Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Übernahme der Kosten für einen Hausnotruf. behinderungsbedingte Notwendigkeit. Unzulässigkeit der Herausrechnung der Kosten für das Vorhalten eines Schlüssels mit entsprechender Rettungsmöglichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten für die Schaltung eines behinderungsbedingt notwendig werdenden Hausnotrufs sind vom zuständigen Sozialhilfeträger vollständig zu erstatten, sofern diese nicht von der Pflegekasse getragen werden.

2. Eine bloße Übernahme einer herausgerechneten "Grundgebühr" ist nicht zulässig.

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 06.09.29010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 wird insoweit aufgehoben, als darin nicht die volle Höhe der Kosten für den Hausnotruf des E. für die Wohnung der Klägerin in Höhe von insgesamt 34,77 Euro monatlich sondern nur in Höhe von 18,36 Euro übernommen werden.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Kosten für den Hausnotruf in voller Höhe von 34,77 Euro ab 01.01.2011 zu erstatten.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die vollständige Übernahme der Kosten durch den Beklagten für den bei ihr eingerichteten Hausnotruf.

Die Klägerin ist seit Juli 2010 im laufenden Bezug von Leistungen nach § 45 b SGB IV.

Sie wohnt im Rahmen des betreuten Wohnens in einer Einrichtung der B. A-Stadt. Leistungen aus der Pflegeversicherung erhält sie mangels entsprechender Einstufung derzeit nicht.

Mit Bescheid vom 06. September 2010 erkannte der Beklagte in Anlehnung an ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkasse im Rahmen der gewährten Eingliederungshilfe einen Bedarf im Bereich der Grundpflege von 7 Minuten täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten täglich an. Neben den sich daraus ergebenden Pflegesachleistungen bzw. der Hauswirtschaftshilfe bewilligte der Beklage “unter Anlehnung„ an die bis dahin vorausgegangene Finanzierung des Hausnotrufs in Höhe von monatlich 34,77 Euro die Übernahme dieses Hausnotrufs “vorläufig bis längstens 31.12.2010„. Es wies dabei darauf hin, dass die Finanzierung des Hausnotrufs vorrangig in die Zuständigkeit der Pflegeversicherung falle.

In dem hiergegen eingelegten Widerspruchsverfahren, wurde von der gemeinnützigen B. GmbH, in der die Klägerin ihre Wohnung hat, vorgetragen, dass die Klägerin nicht in eine Pflegestufe eingeteilt sei und folglich auch keine Pflegehilfsmittel über die Pflegekasse finanziert bekommen könne. Die Klägerin sei stark übergewichtig und leide an Epilepsie, weshalb ein solcher Hausnotruf im Falle eines Anfalles unerlässlich sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2011 half der Beklagte dem eingelegten Widerspruch teilweise ab und erklärte sich zur Übernahme der “Grundgebühr für den Hausnotruf„ in Höhe von monatlich 18,36 Euro für die Zeit ab Januar 2011 im Rahmen der Sozialhilfe, längstens für die Dauer der Kostenübernahme für das betreute Wohnen bereit. Eine ausdrückliche Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen erfolgte nicht.

Zur Begründung wird darin ausgeführt, dass man von einer “behinderungsbedingten Erforderlichkeit des Notrufssystems„ ausgehe. Daher übernehme man die Grundgebühr in Höhe von 18,36 Euro monatlich (“weitergehende Leistungen des Hausnotrufanbieters, die über die Grundgebühr hinaus gehen, werden grundsätzlich nicht durch den LWV Hessen finanziert„). Spielraum für eine Ausnahmeregelung bestehe hier nicht. Vielmehr sei hier kein Nachweis über einen drohenden “Verlust der Häuslichkeit geführt worden„.

Am 16.08.2011 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Wiesbaden Klage erhoben.

In dem am 29.11.2013 durchgeführten Erörterungstermin vor dem Vorsitzenden erläuterte eine Mitarbeiterin von “D.„, die Klägerin bereits seit 15 Jahren zu betreuen. In der Zeit bis 2005, bis zur Übernahme der Finanzierung durch den Landeswohlfahrtsverband habe das Sozialamt der Stadt A-Stadt die Gebühren für den Hausnotruf voll erstattet bzw. angerechnet.

Sie habe mit dem den Hausnotruf gewährleistenden E. A-Stadt im vorliegenden Fall vereinbart, dass dieser die volle Leistungen seiner Notrufdienste zur Verfügung stelle, die Begleichung der zweiten Hälfte der Gebühr bis zur Klärung in diesem sozialgerichtlichen Klageverfahren zurückstelle, also stunde.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 06.09.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 insoweit aufzuheben, als darin nicht die volle Höhe der Gebühr für den Hausnotruf bei dem E. in Höhe von insgesamt 34,77 € sondern nur in einer Höhe von 18,36 € übernommen wurde und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten für den Hausnotruf in der vollen Höhe von 34,77 € mit Wirkung ab 01.01.2011 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben sich in dem besagten Erörterungstermin mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch begründet, die Klägerin hat einen Anspruch auf volls...

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