Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Wohngruppenzuschlag. eingeschränkte freie Wählbarkeit des Pflegedienstes

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB 11 idF vom 23.10.2012 besteht nicht, wenn die freie Wählbarkeit des Pflegedienstes tatsächlich eingeschränkt ist (hier: Bestehen einer engen Verzahnung von Wohngruppe und Pflegedienst).

2. Auch nach der ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung des § 38a SGB 11 scheidet ein Anspruch aus.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI.

Die 1921 geborene Klägerin lebt in einer Wohngemeinschaft für demenziell Erkrankte (Haus S, W) mit derzeit elf Bewohnern. Sämtliche Bewohner sind nach Angaben des Betreibers pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung. Die Einrichtung, zu der noch eine weitere Wohngemeinschaft gehört, wird laut Internetpräsenz vom Caritasverband .. e.V. betrieben, es handelt sich um eine Einrichtung im Sinne des § 5 des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe (LWTG) Rheinland-Pfalz.

Mit der bei den Akten befindlichen Internetpräsenz des Caritas-Verbandes .. e.V. (Auszug) wirbt der Verein damit, dass Menschen ihre Selbständigkeit in der Wohngemeinschaft auch bei fortschreitender Demenz so weit wie möglich erhalten können. Präsenzkräfte seien 24 Stunden am Tag ansprechbar; sie würden die Bewohnerinnen und Bewohner auf ihren Wunsch und bei Bedarf unterstützen. Ergänzt werde das Angebot laut Internetpräsenz “durch ambulante Pflegeleistungen der Sozialstation ..„. Auf der Internetseite der Wohngemeinschaften im Haus .. (Ausdruck) findet sich auch ein Link zum Flyer der Sozialstation .

Die Klägerin bezieht Leistungen der Pflegeversicherung (häusliche Pflege). Sie hat mit der Caris-Serv Caritas-Dienstleistungs- und Serviceunternehmen .. GmbH einen Mietvertrag über Wohnräume geschlossen. Laut § 18 dieses Vertrages “ist der Mieter der Mietergemeinschaft im Haus (..) berechtigt, darüber zu entscheiden, wer die persönlichen Dienstleistungen Pflege, hauswirtschaftliche Leistungen, Mahlzeitenversorgung, sonstige hauswirtschaftliche Leistungen, persönliche Beratung und Unterstützung, soziale Betreuung und ständige Personalpräsenz jeweils für die Mieter erbringt.„

Am 28.10.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI. Mit Bescheid vom 08.11.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da es sich bei der Wohngemeinschaft nicht um eine ambulant betreute Wohngruppe im Sinne des § 38a SGB XI handeln würde. Die Einrichtung unterliege der Heimaufsicht, dies schließe die Gewährung eines Zuschlags aus.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie legte auch eine Stellungnahme des Caritasverbandes für die Diözese .. e.V. vor, laut der die Qualifizierung der Einrichtung als Einrichtung nach § 5 LWTG nicht dazu führe, dass in dieser Wohngemeinschaft kein Anspruch auf Leistungen nach § 38a SGB XI bestehe. Die Mietergemeinschaft verständige sich regelmäßig auf einen ambulanten Pflegedienst; die Wählbarkeit sei nicht eingeschränkt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2014 mit der Begründung zurück, dass keine ambulante Versorgungsform im Sinne des § 38 Abs 1 SGB XI vorliege, wenn die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt sei. Träger der Wohngemeinschaft sei der Caritasverband . Pflegerische Leistungen würden dort faktisch nur durch die Sozialstation .. zur Verfügung gestellt. Eine Wohngemeinschaft sei nicht selbstbestimmt, wenn sie von einem Dritten betrieben werde, der dort zugleich Wohnraum überlasse und Leistungen der ambulanten Betreuung erbringe; dies gelte auch, wenn andere Personen oder Unternehmen für den Betreiber handeln würden. Ferner unterliege die Einrichtung nach § 5 LWTG der Heimaufsicht. Die Akte enthält weder Abgangsvermerk noch Zustellnachweise.

Die Klägerin hat am 10.02.2014 Klage erhoben.

Sie ist der Meinung, dass es sich bei der Wohngemeinschaft um eine Wohngruppe im Sinne des § 38a SGB XI handele. Die Mietergemeinschaft entscheide frei über den Leistungserbringer der Pflegeleistungen. Zwar handele es sich um eine fremdorganisierte, nämlich durch den Caritasverband organisierte Wohngruppe - dies schließe aber die Gewährung des Wohngruppenzuschlags nicht aus. Die Qualifikation als Einrichtung im Sinne des LTWG stehe in keinem Zusammenhang mit der Frage des Wohngruppenzuschlags nach dem SGB XI.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI ab dem Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Oktober 2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und weist insbesondere darauf hin, dass die freie Wähl...

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