groß. Da der Gesetzgeber den Ortskrankenkassen als "vorweggenommenes" Selbstverwaltungsrecht in Abs. 1 die Vorlage für die Einreichung notwendiger Unterlagen für die Vereinigung überlassen hat, könnte dies für eine Verzögerung der Vereinigung ausgenutzt werden, indem keine oder nicht genehmigungsfähige Vorschläge der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden.

 

Rz. 16

Um diese Verzögerung der mit der Rechtsverordnung "beschlossenen" Vereinigung zu verhindern, ist der Aufsichtsbehörde das Recht der Ersatzvornahme eingeräumt. Andere Aufsichtsmittel sind daher wohl, weil nicht erforderlich, nicht anwendbar. Die Ersatzvornahme kann sich auch auf Teile der erforderlichen und nicht ordnungsgemäßen und/oder lückenhaften Unterlagen beschränken.

 

Rz. 17

Das Recht der Ersatzvornahme steht der Aufsichtsbehörde erst nach Ablauf einer zu setzenden Frist (§ 26 Abs. 2 SGB X; § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) zu. Diese Frist muss allen beteiligten Ortskrankenkassen gesetzt sein. Sie muss so bemessen sein, dass die Vornahme der verlangten Vorschläge möglich ist, d. h., die Frist muss angemessen sein. Bei der Angemessenheit kann jedoch berücksichtigt werden, wie lange Rechtsverordnung oder Staatsvertrag schon in Kraft sind, ohne dass (freiwillig) Vorschläge unterbreitet wurden.

 

Rz. 18

Ist nach Fristablauf den Voraussetzungen des Abs. 1 nicht Genüge getan, hat die Aufsichtsbehörde die Satzung selbst festzusetzen, die für die neue Ortskrankenkasse gilt. Einer besonderen Genehmigung bedarf diese Satzung dann nicht mehr.

 

Rz. 19

Die Mitglieder der Organe (des Verwaltungsrats) werden dann nicht, wie bei vorgelegten Vorschlägen, berufen, sondern durch die Aufsichtsbehörde bestimmt (bestellt). Eine Neubesetzung kann dann erst nach Neuwahlen erfolgen.

 

Rz. 20

Die Neuregelung der Rechtsbeziehungen zu Dritten durch die Aufsichtsbehörde kann sich nur auf die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisse beziehen. Hinsichtlich der zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen gilt der Grundsatz der gesetzlichen Rechtsnachfolge der neuen Ortskrankenkasse.

 

Rz. 21

Die Aufsichtsbehörde hat auch nach der Ersatzvornahme den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Vereinigung wirksam wird. Die Rechtsfolgen sind hier die gleichen, die in Abs. 3 bestimmt sind.

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