Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II -Regelbedarf. Mehrbedarf wegen eines unabweisbaren laufenden besonderen Bedarfs. Übernahme der Kosten für die Testung auf den Corona-Virus

 

Orientierungssatz

Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 haben aufgrund der Covid-19-Pandemie weder Anspruch auf Anerkennung eines höheren Regelbedarfs noch auf Erstattung oder Übernahme der Kosten der Testung auf das Corona-Virus nach § 21 Abs 6 SGB 2. Sie sind auf den Versicherungsschutz gemäß § 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5 zu verweisen.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Der am 20. März 2020 beim Antragsgegner eingegangene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem sinngemäßen Begehren,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) unter Berücksichtigung eines monatlichen Mehrbedarfes in Höhe von 100 € zu gewähren sowie die Kosten einer Corona-Testung in Höhe von 200 € zu übernehmen,

konnte keinen Erfolg haben.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind zur Überzeugung des Gerichts nicht erfüllt. Insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Denn weder hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, aufgrund der derzeitigen Krisensituation höhere Kosten für Ernährung aufbringen zu müssen noch hat der Antragsteller Anspruch auf Übernahme der Kosten für die freiwillige Durchführung einer Corona-Testung.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach S. 2 der genannten Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, voraus, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG glaubhaft zu machen. Dabei sind, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG - Beschluss vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05).

Nach diesen Grundsätzen hat der Antragsteller hinsichtlich beider geltend gemachter Begehren das Bestehen des erforderlichen Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Das gilt zum einen, soweit der Antragsteller einen um 100 € höheren Regelbedarf geltend macht. Denn die in § 20 SGB II normierten Regelbedarfe sind verfassungskonform. Dies hat das BVerfG bereits mit seinen Entscheidungen vom 9. Februar 2010 zumindest für alleinstehende Leistungsberechtigte festgestellt (Az.: 1 BvL 1/0 9,1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09). Daran vermag auch die derzeitige Krisensituation wegen des Coronavirus nicht zu ändern. Namentlich ist deshalb ein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II nicht ersichtlich. Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht (S. 1). Der Mehrbedarf ist nach S. 2 dieser Vorschrift unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Weder erschließt sich aufgrund der bloßen Behauptung des Antragstellers, wonach er es als SGB II-Leistungsberechtigter "zunehmend schwerer" habe, sich zu ernähren, noch drängt sich eine solche Annahme trotz der derzeitigen Lebensverhältnisse aufgrund der zu beachtenden Einschränkungen im Alltag auf. Vielmehr zeigt sich in der gerichtsbekannten Realität tagtäglich, dass Versorgungsengpässe bei Verbrauchsgütern oder gar Lebensmitteln nicht bestehen. Das gilt freilich auch für Waren/Lebensmittel, deren Erwerb die Leistungsberechtigten nach dem SGB II aus dem Regelbedarf bestreiten müssen.

Das Bestehen eines Mehrbedarfs aus medizinischen Gründen gemäß § 21 Abs. 5 SGB II hat der Antragsteller hingegen nicht geltend gemacht.

Schließlich hat der An...

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