Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Hockeytrainer. Betreuung einer Sportmannschaft über einen längeren Zeitraum. Honorartrainer-Vertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Betreuung einer Sportmannschaft über einen längeren Zeitraum setzt regelmäßig eine Eingliederung in die betrieblichen Abläufe des Sportvereins voraus.

2. Liegen Eingliederung in betriebliche Abläufe und Weisungsgebundenheit vor, steht ein überdurchschnittlich hohes Honorar dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 2. als Hockeytrainer für den Kläger zu 1.

Der Kläger zu 1. ist ein Sportverein mit aktivem Hockey-Spielbetrieb. Er verfügt über mehrere Hundert Mitglieder, die ca. 20 Mannschaften in unterschiedlichen Spielklassen bilden. 2015 spielte die erste Herrenmannschaft des Klägers zu 1. in der Oberliga. Für den Spielbetrieb verfügte der Kläger zu 1. zunächst über ein Spielfeld. 2016 wurde ein weiteres Feld in Betrieb genommen. Über eigene Hallen verfügt der Kläger zu 1. nicht; diese wurden ihr von der Stadt zur Verfügung gestellt.

Der Kläger zu 2. war bis 2001 aktiver Hockeyspieler. Nach dem Ende seiner Karriere war er im Nebenerwerb als Trainer für unterschiedliche Vereine tätig, darunter auch zeitweise den Kläger zu 1. Hauptberuflich ist der Kläger zu 2. leitender Angestellter. Die Kläger einigten sich 2015 auf eine erneute Zusammenarbeit. Dabei sollte das Training der ersten Herrenmannschaft vom Kläger zu 2. übernommen werden. Es wurde ein “Honorartrainer-Vertrag„ vom 28.04.2015 geschlossen (Bl. 19. ff. d. A.), der u.a. folgende Regelungen enthält:

Ҥ1 Aufgaben und Pflichten

[…]

Der Trainer führt die im Rahmen dieses Vertrages erteilten Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Trainers in eigener unternehmerischer Verantwortung aus. Dabei hat er zugleich auch die Interessen des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Trainer unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist in Bezug auf Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung frei und nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden. Er hat jedoch fachliche Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.

Der Trainer ist nicht verpflichtet, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen. […]

§ 2 Vergütung

Für die selbständige Trainertätigkeit wird ein Entgeltsatz pro Stunde in Höhe von 80,00 Euro vereinbart.

§ 6 Sonstiges

[…]

Erwartungen des Vereins:

Ganzheitliche Trainingsarbeit mit Überblick über die unterhalb der 1. Mannschaft angeordneten Teams wie 2. Herren, D., etc. sowie Absprache mit den dort zuständigen Trainern.

Seriöses Auftreten und jederzeit den E. “vertretend„ nach innen wie nach außen.

Kontrolliertes Verhalten auf und neben dem Spielfeld während der Spiele genauso wie bei den Trainingseinheiten gegenüber Schiedsrichtern, Gegnern und eigenen Spielern.„

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen.

Erklärtes Ziel des Engagements des Klägers zu 2. war der Aufstieg der von ihm betreuten Mannschaft in die 2. Bundesliga. Zwischen den Klägern bestand insoweit Einigkeit, dass dem Kläger zu 2. im Hinblick auf dieses Ziel alle erforderlichen Mittel und Freiheiten durch den Kläger zu 1. gewährt werden sollten. So hatte die vom Kläger zu 2. betreute Mannschaft insbesondere Vorrang bei der Zuweisung von Trainingszeiten- und Plätzen.

Zur Durchführung seiner Tätigkeit bediente der Kläger zu 2. sich in erheblichem Umfang der Videoanalyse. Diese betraf sowohl die eigene, als auch gegnerische Mannschaften. Die hierfür erforderlichen Mittel (ein Beamer, zwei Videokameras, ein Laptop, sowie die Lizenz für ein Schneideprogramm) schaffte der Kläger zu 2. auf eigene Kosten an. Trainingsvorbereitung und Videoanalyse führte der Kläger zu 2. in seiner häuslichen Betriebsstätte durch; wann er das tat, bestimmte er selbst. Das Gleiche gilt entsprechend für die Beobachtung künftiger Gegner seiner Mannschaft. Die zeitlichen Aufwände für Vorbereitung von Training und Spielen waren dabei etwa gleich groß. Der Kläger zu 2. rechnete durchschnittlich 18 Stunden monatlich gegenüber dem Kläger zu 1. ab (vgl. Bl. 14 d. A.)

Die Kläger beantragten im Januar 2016 bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Diese stellte mit Bescheiden vom 14.04.2016 jeweils an die Kläger gerichtet fest, dass eine abhängige Beschäftigung mit damit einhergehender Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung vorliegt. In der Kranken- und Pflegeversicherung stellte die Beklagte aufgrund Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze die Versicherungsfreiheit fest.

Hiergegen legten beide Kläger jeweils mit Schreiben vom 04.05.2016 aus den Gründen ihrer Klageant...

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