Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2004 und unter Abänderung des Bescheides vom 03.08.2004 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01. bis 29.08.2004 um EUR 19,74 täglich höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Streitig ist die Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Der Kläger nahm am 22.08.2002 ein befristetes Beschäftigungsverhältnis auf. Unter dem 04.07.2003 vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.07.2004. Eine weitere Verlängerung erfolgte nicht. Das Bruttoarbeitsentgelt betrug in der Zeit vom 01.07.2003 bis 30.06.2004 insgesamt EUR 28.533,35.

Am 19.05.2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten zum 01.08.2004 arbeitslos.

In einem als „Erläuterungen zum Bewilligungsbescheid” bezeichneten Schreiben vom 30.07.2004 führte die Beklagte aus, das dem Kläger zustehende Arbeitslosengeld mindere sich um EUR 560. –. Nach § 140 SGB III mindere sich der Anspruch um EUR 35,– für jeden Tag der verspäteten Meldung als arbeitsuchend; gem. § 37 b seien Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Der Kläger hätte sich spätestens am 03.05.2004, dem ersten Tag der Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit nach der Kenntniserlangung, melden müssen. Die tatsächliche Meldung am 19.05.2004 sei somit um 16 Tage zu spät erfolgt. Für die Zeit vom 01.–29.08.04 werde gem. § 140 SGB III daher Arbeitslosengeld nur in Höhe der Hälfte des ohne Minderung zustehenden Betrages ausgezahlt; der tägliche Minderungsbetrag betrage EUR 19,74. Ein dieser Minderung entsprechender Bewilligungsbescheid erging unter dem 03.08.2004.

Unter dem 06.08.2004 erhob der Kläger Widerspruch gegen den „Minderungsbescheid vom 30.07.2004”. Zu dessen Begründung führte er aus, sein Arbeitgeber habe ihn nicht auf die Notwendigkeit der unverzüglichen Meldung bei der Agentur für Arbeit hingewiesen. Außerdem habe ihm der Arbeitgeber mündlich eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses zugesagt. Erst am 17.07.2004 habe er erfahren, dass der Vertrag nicht verlängert werde; er habe sich dann umgehend gemeldet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2004 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den „Bescheid vom 30.07.2004” als unbegründet zurück. Die Meldepflicht gem. § 37 b SGB III bestehe unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt worden oder dem Kläger die Pflicht zur Meldung bekannt war.

Am 10.09.2004 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung verweist er aufsein Vorbringen im Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2004 und unter Abänderung des Bescheides vom 03.08.2004 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.–29.08.2004 um EUR 19,74 täglich höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die angefochtenen Bescheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Niederschrift vom 26.01.2004 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Gegenstand des Klageverfahrens ist die Minderungsentscheidung der Beklagten. Das Gericht kann offenlassen, ob die Beklagte eine solche Regelung bereits verbindlich im „Erläuterungsschreiben” vom 30.07.2004 getroffen hat, ob dieses seinem Inhalt nach also einen Verwaltungsakt darstellt. Hat wie vorliegenden Fall ein Vorverfahren stattgefunden, ist nach § 95 SGG Gegenstand des Klageverfahrens der Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides; der Widerspruchsbescheid kann aus einem schlichten Verwaltungshandeln einen Verwaltungsakt machen, wenn er der ursprünglichen Erklärung eine verbindliche Regelung zukommen lässt (BSG 12.02.80 – 7 RAr 26/79 – BSGE 49, 291). Die Beklagte hat das Schreiben vom 30.07.2004 im Widerspruchsbescheid als Bescheid bezeichnet und den Widerspruch in der Sache als unbegründet, nicht als unzulässig zurückgewiesen. Damit hat sie dem „Bescheid” eine verbindliche Regelung zukommen lassen. Ausweislich des verfolgten Begehrens, ungemindertes Arbeitslosengeld zu erhalten, richtete sich der Widerspruch des Klägers auch gegen den eine solche Minderung berücksichtigenden Bewilligungsbescheid vom 03.08.2004. Auch insoweit wurde dem Widerspruch im Widerspruchsbescheid nicht abgeholfen, vielmehr die Minderungsentscheidung bestätigt.

Die Klage richtet sich somit als Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 30.07. und 03.08.2004 und den Widerspruc...

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