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Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte bereits am 18.5.2017, also lange vor Fristablauf, den "Beschluss über die Festlegung der Leistungen oder Leistungsbereiche gemäß § 136b Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 SGB V für Qualitätsverträge nach § 110a SGB V" gefasst.

Folgende 4 Leistungen oder Leistungsbereiche sind durch den Beschluss v. 18.5.2017 festgelegt worden, zu denen Qualitätsverträge nach § 110a mit Anreizen für die Einhaltung besonderer Qualitätsanforderungen erprobt werden sollen:

  • Endoprothetische Gelenkversorgung,
  • Prävention des postoperativen Delirs bei der Versorgung von älteren Patientinnen und Patienten,
  • Respirationsentwöhnung von langzeitbeatmeten Patientinnen und Patienten,
  • Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen im Krankenhaus.

Der Beschluss ist am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger (BAnz) am 9.6.2017 in Kraft getreten.

Mit dem Begriff Delir wird nach ICD-10-GM ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom bezeichnet, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychosomatik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer. Das Delir kann als hypoaktive, hyperaktive oder gemischte Form auftreten.

In den tragenden Gründen für seinen Beschluss hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Eckpunkte der Entscheidung zu jeder Leistung bzw. zu jedem Leistungsbereich detailliert dargestellt. Mit Blick auf die Operationalisierung durch zukünftige Vertragspartner sind die ausgewählten Leistungen und Leistungsbereiche jeweils entsprechend der folgenden Untergliederung dargestellt worden:

  • Hintergrund/Relevanz/Rahmenbedingungen,
  • Ziele der Qualitätsverträge,
  • Adressierte Patientengruppe,
  • Beschreibung der Einschlusskriterien von Patientinnen und Patienten.

Damit sollen aber nach Auffassung des Gemeinsamen Bundesausschusses lediglich Hinweise zur inhaltlichen Ausgestaltung der Verträge gegeben werden. Darüber hinaus gehende Rahmenvorgaben, die zur Evaluation der Verträge notwendig sind, werden durch die Vertragspartner der Qualitätsverträge auf Bundesebene vereinbart.

Beispiel: Endoprothetische Versorgung

Zur Endoprothetischen Gelenkversorgung ist in den tragenden Gründen zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses folgendes ausgeführt:

Hintergrund/Relevanz/Rahmenbedingungen

Die Implantation von Endoprothesen gehört zu den häufigsten operativen Eingriffen im stationären Sektor. So weist die DRG-Statistik 2014 rund 455.000 Operationen und Prozeduren (OPS 4-Steller: 5-820 bis 5-827) aus. Dabei führt die Hüftendoprothetik (219.000 Fälle) mit deutlichem Abstand, gefolgt von der Knieendoprothetik (149.000 Fälle) und der oberen Extremität mit gut 21.000 Fällen. Insgesamt lässt sich seit dem Jahr 2000 mit leichten Schwankungen ein stetiger Anstieg der Operationszahlen feststellen. Anlass für eine endoprothetische Erstoperation ist in den meisten Fällen eine degenerative Erkrankung in Form einer symptomatischen Gelenkarthrose (z. B. sind über 80 % der Hüft- und 96 % der knieendoprothetischen Eingriffe arthrosebedingt).

Ein Großteil der deutschen Krankenhäuser führt gemäß den § 21-Daten (KHEntG) der Krankenhäuser endoprothetische Eingriffe durch. Zwischen 1.150 (Schulter) und 1.319 (Hüfte) Krankenhäuser haben mindestens einen endoprothetischen OPS kodiert. Auch die häufigsten endoprothetischen DRGs kommen in einer vergleichbaren Größenordnung in den meisten Krankenhäusern vor. Während einige Krankenhäuser nur sehr niedrige Fallzahlen erreichen, lassen sich eine Reihe von Krankenhäusern identifizieren, die den Eingriff besonders häufig durchführen. Letztere kommen in besonderem Maße als potenzielle Partner für Qualitätsverträge in Frage. Vor allem in der Hüft- und Knieendoprothetik werden durch zahlreiche Krankenhäuser sehr hohe Eingriffszahlen erreicht. Hier kodieren 81 bzw. 45 Krankenhäuser mehr als 500 endoprothetische OPS und 129 bzw. 95 Krankenhäuser erreichen in den häufigsten DRGs (147 und 144) Fallzahlen von zum Teil weit über 300. Auch im Bereich der weniger häufig zum Einsatz kommenden Schulterprothetik besteht ein relevantes Potential an Krankenhäusern, die Fallzahlen von über 100 erreichen und mehr als 100 schulterendoprothetische OPS kodieren. Der Bereich der Endoprothetik bietet sich somit als geeigneter Leistungsbereich für Qualitätsverträge an, da hier zahlreiche potenzielle Vertragspartner zur Verfügung stehen.

Gleichzeitig gilt die Endoprothetik insbesondere aufgrund der ökonomischen Anreize des DRG-Systems als mengenanfälliger Leistungsbereich. Verbesserungspotential besteht vor allem bei der Vermeidung von Komplikationen. So sind Krankenhausfälle, bei denen durch orthopädische Endoprothesen, Implantate oder Transplantate verursachte Komplikationen festgestellt wurden, von 2000 bis 2010 um ca. 106 % angestiegen. Die Diagnosen mit der verhältnismä...

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