Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung der Arbeitsverwaltung an die von der Finanzverwaltung getroffene Lohnsteuereingruppierung bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes

 

Orientierungssatz

1. Die Höhe des Arbeitslosengeldes ist nach § 153 SGB 3 u. a. von der Lohnsteuerklasse des Berechtigten abhängig.

2. Maßgeblich ist diejenige Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildet worden ist. An das seitens der Finanzverwaltung eingetragene Lohnsteuerabzugsmerkmal ist die Arbeitsverwaltung grundsätzlich gebunden. Sind Gründe für eine hypothetische Lohnsteuereingruppierung im Fall einer Arbeitsaufnahme, wie dies bei der Mehrfachbeschäftigung vorgenommen wird, nicht ersichtlich, so ist die Arbeitsverwaltung an die von der Finanzverwaltung getroffene Eingruppierung gebunden.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 09.01.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2013 verurteilt, dem Kläger ab dem 01.01.2013 Arbeitslosengeld I nach den gesetzlichen Vorschriften unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse 3 zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Höhe des dem Kläger zu gewährenden Arbeitslosengeld I im Streit.

Der am 18.07.1950 geborene Kläger war bis 31.12.2012 bei der I: GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages zum 31.12.2012 mit Gewährung einer vorgezogenen Betriebsrente ab dem 01.01.2013 beendet.

Am 29.11.2012 meldete sich der Kläger arbeitslos und stellte einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld I. Er legte eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2010 vom 20.09.2009 vor, in der die Steuerklasse 3 eingetragen war. Gleichzeitig teilte er mit, dass er eine Abfindung in Form von monatlichen Zahlungen bis zum Eintritt in die Regelaltersrente erhalte. Mit Bewilligungsbescheid vom 09.01.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger im Zeitraum 26.03.2013 bis 24.09.2013 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 49,34 €. Für den Zeitraum 01.01.2013 bis 25.03.2013 stellte sie den Eintritt einer Sperrzeit aufgrund von Arbeitsaufgabe fest. In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass der Kläger entsprechend der Eintragung auf seiner Lohnsteuerkarte der Lohnsteuerklasse 6 zugeordnet werde.

Am 10.01.2013 meldete sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten und teilte nochmals mit, dass er ab 01.01.2013 eine vorgezogene Betriebsrente erhalte. Laut Arbeitgeber werde diese mit der Lohnsteuerklasse 3 versteuert. Er bat um Rückruf, da ein Kollege bei gleichem Sachverhalt andere Auskünfte erhalten habe. Mit Schreiben vom 17.01.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Arbeitslosengeld nach der Steuerklasse gezahlt werde, die im Falle einer Arbeitsaufnahme auch gelten würde. Sofern die Betriebsrente nach Steuerklasse 3 gezahlt werde, könnte eine Arbeit nur in der Steuerklasse 6 aufgenommen werden. Bei der Zahlung des Arbeitslosengeldes sei daher diese Steuerklasse zugrunde zu legen.

Am 18.01.2013 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 09.01.2013. Zur Begründung führte er aus, dass das im Bewilligungsbescheid ausgewiesene Leistungsentgelt auf der durch die Beklagte festgelegten Zuordnung zur Lohnsteuerklasse 6 basiere. Nach § 153 SGB III sei jedoch die Lohnsteuerklasse anzuwenden, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei, als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildet gewesen sei. Dies sei in seinem Falle die Steuerklasse 3. Er habe seit jeher Lohnsteuerklasse 3. Eine eigenständige Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse 6 durch die Beklagte widerspreche somit der geltenden Rechtslage. Er beantrage daher, das Leistungsentgelt auf Basis der aktuell zugeordneten Lohnsteuerklasse 3 neu festzusetzen. Gleichzeitig legte er die vom Finanzamt ausgestellten elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale zum 01.01.2012 vor. Darin ist die Steuerklasse 3 eingetragen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die §§ 149 ff. SGB III bestimmten, dass die Höhe des Arbeitslosengeldes von der Lohnsteuerklasse abhängig sei. Dabei sei die Lohnsteuerklasse maßgeblich, die zu Beginn des Jahres als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildet worden sei, in dem der Anspruch entstanden sei, § 153 Abs. 2 S. 1 SGB III. Entscheidend zu berücksichtigen seien jedoch auch die Besonderheiten der Lohnsteuerklasse 6. Für die Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei die Steuerklasse zugrunde zu legen, die im Falle einer Arbeitsaufnahme in Betracht komme. Der Kläger beziehe ab 01.01.2013 eine Betriebsrente, die nach Steuerklasse 3 versteuert werde. Eine Arbeitsaufnahme könnte daher, solange die Betriebsrente nach Steuerklasse 3 versteuert werde, nicht ebenfalls nach Steuerklasse 3 erfolgen, sondern nur nach Steuerklasse 6. Deshalb sei Steuerklasse 6 zugrunde zu legen.

Am 20.02.2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung führte er aus, dass sich gem. § 15...

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