Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf wegen einem unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf. kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Kosten für Laktasetabletten. Laktoseintoleranz und Notwendigkeit der Einnahme laktosehaltiger Medikamente. hier kein Mehraufwand aufgrund geringer Menge bzw Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden als Medikamente zugelassene Wirkstoffe ausschließlich in Form von laktosehaltigen Tabletten angeboten, kann dies bei Laktoseintoleranz nach § 21 Abs 6 SGB 2 einen unabweisbaren laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf an Laktasetabletten verursachen. Die Einnahme ist nicht ernährungsbedingt sondern beruht auf den Medikamenten. Ein Verweis auf das Krankenversicherungssystem ist dennoch nicht möglich, da Laktasetabletten Lebensmittel und keine Medikamente sind.

2. Das Gericht hat in diesem Fall zu berechnen, ob überhaupt ein "Mehraufwand" anfällt.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Beklagte hat der Klägerin außergerichtliche Kosten nicht zu ersetzen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Recht der Grundsicherung über die Erhöhung des Arbeitslosengeldes II durch einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.

Die Klägerin bezieht laufend Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Sie bildet alleine eine Bedarfsgemeinschaft.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2014 beantragte der Klägervertreter für die Klägerin einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Dem Antrag ist ein Schreiben der Klägerin beigefügt, wonach ihr Körper einen Dickdarmteilverlust, einem Reizmagen und einen Reizdarm habe sowie unter Laktoseintoleranz sowie Zuckerunverträglichkeit leide. Sie schreibt u.a., dass sie schlimme Schmerzen bei der Verdauung habe und ihr verschiedene Ärzte unterschiedliche Diäten empfohlen hätten. Wichtig sei es, Kaffee und Zucker weg zu lassen. Sie solle sich leicht, mediterran und vollwertig ernähren. Fertiggerichte könne sie nicht essen.

Der Beklagte bat das Gesundheitsamt der K B. um eine amtsärztliche Stellungnahme. Dieses kam aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 6. März 2014 im Gutachten vom 24. März 2014 zum Ergebnis, dass die der Klägerin empfohlenen Diäten in einer ausgewogenen Vollkost umgesetzt werden könnten. Derzeit bestehe keine Indikation für einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.

Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. April 2014 die Gewährung eines Mehrbedarfs ab.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 9. Mai 2014.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2014 hat der Beklagte den Ausgangsbescheid insoweit abgeändert als dieser nunmehr für den Bewilligungszeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 beschränkt ist und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge habe die Krankheiten festgestellt, bei denen ein Mehrbedarf notwendig sei. Hierunter falle Laktoseintoleranz nicht. Die Aufzählung sei zwar nicht abschließend. Laktoseunverträglichkeit sei eine weit verbreitete Erkrankung. Die Mehrkosten seien nicht konkretisiert. Die Vermeidung von Produkten ohne Laktose sei möglich. Die Gewährung eines Mehrbedarfs sei erst angezeigt, wenn ohne teure Ersatzprodukte gesundheitliche Einschränkungen drohten oder keine ausreichende Auswahl an Alternativprodukten zur Verfügung stehe. Auch für die weiteren Erkrankungen seien die ärztlich empfohlenen Diäten in einer ausgewogenen Vollkost umzusetzen.

Die Klägerin erhob dagegen am 5. August 2014 Klage.

Sie vertieft den Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, dass in den von ihr einzunehmenden Antidepressiva-Tabletten Laktose enthalten sei, das sie nicht vermeiden könne. Sie legte einen Medikamentenplan des Dr. K. vom 19. September 2014 vor, aus dem hervorgeht, dass sie folgende laktosehaltigen Medikamente einnehmen muss: 1 Tablette Sertralin (100 mg), 1 Tablette Lyrica (150 mg), 1 Tablette Opipramol (100 mg), 2 Tabletten Stangyl (25 mg). Aus einem am 17. November 2014 zu den Akten gereichten Attest ergibt sich, dass die Klägerin begleitend zu diesen Medikamenten 14 Laktasetabletten (Laktase 1.500 FCC-Einheiten) pro Tag einnehmen müsse. Zu den täglichen Milchprodukten müsse sie weitere 10 Laktase-Tabletten schlucken. Die Klägerin hat weiterhin mitgeteilt, dass sie monatlich zwei Packungen Laktase von Biolabor für zusammen 19,60 Euro kaufe. Am 27. Mai 2015 teilte sie mit, ihr Hausarzt habe am 21. Mai 2015 einen Vitamin D-Mangel mitgeteilt, der eine besondere Kost notwendig mache.

Die Klägerin beantragt sinngemäß schriftlich,

den Bescheid vom 16. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin im Zeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 einen Mehrbedarf für Ernährung zu bewilligen und auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Sie ist der Auffassung, dass Laktasetabletten von der Gesetzlichen Krankenve...

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