Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Erhebung des kassenindividuellen Zusatzbeitrags. Hinnahme der satzungsmäßigen Entscheidung der Krankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Versicherte kann sich nicht mit dem Argument gegen die Erhebung des Zusatzbeitrags von 8 € zu ihrer gesetzlichen Krankenversicherung wehren, die finanziellen Voraussetzungen bei der gesetzlichen Krankenkasse hätten nicht vorgelegen. Die Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für den Zusatzbeitrag obliegen zumindest dann allein den Aufsichtsbehörden, wenn die Versicherte noch eine andere gesetzliche Krankenkasse wählen kann, die keinen Zusatzbeitrag erhebt.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Zusatzbeitrags von 8 € monatlich durch ihre Krankenkasse.

Die Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert und unterliegt der Beitragspflicht.

Die Satzung der Beklagten sieht in ihrem § 17 eine Regelung zur Fälligkeit der Beiträge vor. Danach werden Beiträge monatlich erhoben und sind am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, für den der Beitrag gilt.

Am 28.1.2010 beschloss der Verwaltungsrat der Beklagten folgende Satzungsergänzung:

Ҥ 14 Zusatzbeitrag

Für Mitglieder beträgt der Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V monatlich 8,00 Euro.„

Das Bundesversicherungsamt genehmigte die Satzungsänderung und sie wurde am 3.2.2010 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Mit Schreiben vom Februar 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab 1.2.2010 einen Zusatzbeitrag in Höhe von 8 € monatlich zu ihrer Krankenversicherung zu entrichten habe. Auf der Rückseite des Schreibens wurde sie unter anderem auf ihr Sonderkündigungsrecht hingewiesen. Dieses Schreiben erhielt die Klägerin nach unbestrittenen Ausführungen der Beklagten spätestens am 15.2.2010.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 2.3.2010, zu dessen Begründung sie ausführte, dass eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung des Zusatzbeitrags nicht existiere. Außerdem sei die Grenze des Zumutbaren bei ihr erreicht. Die Beklagte habe richtig erkannt, dass die Einnahmen sänken. Die Beklagte könne deshalb nicht mehr ausgeben.

Mit förmlichem Bescheid vom 15.3.2010 teilte die Beklagte der Klägerin erneut die Höhe ihres Zusatzbeitrags mit. Der Beitrag sei am 15. des Folgemonats fällig. Dazu führte sie aus, dass sie sich die Entscheidung über die Erhebung des Zusatzbeitrags nicht leicht gemacht habe. Dagegen erhob die Klägerin am 19.3.2010 erneut Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.6.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen richtet sich die am 1.7.2010 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin ausführt, die Beklagte habe in einer Pressemitteilung erklärt, dass sie im ersten Quartal einen Überschuss von 31 Millionen Euro erwirtschaftet habe. Das seien geschätzt 120 Millionen im Jahr. Das gleiche das Defizit aus dem Gesundheitsfond aus. Die Beklagte habe insofern ohne Not Beiträge erhoben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Bescheide vom Februar 2010 und 15.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.6.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.

Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben (§§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Klägerin steht auch eine Klagebefugnis zur Seite. Zweifel bestehen allerdings an ihrem Rechtsschutzbedürfnis. Der Klägerin stand zur Vermeidung der Zahlung eines Zusatzbeitrags gemäß § 179 Abs. 4 Satz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die Möglichkeit offen, ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zu kündigen und einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten, die keinen Zusatzbeitrag erhebt. Ob die Klägerin dieses Kündigungsrecht ausgeübt hat, haben die Beteiligten nicht vorgetragen. Jedenfalls steht ihr die Kündigungsmöglichkeit inzwischen nicht mehr offen, weil die nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V maßgebliche Kündigungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen ist.

Jedenfalls ist die Klage aber unbegründet. Der Bescheid vom 15.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.6.2010 ist rechtmäßig. Die Kammer kann insofern dahingestellt sein lassen, ob das Schreiben vom Februar 2010 ebenfalls als Bescheid zu qualifizieren ist, wie die Klägerin meint. Jedenfalls wiederholte die Beklagte die darin eventuell enthaltene Verfügung im Bescheid vom 15.3.2010 und eröffnete somit die Möglichkeit von Widerspruch...

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