Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. eigenwirtschaftliches Interesse. Verrichtung der Notdurft. Ausrutschen im Toilettenvorraum. keine besondere Betriebsgefahr: nasser und mit Seife verunreinigter Fußboden

 

Orientierungssatz

Ein Arbeitnehmer, der während eines Toilettengangs im Toilettenvorraum ausrutscht, steht dabei nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der nasse und mit Seife verunreinigte Fußboden stellt auch keinen besonderen Gefahrenmoment dar.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 27.01.2017 als Arbeitsunfall.

Am 27.01.2017 um ca. 13:00 Uhr begab sich der 1969 geborene Kläger während seiner Tätigkeit als Mechaniker für die X. auf die Toilette. Als er sich die Hände waschen wollte, rutschte er auf dem nassen und mit Seife verunreinigten Boden aus und schlug sich den Kopf am Waschbecken an.

Der Kläger arbeitete bis zum Schichtende um 14:30 Uhr weiter und stellte sich am selben Tag um 16:33 Uhr im Klinikum X. vor. Im Durchgangsarztbericht vom Unfalltag stellte Prof. Dr. X. die Erstdiagnose Nackenprellung und Gehirnerschütterung. Der Kläger befand sich bis zum 30.01.2017 stationär im Klinikum X., dort wurden Neurologie und Kreislauf stationär überwacht, eine Vorstellung beim HNO-Arzt und eine bedarfsadaptierte Schmerztherapie durchgeführt. Er wurde bei subjektiver Beschwerdefreiheit entlassen. Der Kläger stellte sich am 24.02.2017 erneut Klinikum X. vor und klagte über eine diffuse Schmerzsymptomatik vom Nacken in den BWS-Bereich ausstrahlend und das gelegentliche Sehen von Doppelbildern, vor allen Dingen morgens, was augenärztlich abgeklärt wurde.

Zum Unfallhergang ist im Durchgangsarztbericht vom Unfalltag vermerkt: „Versichertem ist ausgerutscht und ist schwarz vor Augen geworden und anschließend gegen das Waschbecken geprallt hat eine Krachen gehört und war anschließend bewusstlos“(Bl. 1 Verw.Akte).

Im von der Beklagten überlassenen Unfallfragebogen führte der Kläger zu der Frage, wie sich der Unfall ereignet habe, aus: „Gruppensprecher X. hat gegen 7 bis 08:00 Uhr Beleidigungen und Demütigungen ausgesprochen und mich angeschrien (psychische Erniedrigung). Als ich um 13 Uhr zur Toilette ging, war ich aufgrund des Vorfalls noch wie betäubt und rutschte auf nasser Fläche (Seife) aus und schlug meinen Kopf am Waschbecken an."(Bl. 19 Verw.Akte) Er sei zunächst kurz ohnmächtig gewesen, dann sei er aufgestanden und der Schwindel habe angefangen.

Mit Bescheid vom 21.02.2017 wurde der Unfall vom 27.01.2017 nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Aufenthalt auf der Toilette grundsätzlich privater Natur sei und nicht unter Unfallversicherungsschutz stehe. Versicherungsschutz bestehe erst wieder ab dem Durchschreiten der Toilettenaußentür. Besondere Gefahrenmomente innerhalb der Toilettenanlage seien rechtlich für den Versicherungsschutz unbeachtlich. Zudem stelle die Nässe des Bodens und das Waschbecken keine besondere Betriebsgefahr dar, da auch bei Sanitäranlagen außerhalb des Betriebes mit einer Bodenverunreinigung zu rechnen und ein Waschbecken im Toilettenbereich üblich sei.

Am 13.03.2017 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 21.02.2017 Widerspruch ein.

Zur Begründung führte er aus, dass der Aufenthalt auf der Toilette nicht privater Natur gewesen sei. Auch Arbeitspausen und Zeiten betrieblich bedingter Unterbrechungen würden grundsätzlich zur versicherten Tätigkeit gehören. Versichert sei der Weg zur Toilette. Der Aufenthalt auf der Toilette sei versichert, wenn sich dort besondere betriebliche Gefahren, wie zum Beispiel die Glätte des Fußbodens konkretisieren würden. Aus diesen Gründen sei der Bescheid vom 21.02.2017 aufzuheben und der Unfall vom 27.01.2017 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2017 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Der Kläger hat hiergegen am 12.06.2017 Klage erhoben.

Zur Begründung hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und zuletzt vertiefend ausgeführt, dass er aufgrund des Zustandes des Bodens ausgerutscht sei. Es habe sich die Rutschgefahr auf der Toilette konkretisiert. Dieser Bereich sei der Sphäre des Arbeitgebers zuzuordnen. Die Beschaffenheit der Unfallstelle und die Verletzung würden in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stehen. Daher handle es sich vorliegend um einen Arbeitsunfall.

Der Kläger beantragt zuletzt (teilweise sachdienlich gefasst),

den Bescheid vom 21.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 27.01.2017 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide verwiesen.

Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt ist und...

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