Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen. Fastfoodunternehmen. Allgemeinverbindlichkeit. Tarifvertrag. einstweiliger Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

Solange nicht geklärt ist, ob ein Unternehmer an einen Tarifvertrag gebunden ist, dieser also wirksam für allgemeinverbindlich erklärt wurde, dürfen von ihm auf der Grundlage des vermeintlich geltenden Tariflohns keine Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden.

 

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 25.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 wird angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin und die gerichtlichen Kosten für das Antragsverfahren (S 26 R 1670/12 ER).

3. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.682,03 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin hat nach Anhörung unter dem 25.11.2011 im Rahmen einer Betriebsprüfung einen Beitragsbescheid erlassen, mit dem sie von der Antragstellerin (einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) Sozialversicherungsbeiträge und darauf entfallende Säumniszuschläge fordert, insgesamt in Höhe von 22.728,13 EUR. Der Widerspruchsbescheid vom 19.06.2012 ging den Bevollmächtigten der Antragstellerin (ausweislich des Stempels auf dem Bescheid Bl. 7 der Gerichtsakte) erst am 25.06.2012 zu. Die Antragstellerin hat dann fristgerecht innerhalb von einem Monat nach Zugang dieses Widerspruchsbescheides am 23.07.2012 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin bzw. Beklagten Klage erhoben, und ferner unter dem 25.07.2012 auch beantragt, dass die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet wird.

Zur Begründung der Klage bzw. des Antrages bezieht sich die Antragstellerin bzw. Klägerin sinngemäß auf ihr bisheriges Vorbringen und die von ihr eingereichten Schriftsätze und trägt insbesondere vor, dass die Beklagte sich nicht zur Begründung ihrer Forderung auf eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des potenziell einschlägigen Tarifvertrages stützen könne, weil die Allgemeinverbindlichkeitserklärung vom 05.09.2008 schon vom Verwaltungsgerichts Düsseldorf für rechtswidrig gehalten werde. Die Antragstellerin könne sich somit - anders als die Beklagte bzw. Antragsgegnerin - auf ihr günstige Rechtsprechung berufen. Die vom Verwaltungsgericht Düsseldorf zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung von 2008 angestellten Erwägungen ließen sich auch auf eine frühere Allgemeinverbindlichkeitserklärung von 2006 ausdehnen und seien insoweit geeignet, auch für Zeiträume von Dezember 2006 bis Mai 2007 die von der Beklagten geforderten höheren Sozialversicherungsbeiträge zu Fall zu bringen, eben weil die Antragstellerin bzw. Klägerin nicht gesetzlich bzw. durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung verpflichtet gewesen sei, höhere Gehälter zu zahlen als bereits gewährt. Außerdem vermöge sich die Beklagte nicht auf eine vermeintliche Nachwirkung des früheren Tarifvertrages zu berufen, falls die Rechtswidrigkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung bestätigt werden sollte. Die Nachwirkung nach dem Tarifvertragsgesetz betreffe anders gelagerte Fälle (Schriftsatz vom 29.08.2012 zu Punkt 3). Die Beklagte vermöge sich auch nicht darauf zu berufen, an einer zeitnahen Durchsetzung von Beitragsforderung bestehe dann schon Interesse, wenn aufgrund der Durchsetzung von Beitragsforderungen ein Insolvenzverfahren drohe. Die Beklagte verkenne nämlich dabei, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit sämtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entweder der Rückschlagsperre nach § 88 der Insolvenzordnung oder aber der Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff der Insolvenzordnung unterlägen. Die Antragstellerin wäre jedoch bereit, auf die behaupteten Rückstände unter Vorbehalt des Ausgangs der Klage eine Zahlung in Höhe von monatlich 500 EUR zu leisten, sofern die aufschiebende Wirkung der Klage seitens der Beklagten bzw. Antragsgegnerin akzeptiert würde.

Die Beklagte beharrt dagegen, insbesondere aus den Gründen ihres Schriftsatzes vom 15.08.2012, auf der Vollziehbarkeit ihrer Bescheide. Sie wäre zwar grundsätzlich nicht abgeneigt, der Ratenzahlung zuzustimmen. Die Klägerin müsste aber bestimmte Beträge von ca. 1100 EUR bereits jetzt ohne Ratenzahlung leisten, es müsste quotiert werden welche Einzugsstelle was von den 500 EUR bekomme, es müssten Angaben zur Verzinsung seitens der Einzugsstellen gemacht werden, eine Bürgschaft aufgebracht werden und es müsste auch eine Einigung über die Kosten erfolgen, bevor sie bereit wäre, sich zu einer aufschiebenden Wirkung der Klage näher zu äußern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte S 26 R 1670/12 ER wie auch auf den Inhalt der Klageakte S 26 R 1600/12 und den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II. Dem Antrag der Antragstellerin war stattzugeben.

Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig. Denn die Klage der Antragstellerin gegen den Beitragsforderungsbesche...

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