1 Allgemeines

 

Rz. 1

Der Verzicht auf die Zulassung zur vertragsärztlichen/-zahnärztlichen Versorgung ist in der Vergangenheit als das Recht des einzelnen gehandhabt worden, eigenverantwortlich und selbständig über sein Ausscheiden aus dem vertragsärztlichen Sicherstellungssystem zu entscheiden (§ 95 Abs. 7).

Einen ersten Ansatz, den Zulassungsverzicht als Mittel zur Durchsetzung berufspolitischer Ziele einzusetzen, gab es vor Jahren. Damals reagierte der Gesetzgeber mit dem "Wirksamwerden eines Verzichts" (§ 95 Abs. 7). In der Zulassungsverordnung ist ausgeführt, daß der Verzicht erst zum Ende des Quartals wirksam wird, das dem Quartal folgt, in welchem der Verzicht erklärt worden ist. In begründeten Einzelfällen kann diese Frist verkürzt werden.

 

Rz. 2

Nach Inkrafttreten des GRG, insbesondere aber im Vorfeld des GSG, gab es sehr konkrete Anstrengungen des Freien Verbandes deutscher Zahnärzte, über einen kollektiven Ausstieg aus der vertragszahnärztlichen Versorgung den Gesetzgeber und die Krankenkassen zu zwingen, das Sachleistungssystem durch ein Kostenerstattungssystem abzulösen. Dies hätte das gegenwärtige Vertragssystem zerstört, weil die Kassenzahnärztliche Vereinigung ihren Sicherstellungsauftrag nicht mehr erfüllen könnte, die Versicherten hätten sämtliche Schutzrechte aus dem Vertragsrecht verloren und die Krankenkassen hätten ihren gesetzlichen Auftrag nicht mehr realisieren können, den Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen zurVerfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber entschlossen, über §§ 72a und 95b Vorkehrungen zu treffen, den kollektiven Ausstieg der Vertragsärzte/-zahnärzte zu unterbinden.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Mit der Zulassung hat sich der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet. Alle Bestimmungen der vertragsärztlichen Versorgung sind für ihn verbindlich. Dazu gehört auch, die Erfüllung des Sicherstellungsauftrages zu fördern und alles zu unterlassen, was die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gefährden oder gar unmöglich machen würde. Der Vertragsarzt handelt deshalb pflichtwidrig, wenn er in einem mit anderen Vertragsärzten abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf seine Zulassung verzichtet.

 

Rz. 4

Ein pflichtwidriges Verhalten liegt vor, wenn Verzichtserklärungen bei einem Notar zentral gesammelt und erst, wenn genügend Erklärungen vorliegen, zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. zur Erreichung eines bestimmten Zwecks an den Zulassungsausschuß gerichtet werden (sogen. "Korbmodell"). Der kollektive Verzicht ist außerdem rechtsmißbräuchlich, weil ihn der verzichtende Vertragsarzt in der Erwartung erklärt, die vertragsärztliche Zulassung könne auf Dauer ohne ihn nicht auskommen und er werde deshalb weiterhin von den Versicherten und den Krankenkassen in Anspruch genommen, dann aber zu Bedingungen, die er diktieren könne. Mit der freien Berufsausübung, die auch das Ausscheiden desVertragsarztes aus der vertragsärztlichen Versorgung einschließt, hat dieser kollektive Verzicht nichts zu tun.

 

Rz. 5

Wenn der Gesetzgeber mit entsprechenden Maßnahmen einem kollektiven Verzicht gegensteuert, weiß er auch, daß damit der kollektive Verzicht auf die Zulassung nicht verboten ist. Die Entscheidung für den kollektiven Zulassungsverzicht liegt beim einzelnen Vertragsarzt bzw. Vertragszahnarzt, wobei für diese Art von Zulassungsverzicht auch § 95 Abs. 7 i.V.m. § 26 Zulassungsverordnung (Wirksamwerden des Verzichts) gelten würde.

 

Rz. 6

Die Abs. 2 und 3 regeln die Konsequenzen, die sich ergeben, wenn der betreffende Arzt/Zahnarzt aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgestiegen ist. Diese sollten bedacht werden, bevor die Entscheidung über den Ausstieg fällt. Eine Konsequenz ist, daß der ausgestiegene Vertragsarzt/-zahnarzt in den ersten sechs Jahren nach Abgabe der Verzichtserklärung keine neue Zulassung erhalten kann. Das Wort "frühestens" stellt es danach in das Ermessen des Zulassungsausschusses, den Zeitpunkt der Wiederzulassung zu bestimmen.

Die Frist von mindestens 6 Jahren scheint im Vergleich zu dem von der Rechtsprechung zum Zulassungsentzug (vgl. § 95 Abs. 6) entwickelten Zeitraum von 5 Jahren bis zur Wiederzulassung lange, ist aber nach den Vorstellungen des Gesetzgebers durch das illoyale Verhalten der kollektiv ausgestiegenen Ärzte/Zahnärzte gerechtfertigt. Der Arzt oder Zahnarzt wird sich genau überlegen müssen, ob er das Wagnis eingeht, künftig, u.a. für mindestens 6 Jahre, nur von Einnahmen aus Privatbehandlungen zu leben. Die andere Konsequenz ist die Beschneidung der ärztlichen und zahnärztlichen Privatvergütung für den Fall, daß ein Versicherter einenArzt/Zahnarzt in Anspruch nimmt, der auf die Zulassung im Rahmen eines kollektiv abgestimmten Verhaltens verzichtet hat. In diesem Fall reduziert sich der Vergütungsanspruch auf den Einfachsatz der ärztlichen/zahnärztlichen Gebührenordnungen. Diese Ärzte/Zahnärzte bekämen also für die Behandlung weniger als Vertragsärzte/-zahnärzte im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Außerde...

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