Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. Verfügbarkeit. Erreichbarkeit. Nichtmitteilung der Änderung der Wohn- bzw Postanschrift. Weiterleitung der Briefpost durch Dritte

 

Orientierungssatz

Wird ein Wohnsitzwechsel nicht mitgeteilt, fehlt es an der postalischen Erreichbarkeit gem § 138 Abs 5 S 2 iV mit § 1 Abs 1 S 2 ErreichbAnO auch dann, wenn der Arbeitslose sicherstellt, dass er noch über einen Briefkasten an seiner bekannten Wohnanschrift verfügt und die dorthin gerichtete Briefpost durch Dritte an ihn weitergleitet wird.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 08. bis 14.05.2013 und ab 22.05.2013.

Die 1971 geborene Klägerin meldete sich am 10.01.2013 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Im Antragsformular gab sie als Anschrift ...str. 49, R.„ an. Die Frage, ob die Betreuung ihres Kindes sichergestellt sei, wenn sie diese nicht übernehmen könne, verneinte sie, die Frage 3c) des Antragsformulars ließ sie unbeantwortet. Unter dem 02.04.2013 bestätigte sie unterschriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben.

Mit Schreiben vom 16.04.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die erforderlichen Unterlagen lägen noch nicht vollständig vor, es fehle noch die Arbeitsbescheinigung der ...; sollte die Ausstellung dieser Arbeitsbescheinigung nicht möglich sein, werde eine Erklärung als vorläufiger Ersatz einer Arbeitsbescheinigung benötigt, die die Klägerin ausfüllen und zurücksenden möge. Sollten keine Verdienstabrechnungen mehr vorliegen, möge die Klägerin sich einen Nachweis ihrer Krankenkasse ausstellen lassen und vorlegen. Ebenfalls werde ein Nachweis über den Bezug von Mutterschaftsgeld benötigt. Im Übrigen wäre der Antrag auf Gewährung von Alg abzulehnen, weil die Klägerin angegeben habe, die Betreuung des Kindes sei nicht sichergestellt; außerdem sei Frage 3c) im Antragsformular unbeantwortet geblieben.

Ausweislich eines Vermerks der Mitarbeiterin der Beklagten S. vom 08.05.2013 erschien die Klägerin zu einem Termin bei der Arbeitsvermittlung am 07.05.2013 nicht. In der Folgezeit wurden zwei Schreiben der Beklagten jeweils mit dem Vermerk “Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln„ zurückgesandt, diese gingen dort am 28.05. und 11.06.2013 ein. Am 17.06.2013 veranlasste die Beklagte eine Adressanfrage bei der Stadt R.; diese teilte mit Schreiben vom 11.09.2013 mit, die Klägerin sei in die ...straße 1 in W. verzogen.

Mit Bescheid vom 05.06.2013 versagte die Beklagte der Klägerin das mit Antrag vom 10.01.2013 beantragte Alg und führte zur Begründung aus, die Klägerin habe die fehlenden Unterlagen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt und somit die Voraussetzungen für die Leistung nicht nachgewiesen; die Entscheidung beruhe auf § 66 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I).

Mit Schreiben vom 21.01.2014 erkundigte sich die Klägerin über den Sachstand hinsichtlich der Bearbeitung ihres Antrages auf Alg und gab an, die letzte Frage der Beklagten nach der Beschäftigung seit April 2009 habe sie in einem Brief vom 20.04.2013 beantwortet und Kopien der Gehaltsabrechnungen beigefügt, aber leider keine Antwort bekommen. Mit Schreiben vom 05.03.2014 bestellte sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und forderte die Beklagte auf, bis spätestens 15.03.2014 über den Alg-Antrag zu entscheiden. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 25.03.2014 mit, über den Antrag sei bereits am 05.06.2013 entschieden worden, dem Antrag sei nicht entsprochen worden, da verschiedene Unterlagen gefehlt hätten. Hierzu führte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 09.04.2014 aus, der Versagungsbescheid vom 05.06.2013 sei der Klägerin bis dahin nicht bekannt gewesen, wobei auffällig sei, dass der nunmehr versandte Bescheid den Aufdruck “Entwurf„ trage, was die Frage aufwerfe, ob dieser seinerzeit überhaupt auf den Postweg gelangt sei. Gegen den Bescheid werde Widerspruch erhoben, vorsorglich werde hilfsweise ein Überprüfungsantrag gemäß §§ 45 ff., 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) gestellt. Die Versagung des Alg sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe alles in ihrer Macht Stehende getan, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen, sie habe ergänzend Arbeitsbescheinigungen der Firma ... GmbH und einen Auszug aus ihrem Versicherungsverlauf bei der Deutschen Rentenversicherung zeitnah mit Anschreiben vom 20.04.2013 überlassen, hierfür gebe es sogar Zeugen. Im Übrigen sei der Beklagten bekannt, dass sich die Klägerin von September 2009 bis Juli 2012 in Elternzeit befunden habe. Soweit der Beklagten diese Unterlagen nicht ausgereicht hätten, hätte sie im Rahmen der ihr obliegenden Amtsermittlungspflicht weitere Erkundigungen einholen können/müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2014 wies die Beklagte den...

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