0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz – KFRG) v. 3.4.2013 (BGBl. I S. 617) mit Wirkung zum 9.4.2013 (wieder) eingefügt, nachdem die Regelungen der vorherigen Fassung zur Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung (vgl. nunmehr § 137) durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG, BGBl. I S. 378) mit Wirkung zum 1.7.2008 aufgehoben worden waren.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Der Gesetzgeber bezieht die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in die Förderung der Versorgungsqualität im Krankenhaus ein (Satz 1) und verpflichtet sie zur Abgabe von Empfehlungen für die Vertragsgestaltung mit leitenden Ärzten, die problematische Zielvereinbarungen (sog. Bonusregelungen) ausschließen (Satz 2). Wesentliche Zielsetzung der Empfehlungen ist die Sicherung der Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen (Satz 3). Mit dieser gesetzlichen Regelung greift der Gesetzgeber die berufsethische Problematik einer Koppelung ärztlich-medizinischer Gesichtspunkte und wirtschaftlicher Erwägungen auf.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Die Regelung in Satz 1 ist lediglich als Klarstellung zu verstehen, dass es zu den Aufgaben der DKG als Teil der gemeinsamen Selbstverwaltung gehört, die Qualität der stationären Versorgung zu fördern (vgl. BT-Drs. 17/12221 S. 24). Diese ohnehin bestehende Verpflichtung wird konkretisiert durch den Auftrag des Gesetzgebers in Satz 2, durch Empfehlungen in ihrer Beratungs- und Formulierungshilfen Regelungen in Verträgen der Krankenhäuser mit leitenden Ärzten (Chefärzten) zu verhindern, die auf finanzielle Anreize bei einzelnen Leistungen abstellen und nicht auf die gewünschte Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen (Satz 3).

 

Rz. 4

Dem gesetzgeberischen Auftrag, derartige Empfehlungen bis zum 30.4. 2013 abzugeben, ist die DKG zum 24.4.2013 nachgekommen und hat folgende Empfehlungen abgegeben:

„1. Chefärzte sind in ihrer Verantwortung für die Diagnostik und Therapie des einzelnen Behandlungsfalls unabhängig und keinen Weisungen des Krankenhausträgers unterworfen. Das Wohl der Patienten und die Versorgung der Bevölkerung mit medizinisch notwendigen Leistungen müssen stets im Vordergrund stehen.
2. Zielvereinbarungen zwischen Krankenhausträgern und Chefärzten mit ökonomischen Inhalten sind unter der Beachtung der berufsrechtlichen Regelungen (insbesondere § 23 Abs. 2 MBO-Ä) grundsätzlich legitim und sachgerecht, was auch vom Gesetzgeber anerkannt wird.
3. Zielvereinbarungen im Krankenhaus müssen stets mit der notwendigen Sensibilität gehandhabt werden. Die zu vereinbarenden Ziele sind mit Augenmaß so auszuwählen, dass der Chefarzt durch eigene Anstrengungen maßgeblichen Einfluss auf die Zielerreichung ausüben kann.
4. Finanzielle Anreize für einzelne Operationen/Eingriffe oder Leistungen dürfen nicht vereinbart werden, um die Unabhängigkeit der medizinischen Entscheidung zu sichern.” (vgl. www.dkgev.de.)
 

Rz. 5

Während die vom Gesetzgeber als besonders problematisch herausgestellten Zielvereinbarungen, die sich auf Art und Menge einzelner Leistungen beziehen (Bonusregelungen) in Ziff. 4. der Empfehlungen explizit als nicht vereinbarungsfähig herausgestellt werden, lassen die weiteren Regelungen Spielräume bei Zielvereinbarungen in Verträgen mit leitenden Ärzten zu (vgl. Fallbeispiele zu berufsrechtlich kritischen Vorgaben in Verträgen: Flintrop, Deutsches Ärztebl. 2013 S. 110; Ratzel, GesR 2014 S. 333, 334 f.). Augenfällig wird der Interessenkonflikt am Beispiel von Zielvereinbarungen im Zusammenhang mit sozialrechtlichen Mindestmengenregelungen (§ 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2), bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist (vgl. Bohle/Reuther, GuP 2013 S. 126, 136).

 

Rz. 6

Entsprechend der gesetzlichen Vorgabe wurden die Empfehlungen im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer erstellt, um auf die Einhaltung ethischer und berufsrechtlicher Anforderungen zu achten (BT-Drs. 17/12221 S. 25). Nach dem Wortlaut bezieht sich das geforderte Einvernehmen nur auf die Empfehlungen zu den leistungsbezogenen Zielvereinbarungen. Nicht ausgeschlossen sind nach der Gesetzesbegründung weitere einvernehmliche Empfehlungen zu sonstigen Formen der Vereinbarungen mit finanziellen Anreizen.

 

Rz. 7

Da es sich lediglich um Empfehlungen in den Beratungs- und Formulierungshilfen der DKG handelt, haben abweichende Regelungen in Chefarztverträgen keine Auswirkungen auf deren Wirksamkeit (Hart, MedR 2014 S. 207, 210). Insbesondere ist § 136a kein Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB (Ratzel, a. a. O., S. 335).

Als Rechtsfolge besteht allein eine Veröffentlichungspflicht (§ 137 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2) im jährlich zu veröffentlichenden strukturierten Qualitätsbericht mit einer Erklärung darüber, ob sich das Krankenhaus bei Verträgen mit leitenden Ärzten an die Empfehlungen der DKG hält. Wie konkret diese Ausführungen sein werden, bleibt abzuwarten (vgl. Scholl...

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