Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeld II. Sanktionsbescheid. keine Notwendigkeit eines gesonderten Aufhebungsbescheides nach der Rechtslage ab 1.4.2011

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem Wortlaut der §§ 31a, 31b Abs 1 mindert sich der Auszahlungsanspruch mit dem Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, kraft Gesetzes.

2. Diese Auslegung folgt aus dem Wortlaut, der zum 1.4.2011 geänderten Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Norm vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung im Vergleich der §§ 31 ff SGB aF und §§ 31 ff SGB 2 nF.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Minderungsbescheides.

Der Kläger, er ist am …1989 geboren, beantragte am 1.8.2013 die Weitergewährung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für sich, seinen Bruder R. W. (geboren am … 1990) und den Vater B. M. (geboren am … 1956). Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, die von den Dreien bewohnt wird, betragen 352,50 Euro.

Der Kläger übt gemeinsam mit seinem Bruder R. W. seit Mai 2010 eine selbständige Tätigkeit aus. Die Brüder haben zu diesem Zweck Geschäftsräume in K. in der …. -straße … angemietet. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit Trödel und Antiquitäten auf Flohmärkten, das Aufbereiten von Möbeln und das Etikettieren von Weinflaschen. Der Kläger stand in dem gesamten Zeitraum im Leistungsbezug nach dem SGB II.

In den Zeiträumen vom 1.5.2010 bis 28.2.2014 stellt sich der Gewinn der Brüder monatlich wie folgt dar:

Zeitraum

Einnahmen

Ausgaben

Gewinn

1.5.2010-31.8.2010

153,38

28,20 

125,18

1.9.2010-28.2.2011

342,25

165,66

176,59

1.3.2011-31.8.2011

563,37

158,94

404,43

1.9.2011-29.2.2012

350,08

160,10

189,89

1.3.2012-31.8.2012

504,29

232,48

271,81

1.9.2012-28.2.2013

426,69

382,02

98,67 

1.3.2012-31.8.2013

600,00

192,04

407,96

1.9.2013-28.2.2014

653,94

429,65

224,29

Zur Bewertung der Ertragssituation führte der Beklagte im Jahr 2013 eine Analyse im Rahmen des Projekts “VISA-Maßnahmen für Personen in prekären Beschäftigungsverhältnissen„ durch. Diese ergab, dass zur Bedarfsdeckung ein Mindestumsatz von 1.349,25 Euro erzielt werden müsse. Der Hauptumsatz erfolge auf Flohmärkten am Wochenende und im e-bay-Handel.

Der Beklagte führte mit den Klägern bereits in der Vergangenheit bis zum 26.9.2012 mehrere Gespräche zur Tragfähigkeit des Unternehmens. Er wies hierbei und in den ergangenen Bescheiden, u. a. dem Widerspruchsbescheid vom 15.5.2013, darauf hin, dass eine Tätigkeit die keine Perspektive zur Überwindung der Hilfsbedürftigkeit erkennen lasse, nicht dauerhaft schützenswert sei. In dem Zeitraum von der Unternehmensgründung bis zum 28.2.2013 wurden von dem Beklagten Aktivierungsmaßnahen am allgemeinen Arbeitsmarkt mit Rücksicht auf die Unternehmensgründung nicht ergriffen. Der Kläger kündigte mehrfach an, das Unternehmen werde sich alsbald selbst tragen.

Durch den Bewilligungsbescheid vom 11.2.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 353,00 Euro und Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 117,50 Euro (1/3 von 352,50 Euro). Der Bewilligungsbescheid betraf den Zeitraum vom 1.3.2014 bis zum 31.8.2014. Die Entscheidung erfolgte vorläufig, weil der Vater des Klägers und Herr R. M. Einkommen in wechselnder Höhe erzielten.

Durch Eingliederungsverwaltungsakt vom 3.12.2013 wurde unter Berufung auf § 15 Absatz 1 Satz 6 SGB II gegenüber dem Kläger für den Zeitraum vom 3.12.2013 bis 2.6.2014 die Teilnahme an der Maßnahme “L. I. F. E„ (lernen, informieren, fördern, erleben) bei dem ÜAZ W. verfügt. Die Maßnahme diene der Heranführung an den Arbeitsmarkt. Sie umfasse zu gleichen Teilen die Mitarbeit in den Bereichen Holz, Farbe, Metall und Kunststoff. Die Ausübung erfolge wöchentlich im Umfang von 30 Stunden. In Absprache mit dem Träger könne diese Zeit innerhalb des Zeitraums von 7.45 Uhr bis 16.45 Uhr (montags bis donnerstags) und von 7.45 Uhr bis 13.20 Uhr (freitags) verteilt werden. Daneben wurde verfügt, der Kläger müsse ab dem 2.1.2014 wenigstens sechs Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nachweisen. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, bei einem Verstoß werde in seinem Fall das ihm zustehende Arbeitslosengeld II auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei weiteren Verstößen werde der Anspruch vollständig entfallen. Die Minderung dauere drei Monate und beginne mit dem Monat nach Zugang des Minderungsbescheides. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass bei Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 Prozent des Regelbedarfs die Möglichkeit besteht, ergänzende Sachleistungen zu erbringen und, dass ihm insoweit ein Antragsrecht zustehe.

Der Kläger weigerte sich nachfolgend, die Maßnahme “L. I. F. E„ anzutreten. Er erschien zu der Maßnahm...

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