Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. kein Anspruch auf Sterilisation als Sachleistung zur Vermeidung einer weiteren Schwangerschaft

 

Orientierungssatz

Eine Versicherte hat keinen Anspruch auf die Durchführung einer Sterilisation als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung, um das Ziel der Vermeidung einer weiteren Schwangerschaft aus medizinischen Gründen zu erreichen. In diesem Fall sind weniger invasive und weniger endgültige Verhütungsmethoden vorzuziehen und zunächst auszuschöpfen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die stationäre Durchführung einer Sterilisation als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Die am 1989 geborene Klägerin ist Mutter von fünf Kindern. Zuletzt hat sie am 2013 Zwillinge und am 2015 per Sectio caesarea ein weiteres Kind zur Welt gebracht.

Am 03.08.2015 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines ärztlichen Attests des Allgemeinmediziners Dr. S die Durchführung einer Sterilisation. Dr. S führte aus, die Klägerin sei Anfang 2013 operiert worden, weil es zu einer Ovarialvenenthrombose und einer Thrombose in der vena cava inferior gekommen sei. Postoperativ sei es zu einer Wundinfektion mit Sepsis und einem Abszess zwischen Uterus, Blase und rechter Adnexregion gekommen. Bis Ende Februar sei sie mit Marcumar behandelt worden. Nach persönlicher Beratung am 16.06.2015 habe die Klägerin erklärt, die Familienplanung sei in Abstimmung mit ihrem Ehemann abgeschlossen. Der Ehemann befinde sich für ein Jahr in Elternzeit, es stehe eine Familienhebamme sowie eine Familienhelferin zur Seite und die Schwiegermutter unterstütze die Familie. Zur Empfängnisverhütung komme die Pille nicht in Frage, da durch hormonelle Behandlung wieder eine Thrombose ausgelöst werden könne. Ebenso sollte auch auf die Spirale verzichtet werden. Eine Verhütung mit Kondomen sei bei den jungen Leuten zu unsicher. Eine Sterilisation zur Empfängnisverhütung sei daher die beste Lösung, insbesondere um die Gesundheit der Mutter nicht zu gefährden. Der Frauenarzt Dr. S bescheinigte unter dem 02.07.2015, eine weitere Schwangerschaft stelle ein erhebliches medizinisches Risiko dar. Er befürworte eine Sterilisation bei abgeschlossener Familienplanung.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Stellungnahme. Die Ärztin im MDK Dr. H kam unter dem 06.08.2015 zu der Einschätzung, zweifelsohne sei in der vorliegenden Konstellation die Verhütung sinnvoll. Diese liege jedoch im Verantwortungsbereich eines Paares. Eine zwingende medizinische Indikation für eine Sterilisation sei vorliegend nicht abzuleiten. Sie sei bei abgeschlossener Familienplanung möglich, aber nicht als Leistung der GKV. Zudem seien das Alter der Patientin von 25 Jahren und die Endgültigkeit des Eingriffs zu beachten.

Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.08.2015 den Antrag ab.

Die Klägerin legte hiergegen am 16.09.2015 Widerspruch ein. Jede nächste Schwangerschaft stelle ein Lebensrisiko für sie dar. Beigefügt war ein Attest der Fachärztin für Gynäkologie & Geburtshilfe Dr. B. Diese führte aus, die Klägerin habe 2013 eine postsectionale Ovarialvenenthrombose mit Betreuung auf der Intensivstation wegen starker Verschlechterung des Allgemeinzustandes gehabt. Von einer weiteren Schwangerschaft habe sie bereits damals aus medizinischen Gründen dringend abgeraten. 2015 sei die Klägerin erneut per Re-Sectio entbunden worden. Sie halte aus medizinischer Sicht eine weitere Schwangerschaft für sehr riskant und empfehle deshalb eine Sterilisation, was von der Klägerin auch gewünscht werde, da wegen der Vorgeschichte eine hormonelle Antikonzeption nicht optimal erscheine. Leider fehlten der Klägerin die finanziellen Mittel für diesen Eingriff.

Die Beklagte beauftragte erneut den MDK. Die Ärztin im MDK S kam unter dem 12.11.2015 zu der Beurteilung, eine zwingende medizinische Indikation zur vorgesehenen Sterilisation sei auch aus dem Widerspruch nicht abzuleiten. Neue medizinische Aspekte seien nicht dargelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch  als unbegründet zurück. Die medizinische Notwendigkeit für die geplante stationäre Sterilisation sei nicht gegeben. Für eine Sterilisation, die allein aus Gründen der Familienplanung erfolge, müsse die Krankenkasse nicht aufkommen.

Die Klägerin hat am 18.03.2016 Klage erhoben. Sie verweist auf die ärztlichen Unterlagen, die eine Sterilisation aus medizinischen Gründen befürworteten. Insoweit solle die Sterilisation nicht aus Gründen der Familienplanung, sondern aufgrund medizinischer Indikation erfolgen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für eine stationäre Sterilisation zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Begründun...

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