Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Familienversicherung eines Kindes in der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Die Familienversicherung eines Kindes in der Krankenversicherung setzt nach §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5, Abs. 2 Nr. 1 SGB 5 u. a. voraus, dass neben dem Mitglied ein Ehegatte oder Lebenspartner vorhanden ist, der mit dem Kind i. S. des § 10 SGB 5 verwandt ist. Dabei gelten Pflegekinder nach § 10 Abs. 4 S. 1 SGB 5 als leiblichen Kindern gleichgestellt.

2. Die Familienversicherung ist in § 10 Abs. 1 SGB 5 als Regelfall vorgesehen. Nur dann, wenn die in § 10 Abs. 3 SGB 5 genannten Tatbestandsmerkmale vorliegen, ist die Familienversicherung ausgeschlossen. Der Ausschluss von der Familienversicherung hängt u. a. davon ab, ob das Gesamteinkommen des privat versicherten Elternteils höher ist als das Gesamteinkommen des gesetzlich Versicherten. Derjenige, der Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet, hat ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden Belastungen.

3. Ist der privat versicherte Ehegatte gegenüber dem Kind nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet, so besteht deshalb für ihn keine Verpflichtung, dessen Krankenversicherungsschutz sicherzustellen. Es ist zusammen mit dem pflichtversicherten Ehegatten in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 14.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2011 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) auch über den 05.07.2009 hinaus über die Klägerin bei der Beklagten familienversichert sind. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Beendigung der Familienversicherung für die Beigeladenen.

Die Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Ihr Ehemann ist privat krankenversichert.

Im März 2007 nahmen die Klägerin und ihr Ehemann das Pflegekind B A, geboren am 00.00.2005, (Beigeladene zu 1) und im Juni 2008 das Pflegekind N A, geboren am 00.00.2008, (Beigeladener zu 2) in ihren Haushalt auf. Gesetzliche Vertreterin der Kinder ist die Stadt Bünde, die Pflegegeldleistungen an die Klägerin und ihren Ehemann erbringt.

Die Beklagte nahm die Beigeladenen zunächst in die Familienversicherung auf.

Da die Klägerin keine Einkommensnachweise vorlegte, bat die Beklagte um eine Auskunft des zuständigen Finanzamtes. Nach dem Einkommensteuerbescheid vom 03.07.2009 erzielte der Ehemann der Klägerin 2007 monatliche Einkünfte von 5.560,08 EUR, nach dem Einkommensteuerbescheid vom 12.04.2010 im Jahre 2008 in Höhe von 4.760,58 EUR und nach dem Einkommensteuerbescheid vom 14.10.2010 im Jahre 2008 in Höhe von 5.196,67 EUR. Dem standen wesentlich geringere Einkünfte der Klägerin gegenüber.

Mit Bescheid vom 14.01.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Familienversicherung der Beigeladenen rückwirkend zum 06.07.2009 ende. Sie führte zur Begründung wie folgt aus: Kinder könnten nicht mehr familienversichert sein, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte des Mitglieds nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteige und höher sei als das Gesamteinkommen des Mitglieds. Diese Regelung gelte auch für Pflegekinder. Der Ehemann der Klägerin sei privat krankenversichert und verdiene seit dem Jahr 2007 oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Zur Prüfung der Familienversicherung sei ein amtlicher Nachweis, d. h. der aktuellste Einkommensteuerbescheid zu Grunde zu legen. 3 Tage nach Ausstellung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007 ende damit die Familienversicherung der Beigeladenen.

Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Sie macht geltend, dass ihr Ehemann mit den Beigeladenen nicht verwandt sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2011 als unbegründet zurück.

Am 23.08.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht nochmals geltend, die Einkünfte ihres privat versicherten Ehemannes dürften nicht zum Ausschluss der Familienversicherung führen, da einerseits Vertrauensschutz auf den Fortbestand der Familienversicherung bestehe und ihr Ehemann mit den Beigeladenen nicht verwandt sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) auch über den 05.07.2009 hinaus bei der Beklagten familienversichert sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt zur Begründung wie folgt aus:. Nach dem gesetzgeberischen Willen seien Pflegekinder den leiblichen Kindern gleichgestellt. Die Familienversicherung solle auch bei Pflegekindern ausgeschlossen sein, wenn sich der Hauptverdiener einer Familie von der Solidargemeinschaft abgewendet habe. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, da von Seiten der Beklagten zu keiner Zeit ein Verwaltungsakt erlassen worden sei, in dem der...

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