Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kinderhospizaufenthalt. Zuschuss zu einer Versorgung bei schwerer Behinderung. einstweiliger Rechtsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf einen Zuschuss zu einer stationären Kinderhospizversorgung nach § 39a Abs 1 S 1 SGB 5 setzt in jedem Fall voraus, dass eine ambulante Versorgung im Haushalt oder der Familie nicht erbracht werden kann. Hiervon kann bei einem weitgehend gleichbleibenden Zustand eines schwerstbehinderten Kindes, das generell im Haushalt bei seiner Familie versorgt wird, auch unter Hinweis auf die erhebliche Belastung der pflegenden Familienmitglieder nicht ausgegangen werden.

 

Orientierungssatz

Unter Berücksichtigung einer analogen Anwendung des § 123 SGG ist das Gericht auch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gehalten, Anträge so auszulegen, dass sie die Betroffenen zu ihrem Ziel führen.

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Mutter als gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die Antragsgegnerin sinngemäß zu verpflichten, der Antragstellerin einen Zuschuss für den im Zeitraum vom 29.06.2013 bis zum 13.07.2013 im Kinderhospiz in T. geplanten stationären Hospizaufenthalt zu gewähren.

Die im … 2000 geborene Antragstellerin leidet unter einer unheilbar und progredient verlaufenden infantilen Cerebralparese mit Tetraspastik, einer Epilepsie sowie einer multifokalen rekurrierenden Osteomyelitis (also einer Knochenmarksentzündung) bei daneben bestehender Windeldermatitis.

Die Antragstellerin hatte durch ihre Mutter bereits im April 2012 einen Antrag auf Kostenbewilligung für einen stationären Hospizaufenthalt bei der Antragsgegnerin gestellt (vgl. Blatt (Bl.) 7 + 1 d. Verwaltungsakte (VwA)). Ungeachtet der Tatsache, dass eine Entscheidung durch die Antragsgegnerin nicht rechtzeitig vorlag, trat die Antragstellerin dennoch Ende Juni 2012 den stationären Aufenthalt im Kinder- und Jugendhospiz in T. an (vgl. Bl. 3 d. VwA). Die Stiftung Kinderhospiz … e.V., die Trägerin des genannten Kinderhospizes ist, wandte sich daraufhin im Juli 2012 an die Antragsgegnerin mit der Bitte den Zuschuss zu den Kosten des stationären Hospizaufenthaltes der Antragstellerin zu übernehmen (vgl. Bl. 3 d. VwA). Die Antragsgegnerin schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ein. Dieser legte eine Stellungnahme des Herrn Dr. D. vom 04.07.2012 vor (vgl. Bl. 5 f. d. VwA). Hierin gab der genannte Arzt an, dass im konkreten Fall der Antragstellerin eine verminderte Lebenserwartung "nur" bedeuten würde, dass es bei ihr aufgrund der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen immer wieder zu Komplikationen kommen könne, wie z.B. einer Pneumonie, die im Einzelfall auch zum Tode führen könne, nur insoweit sei die Lebenserwartung gegenüber einem gleichartigen gesunden Kollektiv verkürzt. Es bedeute jedoch nicht, dass konkret ein Krankheitsstadium vorliege, das zwangsläufig in absehbarer Zeit zum Tode führe. Da eine Heilung nicht möglich sei, verbleibe zwar nur eine palliative, symptomorientierte Behandlung als Option, jedoch sei bisher 2012 keine richtungweisende Verschlechterung eingetreten.

Die Antragsgegnerin lehnte daraufhin mit Bescheid vom 12.10.2012 (Bl. 7 d. VwA) eine Übernahme der Hospizkosten unter Hinweis darauf ab, dass eine Hospizpflege eine Finalpflege darstelle. Der Aufenthalt der Antragstellerin würde im konkreten Fall zudem vorrangig der Entlastung der Pflegepersonen dienen und stelle insoweit einen Anspruch auf Leistungen gegenüber der Pflegeversicherung (und nicht der Krankenversicherung) dar.

Hiergegen erhob die Mutter der Antragstellerin mit der Begründung Widerspruch, dass es für Kinder Sonderregelungen im Rahmen der Hospizversorgung gebe, denen die Antragsgegnerin nicht hinreichend Rechnung getragen habe (Bl. 8 d. VwA). Aus der Verwaltungsakte wird nicht ersichtlich, ob über diesen Widerspruch schon im Wege eines Widerspruchbescheides entschieden worden ist.

Aus der Verwaltungsakte ergibt sich jedoch, dass die Antragstellerin bzw. ihre gesetzliche Vertreterin - also ihre Mutter - durch die Vorlage einer “Verordnung von häuslicher Krankenpflege(?)„ durch die Internisten Herren Dres. J. und K. aus N. vom 29.11.2012 erneut einen Anlauf starteten, eine Kostenbewilligung für einen stationären Kinderhospizaufenthalt im Zeitraum von Dezember 2012 bis Januar 2013 zu erhalten(Bl. 12 ff. d. VwA). Im Rahmen dieses von der Stiftung Kinderhospiz Mitteldeutschland Nordhausen e.V. mit initiierten Antrags (vgl. Bl. 16 d. VwA) gaben die soeben erwähnten behandelnden Ärzte auf einem Vordruck der “Bescheinigung eines Arztes über die Notwendigkeit der stationären Hospizpflege„ (Bl. 15 ff. d. VwA) an, dass die Antragstellerin unter Krampfanfällen und einer Schmerzsymptomatik bei chronischer Knochenhautentzündung in der LWS und chronischer Verstopfung bei Spastik leide. Es bestünde eine dringende Notwendigke...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge