Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufliche Weiterbildung. Anspruch auf Weiterbildungsprämie. Abschlussprüfung in einem Ausbildungsberuf. kein genereller Ausschluss für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung. Aufstiegsweiterbildung. Arbeitserzieher in Baden-Württemberg

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gewährung einer Prämie nach § 131 Abs 3 SGB III setzt nicht voraus, dass der oder die Nachfragende noch nicht über einen staatlich anerkannten Berufsabschluss verfügt.

2. Die Prämie ist auch nicht ausgeschlossen, wenn durch die Weiterbildung eine höhere Qualifikation erreicht wird (Aufstiegsweiterbildung).

3. Einzelfallentscheidung zur Prämiengewährung bei Ausbildung zum staatlich anerkannten Arbeitserzieher im Sinne der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Arbeitserziehung (APrOArbErz; juris: ArbErzAPO BW) des Landes Baden-Württemberg vom 18.7.2017.

 

Tenor

Der Bescheid vom 01.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2019 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Weiterbildungsprämie von 1.500,00 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin 3/5 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Weiterbildungsprämie von 2.500,00 €.

Die Klägerin absolvierte von 2010 bis 2013 erfolgreiche eine Ausbildung zur Friseurin.

Nachdem die Beklagte ihr unter dem 14.08.2017 einen Bildungsgutschein nach § 81 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ausgestellt hatte, nahm die Klägerin vom 04.10.2017 bis 18.08.2019 an einer von der Beklagten als Kostenträger geförderten beruflichen Rehabilitationsmaßnahme an der Berufsfachschule F-gGmbH mit dem Ziel der Weiterbildung zur Arbeitserzieherin teil und absolvierte die staatliche Abschlussprüfung erfolgreich mit einem Notenschnitt von 1,9. Am 01.10.2019 begann die Klägerin nach Vortrag ihres Bevollmächtigten mit der „Absolvierung des Anerkennungsjahrs“.

Unter Vorlage des Versetzungszeugnisses vom 30.09.2018 und des Abschlusszeugnisses vom 18.09.2019 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Weiterbildungsprämie für das Bestehen einer Zwischenprüfung in Höhe von 1.000,00 € und für das Bestehen einer Abschlussprüfung in Höhe von 1.500,00 €.

Mit Bescheid vom 01.10.2019 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Für das Berufsbild der Arbeitserzieherin bestehe kein Anspruch auf Weiterbildungsprämie, weil der Weiterbildungsberuf auf eine vorherige Berufsausbildung aufbaue.

Die Klägerin widersprach dem mit der Begründung, Klassenkameraden hätten ihres Wissens die Prämie erhalten. Auch habe ihr ein Mitarbeiter der Beklagten das Antragsformular mit dem Hinweis gegeben, es bestehe ein Anspruch auf die Prämie.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Prämie erhalte nach § 131a Abs. 3 SGB III, wer an einer nach § 81 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führe, teilnehme. Die Klägerin habe eine Umschulung zur staatlich anerkannten Arbeitserzieherin an einer Berufsfachschule absolviert. Es handle sich nicht um eine Ausbildung in einem Ausbildungsberuf nach dem Berufsausbildungsgesetz, denn Voraussetzung für die Zulassung sei in der Regel eine abgeschlossene zweijährige Berufsausbildung. Der Beruf könne damit nicht unmittelbar nach dem Abschluss der allgemeinbildenden Schule begonnen werden, sondern setze eine zweijährige Berufsausbildung voraus. Entsprechend werde kein Abschluss in einem Ausbildungsberuf erreicht.

Hiergegen hat die Klägerin am 16.12.2019 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe eine Ausbildung zur Arbeitserzieherin absolviert und somit, wie von § 131a SGB III verlangt, eine Ausbildung in einem Ausbildungsberuf abgeschlossen. Sie habe gerade keine Weiterbildung in dem von ihr bereits abgeschlossenen Ausbildungsberuf genossen. Sie habe auch keine Fortbildung genossen, die für sich genommen keinen Ausbildungsabschluss beinhalte. Der Abschluss beinhalte die Befähigung zur Arbeitserzieherin und sei somit ein abgeschlossener Ausbildungsberuf. Sie sei während des gesamten Ausbildungsvorganges und auch davor von einem Mitarbeiter der Beklagten beraten worden. Es sei ihr nicht nur die Auszahlung der Prämie in Aussicht gestellt, sondern diese Prämie konkret zugesagt worden.

Die Klägerin lässt sinngemäß beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 01.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre eine Weiterbildungsprämie in Höhe von 2.500,00 € zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei der Weiterbildung zum Arbeitserzieher handele es sich um eine reine Aufstiegsfortbildung, für die grundsätzlich keine Weiterbildungsprämie gezahlt werden könne. Es handle sich um einen Weiterbildungsberuf, der bereits eine abgeschlossene, mindestens zweijährige Berufsausbildung als Zugangsvoraussetzung habe. Diese Auffassung entspreche der Weisungslage der Beklagten, eine Änderung sei ...

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