0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung der gesetz­lichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) zum 1.1.1994 eingeführt worden. Mit dem ­Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen ­Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) sind mit Wirkung zum 1.1.2012 vor dem Wort "festgestellt" die Wörter "nach § 100 Abs. 1 oder einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf nach § 100 Abs. 3" eingefügt und die Wörter "Deckung der Unterversorgung" durch die Wörter "Beseitigung der Unterversorgung oder zur Deckung des zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs" ersetzt worden. Aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) v. 16.7.2015 (BGBl. I S. 1211) sind mit Wirkung zum 23.7.2015 in Satz 1 das Wort "kann" durch das Wort "muss" ersetzt und nach dem Wort "Krankenkassen" das Wort "eingetretene" eingefügt sowie der Satz 2 angefügt worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Der Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung im Bundesgebiet räumt der Gesetzgeber absolute Priorität ein, was z. B. in den §§ 72, 72a, 75, 99, 100 und 105 besonders deutlich wird. Der Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung hat einen gesetzlich geregelten Sachleistungsanspruch gegenüber seiner Krankenkasse, der bezogen auf ärztliche Behandlung nur erfüllt werden kann, wenn die vertragsärztliche Versorgung quantitativ und qualitativ sichergestellt ist. Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber eine weitere, allerdings eng begrenzte Ausnahmemöglichkeit zur quantitativen Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung geschaffen, indem jetzt den zugelassenen Krankenhäusern die Gelegenheit geboten wird, im Falle der eingetretenen Unterversorgung an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, ambulante ärztliche Leistungen zu erbringen und über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) im Rahmen der Gesamtvergütung (vgl. § 87a  ff.) abzurechnen. Bisher waren der ambulante und der stationäre Versorgungsbereich grundsätzlich voneinander getrennt gesehen worden. Der spezielle Fall der durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgestellten Unterversorgung (vgl. § 100) öffnet nunmehr das vom Zulassungsausschuss ermächtigte Krankenhaus, welches weiterhin als Hauptaufgabe die stationäre oder teilstationäre Versorgung sicherstellt, auch für den ambulanten vertragsärztlichen Versorgungsbereich. Mit Wirkung zum 1.1.2012 ist der festgestellte zusätzliche lokale Versorgungsbedarf in einem nicht unterversorgten Planungsbereich (vgl. § 100 Abs. 3) als weitere Möglichkeit einbezogen worden, aus Sicherstellungsgründen ein ermächtigtes Krankenhaus an der vertragsärztlichen Versorgung zu beteiligen.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 2

Die Überschrift mit den Wörtern "bei Unterversorgung" ist unvollständig, nachdem sich die Vorschrift auch auf die mögliche Ermächtigung eines Krankenhauses für den Fall der Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs in einem nicht unterversorgten Planungsbereich bezieht.

2.1 Unterversorgung

 

Rz. 2a

Die ambulante Behandlung durch Krankenhäuser zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung ist zunächst an das Vorliegen einer bestehenden Unterversorgung i. S. d. § 100 Abs. 1 und 2 geknüpft, die auch durch Maßnahmen der regional zuständigen KV nicht oder nicht so schnell, wie dies zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung nötig wäre, beseitigt werden kann. Unterversorgung kann dabei generell oder partiell in einem bestimmten ärztlichen Fachgebiet innerhalb eines Planungsbereichs bestehen. Eine Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten liegt vor, wenn in bestimmten Planungsbereichen Vertragsarztsitze, die im Bedarfsplan für eine bedarfsgerechte Versorgung vorgesehen sind, nicht nur vorübergehend nicht besetzt werden können und dadurch eine unzumutbare Erschwernis für die Patienten bei der Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen eintritt, die auch durch die Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen nicht behoben werden kann. Sie ist zu vermuten, wenn der in den Planungsblättern zum Bedarfsplan ausgewiesene bedarfsgerechte Versorgungsgrad der hausärztlichen Versorgung um mehr als 25 % bzw. in der fachärztlichen Versorgung in einem Fachgebiet um mehr als 50 % unterschritten wird (vgl. § 100 i. V. m. §§ 28 und 29 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung – Bedarfsplanungs-Richtlinie).

Eine rein rechnerische Betrachtungsweise verbietet sich aber als alleiniges Beurteilungskriterium (vgl. § 100). Die eingetretene Unterversorgung muss durch den zuständigen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auch offiziell festgestellt worden sein, so dass Unterversorgung als objektiv bestätigter Tatbestand vorliegt und keine Mutmaßungen...

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