Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. unangemessene Heizkosten. Kostensenkungsverfahren. Angemessenheitsprüfung. Gaseinzelöfen und Elektroheizgeräte. Unanwendbarkeit von Heizspiegeln. Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen trotz unwirtschaftlichem Heizverhalten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Heizspiegel bietet keine Grundlage für die Bemessung der Angemessenheit von Heizkosten in Form von Stromkosten.

2. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind die tatsächlichen Heizkosten bei unwirtschaftlichem Heizverhalten zu übernehmen, wenn kein Datenmaterial für die Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze für die Heizkosten vorhanden ist.

 

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.06.2012 bis 30.11.2012, längstens jedoch bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 11.05.2012 in der Fassung des Bescheides vom 24.05.2012 in Höhe von 1135,58 EUR zu zahlen.

2. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller macht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geltend.

Der am 15.05.1969 geborene Antragsteller bewohnt eine 69,75 m² große 3-Zimmer-Wohnung, für die er eine Kaltmiete von 385,78 EUR, 35,79 EUR Nebenkosten sowie 35,79 EUR Wasserkosten zu zahlen hat. Die Wohnung, die in einem als “Arbeitszimmer„ bezeichneten Raum und im Bad mit Gaseinzelöfen ausgestattet ist, wird im Übrigen durch elektrische Radiatoren beheizt. Von Januar 2005 bis September 2008 bezog der Antragsteller von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II, wobei die Antragsgegnerin die vom Antragsteller zu zahlenden Abschlagszahlungen für Gas und Strom, deren Höhe sich zwischen 362,00 EUR und 231,00 EUR monatlich bewegte, abzüglich einer Energiepauschale als Heizkosten übernahm und an den Energieversorger auszahlte. Ab Februar 2008 wurde die Kaltmiete nur noch in Höhe von 331,65 EUR berücksichtigt. Nach von Oktober 2008 bis Februar 2009 erfolgtem Sozialhilfebezug wurden dem Antragsteller ab März 2009 wieder Leistungen von der Antragsgegnerin gewährt, wobei Heizkosten in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale berücksichtigt wurden.

Im März 2010 legte der Antragsteller die Jahresabrechnung des Energieversorgers über eine für die Zeit vom Januar 2009 bis Januar 2010 zu leistende Nachzahlung von 4448,97 EUR sowie ab März 2010 zu leistenden Abschlagszahlungen in Höhe von 583,00 EUR monatlich beim Antragsgegner vor. Das vom Antragsteller wegen der von der Antragsgegnerin abgelehnten Übernahme der Nachzahlung angerufene Sozialgericht Stuttgart verpflichtete die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme der im Juni 2010 5983,97 EUR betragenden Nachforderung, weil der Antragsteller nicht über seine Kostensenkungsobliegenheit bezüglich der Heizkosten informiert worden sei.

Mit Schreiben vom 19.08.2010 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass seine Heizkosten unangemessen hoch seien, er sein Heizverhalten umgehend ändern müsse und eine weitere unangemessen hohe Zahlung nicht mehr übernommen werden könne. Mit Änderungsbescheid vom 28.09.2010 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von 583,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale.

Unter dem 05.11.2010 erstellte das Energieberatungszentrum S. im Auftrag der Antragsgegnerin aufgrund einer Begehung der Wohnung des Antragstellers eine Beurteilung des Strom- und Gasverbrauchs, deren wesentliches Ergebnis darin bestand, dass der extrem hohe Energieverbrauch des Antragstellers im Wesentlichen durch sein falsches Heizungs- und Lüftungsverhalten verursacht sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Energieverbrauchsanalyse wird auf das mit “230„ beschriftete Blatt und fortfolgende Bezug genommen.

Aufgrund eines Haftaufenthalts des Antragstellers, während dem er von der Antragsgegnerin keine Leistungen bezog, übernahm das Sozialamt der Stadt S. die Unterkunftskosten des Antragstellers für die Zeit von Januar bis Juni 2011, wobei nach entsprechender Vereinbarung mit dem Energieversorger die an diesen zu leistenden Abschlagszahlungen auf 10,00 EUR festgelegt worden waren.

Mit Bescheid vom 04.07.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.08.2011 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 11.06.2011 bis 30.11.2011 unter Berücksichtigung der ab Juli 2011 wieder fälligen Abschlagszahlung in Höhe von 231,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale.

Für die Zeit vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen in Höhe von 1004,59 EUR (364,00 EUR Regelleistung, 640,59 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung), wobei sie weiterhin die Abschlagszahlungen in Höhe von 231,00 EUR abzüglich e...

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