Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Berücksichtigung von Einnahmen aus der Ausübung eines Hobbys als Einkommen. Anrechnungsfähigkeit von Ausgaben für die Ausübung eines Hobbys bei der Einkommensermittlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Selbstständige Tätigkeit iSd. § 3 Abs. 1 ALG II-V kann auch eine Freizeitbeschäftigung (z.B. Hobby) sein.

2. Bei der Ermittlung des auf den Grundsicherungsbedarf anrechenbaren Einkommens sind von den mit der Ausübung eines Hobbys erzielten Einnahmen damit im Zusammenhang stehende "Betriebsausgaben" nicht abzusetzen, denn bei der Bemessung des Regelsatzes sind bereits Aufwendungen für Freizeit, Unterhaltung und Kultur berücksichtigt (§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 RBEG). Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung von Aufwendungen für Freizeitgestaltung, einschließlich der Ausübung eines Hobbys, findet im Rahmen der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums nicht statt.

3. Zur Frage, ob einer ausdrücklichen und gewollten Erklärung eines Antragstellers zulasten der Gemeinschaft der Steuerzahler eine gegenteilige Bedeutung beigemessen werden darf.

 

Orientierungssatz

Gibt ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bei einer Antragstellung an, dass er Einnahmen aus der Ausübung eines Hobbys erzielt (hier: Ballonfahren), so sind diese Einnahmen als Einkommen bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen. Allerdings können im Falle eines Hobbys die mit der Ausübung des Hobbys verbundenen Ausgaben nicht den Einnahmen gegengerechnet werden, da die Ausgaben für Freizeitgestaltung bereits bei der Bemessung der Regelsätze berücksichtigt wurden.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller machen im Wege vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen für Heizung geltend.

Die Antragsteller beziehen seit mehreren Jahren von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Mit Antrag vom 14. November 2015 (Bl. VIII/12 der Verwaltungsakten des Antragsgegners, fortan: VA) beantragte der Antragsteller zu 1) für sich und den Antragsteller zu 2), seinem am ... 2001 geborenen Sohn, die Fortzahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über den 31. Dezember 2015 hinaus. Unter Abschnitt 5. gab er u.a. an: Er beziehe Einkommen aus einem Hobby, wobei das Wort "Hobby" handschriftlich eingefügt ist und der vorgedruckte Text "selbständigen Erwerbstätigkeit" durchgestrichen ist. In dem darunter befindlichen Textfeld ist das vorgedruckte Wort "Gewerbe" durchgestrichen und in das Textfeld handschriftlich die Wörter "Hobby Ballonfahren" eingefügt. In der vom Antragsteller zu 1) eingereichten Anlage zur vorläufigen oder abschießen Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft (fortan: Anlage EKS) vom 9. Dezember 2015, strich er die Wörter "selbstständiger", "Gewerbebetrieb" und "Land- und Forstwirtschaft" durch und fügte handschriftlich "qualifizierender Ballonfahrer-" ein. In der Anlage prognostizierte der Antragsteller zu 1) für das Jahr 2016 Betriebseinnahmen iHv. 38.600,00 EUR brutto. Voraussichtliche Betriebsausgaben im Jahr 2016 bezifferte er mit 45.250,43 EUR. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2015 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aufgrund des Bescheides des Antragsgegners vom 22. Dezember 2015. Als Einkommen wurde lediglich Kindergeld auf den Grundsicherungsbedarf des Antragstellers zu 2) angerechnet.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2015 beantragte der Antragsteller zu 1) bei dem Antragsgegner die Übernahme der Kosten für die Beschaffung von Flüssiggas zur Wohnraumbeheizung (Bl. VIII/14 VA). Der Antragsgegner bewilligte den Antragstellern mit Bescheid vom 18. Dezember 2015 für die Beschaffung von Brennstoffen für Erwärmung des von ihnen bewohnten Wohnraumes Leistungen iHv. 1020,00 EUR, wobei die Auszahlung nach Rechnungslegung direkt an den Brennstoffhändler erfolgen sollte.

Am 11. März 2016 hat der Antragsteller zu 1) bei dem erkennenden Gericht um einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht, den Antragsgegner zu verpflichten 2000 l Gas für die Heizung zu bewilligen. Zur Begründung hat er angegeben: seit dem 9. März 2016, 10:00 Uhr, sei der Gastank des Antragstellers leer und somit weder heizen noch Warmwasserbereitung möglich. Mit einem Dringlichkeitsantrag vom 9. März 2016 habe er bei dem Antragsgegner vorgesprochen und sei dort genötigt worden einen Darlehensantrag zu stellen. Auf die gerichtliche Verfügung vom 24. März 2016 hat der Antragsteller zu 1) mit Schreiben vom 4. April 2016 u.a. ergänzend vorgetragen, zuletzt sei er am 24. Dezember 2015 um 7.00 Uhr mit Heizgas für 1020,00 EUR in den Heizgastank beliefert worden.

Die Antragsteller beantragen,

1. den Antragsgegner zu verpflichten, Leistu...

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